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[Verkehr] 29-Euro-Ticket (Politik)

Blarry, Essen, Montag, 27.06.2022, 15:07 (vor 669 Tagen) @ Klopfer

Keine Bedenken, sondern technische Realität. Wie Thomas eins drunter schon schrieb: in einem geschlossenen System kann man mit so viel Spielzeug experimentieren, wie man möchte. Fahrerlose Shuttlezüge zwischen Flughafenterminals sind ein alter Hut, funktionieren wunderbar, gerade weil es keinerlei externe Einflüsse gibt, auf die sie reagieren müssen. Nur hat das wenig mit "Autonomie" zu tun, die sind bestenfalls automatisiert. LKW, die in Kolonne hintereinanderfahren, auf speziell für sie zugelassenen Fahrspuren mit wohldefinierten Streckendaten, sind in Sachen Automatisierungsgrad jetzt auch nicht die allerhöchste Kunst.

Auch wenn sich Schienenfahrzeuge eindimensional fortbewegen, ist der Betrieb auf öffentlicher Schiene eben alles andere als trivial zu automatisieren. Durch die antike Signaltechnik, die auf den ETCS-Standard umzusetzen Jahrzehnte dauern wird, finden Zugfahrten immer noch größtenteils "auf Sicht" statt, sozusagen nach VFR-Regeln. Um Signale und Tempolimits zu befolgen, muss der Lokführer sie sehen. Wo das nächste Problem ins Spiel kommt: Kameras sind auch im Jahre des Herrn 2022 immer noch richtig schlecht.

Geh mal zum örtlichen Audi- oder Hondahändler, und lass Dir die kamerabasierten virtuellen Außenspiegel vorführen, die beide Hersteller bei einigen Modellen anbieten. Du wirst nicht lange probefahren müssen, um Dir wieder normale Glasspiegel zurückzuwünschen. Sobald da andere als perfekte Lichtverhältnisse im Spiel sind, wird das Bild matschig. In Fahrtrichtung gewandte Kameras wiederum werden regelmäßig durch hochtechnisierte Kriegsgeräte wie Wassertropfen und tote Insekten außer Gefecht gesetzt. Selbst die simple Bilderkennung von Spurhalteassistenten, die ja nun wirklich nur den Kontrast von weißer Fahrbahnmarkierung gegen dunkelgrauen Asphalt erkennen soll, ist längst nicht fehlerfrei, und wessen Spurhalteassistent noch nie sinnlos in die Lenkung hat, der werfe den ersten Stein. Aber bitte nicht ins Glas vor der Kameralinse.

Und dabei sind wir noch gar nicht bei den Manipulationsmöglichkeiten angekommen, die z.B. ein paar gelangweilte Kids mit einem Kartoffelsack und einem grünen Laserpointer an einem Bahnsignal hätten.

Langer Rede, kurzer Sinn: es sind ausgerechnet diese simplen technologischen Grundlagen und Erfordernisse, die eine Automatisierung des Bahnverkehrs so komplex machen. Wenn das ganze Verkehrssystem auf "Auge 1.0" basiert, und du technologisch nicht in der Lage bist, Auge 1.0 nachzubauen, bist du im Arsch. Und natürlich ist eine Modernisierung und Digitalisierung des Schienennetzes ein Lösungsweg, aber eben auch einer, der Jahrzehnte benötigt. Was natürlich nicht heißen soll, dass der Bund da die Füße baumeln lassen darf.


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