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Vorwurf von Rassismus und Antisemitismus an die Anthroposophie (Corona)

pactum Trotmundense, Syburg, Freitag, 12.11.2021, 16:56 (vor 1503 Tagen) @ Klopfer

Die Anthroposophen schwammen nie unter dem Radar, sie hatten in der Politik immer große Förderer, die ihr Dasein erst ermöglichten, namentlich waren das unter anderem: [...]

In der Tat, das sind alles Leute gewesen, die an dem Kram beteiligt waren/sind. Aber genau das meine ich mit "unter dem Radar". All diese Leute, die du aufgezählt hast, halte ich für intelligent und von den meisten Genannten schätze ich auch ihre Leistungen, wenn ich auch nicht inhaltlich zustimmen muss. Allerdings haben sie die Probleme nicht gesehen oder sehen wollen, was auch vielfach am Zeitgeist lag in dem sich diese Politiker bewegten.

Daher finde ich es auch viel zu kurz gegriffen, die Steiner'sche Lehre insgesamt im rechten Politikspektrum zu verorten.

Ich halte das ganze Rechts-Links-Gedöns für extrem unzureichend um Politik zu beschreiben. Betrachten wir als Beispiel mal den Antisemitismus. Pauschal stellt man den in die rechte Ecke, aber wie erklärt man sich dann den marxistischen Antisemtismus? Insbesondere im Linksextremismus sind antisemitische Haltungen absolut normal. Werden diese Leute dadurch jetzt zu Rechten? Oder wie ist es mit der Ökologie? In Deutschland gibt es den Kampfbegriff "linksgrünversifft", was wohl aussagen soll, dass grüne Themen im linken Spektrum anzusiedeln sind. Aber auch schon die Nazis hatten einen für die damalige Zeit bemerkenswerten ökologischen Anstrich. In sehr vielen Ländern entspringen die dortigen grünen Parteien auch dem Konservativismus. Auch die Grünen in Deutschland waren bei der Entstehung sehr heterogen. Es gab einen breiten konservativen, gar theologischen, Flügel, der dem Flügel aus friedensbewegten, teils aus K-Gruppen stammenden, Personen gegenüber stand. Das führte letztlich auch zu einer Abspaltung: der ödp, die eindeutig eine konservative Partei ist.

Wenn man die Lehre Steiners also beschreiben möchte, kommt man mit links-rechts nicht weiter. Sie beinhaltet Sozialdarwinismus, Antisemitismus und Ansätze von Faschismus. Aber es kommt auch nicht von ungefähr, dass viele Grüne aus der Ecke stammen. In BaWü ist nicht umsonst die Hochburg der Grünen und der Anthroposophen.

Klar, Steiners Abhandlungen während der Nazizeit entsprachen schon dem damaligen Zeitgeist, um es mal vorsichtig auszudrücken. Dazu kommen natürlich aktuell die Schnittmengen mit der rechten Szene um AfD und "Die Basis", die aber überwiegend auf gemeinsame Impfgegnerschaft beruhen. Aber insgesamt finden sich Anhänger in nahezu allen politischen Kreisen und ohne die Anhängerschaft in der "sozialliberalen Alternativszene" wären die schon längst aus dem Gesellschaftsbild verschwunden.

Genau das. Die Anthroposophie durchdringt das gesamte gesellschaftliche Spektrum. Es ist jedoch auffällig, dass vor allem Grüne und NSAfD nahestehende Menschen dem zugetan sind. Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Es liegt an der Ambivalenz dieser Philosophie, die Steiner begründet hat. Aber weder macht das die Nazis der NSAfD zu liberalen Menschen wie sie in der Partei Die Grünen vertreten werden, noch macht es die Grünen zu blauen Nazis. Es ist nur eine kleine Schnittmenge in der Einstellung, die von der Anthroposophie abgebildet wird. Diese Schnittmenge ist aber zahlenmäßig offensichtlich sehr groß wie man an der Querdenkerszene sehen kann. Nicht umsonst rennen auf den Impfgegnerdemos beinharte Nazihools einträchtig neben Wollpullis tragenden Eso-Hippies mit ihren Sandalen und Batikschals.

Da nutzt es nichts, wenn man, wie häufig beobachtet, alles, was einem politisch nicht so ganz passt, einfach mal in die rechte Ecke zu kehren.

Das ist aber das Problem des eindimensionalen rechts-links-Schemas. Wenn man Antisemitismus als solchen bezeichnet, legen die Empfänger der Aussage diese automatisch in die Schublade "Rechts" ab. Dabei hat man nur Antisemitismus adressiert und nicht "Rechts". Diese Eindimensionalität machen sich Nazis auch ganz bewusst zu Nutze um sich selbst zu normalisieren. Nazis behaupten gerne, dass Demokraten alles, was ihnen nicht passt als "Nazis" bezeichnen. Ist doch klar, dass sich eine Eso-Hippie-Tante nicht als Nazi bezeichnen lassen will. Als selbst vermeintlich ungerecht behandelte Person ist sie dann eher bereit sich mit denen zu solidarisieren, die sich auch selbst als vermeintliches Opfer der sogenannten Nazi-Keule bezeichnen.

Es ist komplex.


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