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Thema "Impfpflichten" (Corona)

Wallone, Dienstag, 16.11.2021, 14:09 (vor 1500 Tagen) @ donotrobme

Das Thema "Impfpflichten" kursiert ja derzeit - nicht nur in diesem Forum. Zunächst nur für den persönlichen Gebrauch hatte ich mal ein paar Punkte zum juristischen Hintergrund aufgeschrieben. Das sind Punkte, bei denen mir immer wieder aufgefallen ist, dass sie in der Diskussion zu kurz kommen oder irreführend dargestellt werden. Der Text richtet sich gerade an Nicht-Juristen und soll auch nicht allzu sehr in die Tiefe gehen. Vielleicht ist es ja nicht verkehrt ihn hier mal reinzustellen:

Corona-Maßnahmen, speziell: „Impfpflichten“

1) Politischer Handlungsspielraum

Die Gerichte einschließlich des Bundesverfassungsgerichts werden der Politik bei den Corona-Maßnahmen immer einen gewissen Beurteilungsspielraum zugestehen (müssen). Ich betone das deshalb, weil manchmal der Eindruck erweckt wird, es gebe da irgendwelche starren Regeln, nach denen von vorneherein klar sei, dass dieses und jenes nicht gehe (Klar: Gewissen Bestrafungsfantasien gegenüber Ungeimpften sind deutliche Grenzen gesetzt.).

In der Corona-Krise gilt aber: Wir kennen den Wirkungsgrad einzelner Maßnahmen oft gar nicht genau (was ja vorrangig eine naturwissenschaftliche Frage ist). Wie wirkungsvoll Maßnahmen (auch im Gesamtpaket) sein können, ist aber entscheidend für die Verhältnismäßigkeitsprüfung. Denn dort gilt: Es darf kein „gleich geeignetes milderes Mittel“ geben. Hinzu kommt: Die Lage ist dynamisch. Es geht also immer auch um eine (teilweise unsichere) Prognose. Und da kommt man zum Punkt:

2) Vorbeugende Politik

Der Eindruck ist oft, der Baum müsste schon brennen, damit bestimmte Maßnahmen überhaupt in Betracht gezogen werden dürften. Das ist insofern natürlich nicht falsch, als das aktuelle Infektionsgeschehen und seine Folgen ein wichtiger Faktor der juristischen Beurteilung aktueller Maßnahmen ist. Ganz falsch wäre aber die Schlussfolgerung, vorbeugende Maßnahmen seien nicht möglich. Sie sind sogar geboten (oder leider: sie wären geboten gewesen.). Grundsätzlich gilt: Vorbeugende Politik ist der effektivste Grundrechtsschutz überhaupt.

3) keine isolierte Betrachtung von Grundrechtseingriffen

Grundrechtseingriffe bestimmen unseren Alltag. Schon aus der Pflicht, an einer roten Ampel zu halten, ergibt sich ein Grundrechtseingriff. Grundrechtseingriffe können aber gerechtfertigt sein (beim Ampelbeispiel bezweifelt das wohl niemand). Einen Fehler sollte man aber unbedingt vermeiden: Einen Grundrechtseingriff isoliert zu betrachten. Es geht immer um eine Gesamtbetrachtung. Der ist gerade beim Thema „Impfpflichten“ besonders wichtig:

Wenn z.B. eine allgemeine „Impfpflicht“ (was nicht notwendigerweise zu "Zwangsimpfungen" führt) effektiv die Impfquote erhöhen könnte, würde das bei weiterhin gut wirkenden Impfstoffen im besten Fall dazu führen, weitere Grundrechtseingriffe gänzlich oder teilweise unnötig zu machen (auch hier kommt es wieder auf eine realistische Prognose an.).

Wir reden bei einer „Impfpflicht“ also von einem Grundrechtseingriff gegenüber Ungeimpften, der helfen kann, unterschiedliche Grundrechtspositionen der Allgemeinheit zu schützen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive geht es dabei um eine Abwägung und Gewichtung aller betroffenen Grundrechte (einschließlich des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit aus Art. 2 Absatz 2 Satz 1 GG, woraus auch eine allgemeine staatliche „Schutzpflicht“ abgeleitet wird.).

Also auch wenn man „Impfpflichten“ für einen besonders schweren Eingriff in Freiheitsrechte hält, sollte man unbedingt berücksichtigen, dass damit möglicherweise eine Vielzahl anderer Grundrechtspositionen geschützt werden könnte. Das wird erstaunlich oft übersehen.


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