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Baden-Württemberg: Gericht hebt nächtliche Ausgangssperre auf (Corona)

Habakuk, OWL, Dienstag, 09.02.2021, 18:48 (vor 1171 Tagen) @ pactum Trotmundense

Ich bin ein bisschen spät dran, aber ich möchte die Diskussion hier nochmal aufnehmen. Sie wurde ja leider auch durch Kommentare verdorben, die einem auf den Biscuit gingen.

"Schade, dass es in Deutschland so verpönt ist die Judikative zu kritisieren. Man wird dann immer schnell in die Ecke eines Verfassungsfeindes gestellt, der die Trennung von Staat und Justiz nicht anerkennt. Dabei muss Justiz ebenso kritisch betrachtet werden wie Politik und Verwaltung."

Da gebe ich dir absolut Recht. Ich bin auch kein Jurist und verstehe deren Sprache oft nicht, aber traue mir ausreichend gesunden Menschenverstand zu. Einige Reaktionen hier bestätigen den Eindruck, dass Kritik an Gerichtsurteilen (und daran wie sie zustande kommen) ausgesprochen unerwüscht ist. Da kommt fast reflexartig ein "Er hat Jehova gesagt".

"Fußball ist keine Mathematik", hat mal ein nicht ganz so kluger Mann behauptet, aber er hatte nicht Unrecht. Auch Rechtsprechung ist keine Mathematik. Ansonsten würden Urteile ja nicht in nachfolgenden Instanzen wieder aufgehoben, es bräuchte ja nicht einmal weitere Instanzen. Trotzdem fällt es vielen offensichtlich schwer, die Fehlbarkeit von Gerichten als Tatsache anzuerkennen. Die Begründung eines Gerichtsurteils ist kein mathematischer Beweis.

Dabei ist oft von Abwägung oder Verhältnismäßigkeit die Rede. Sofern mich meine Erinnerung nicht trügt, hat vor ein paar Monaten wenigstens ein Gericht das Verbot einer "Querdenker-Demo" damit begründet, dass diese Maßnahme nicht verhältnismäßig gewesen sei. Ich habe mich dann immer gefragt, was da eigentlich zueinander ins Verhältnis gesetzt wurde. Da ist zum einen das Recht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit. Ein hohes Gut, das kennen die Richter. Außerdem ziemlich konkret, denn der, der an diesem Recht gehindert wird, der wehrt sich ja.

Und auf der anderen Seite? Tja. Ein Recht auf körperliche Unversehrtheit vielleicht. Der Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Ziemlich unkonkret, denn wessen Leben und Gesundheit soll da genau bedroht sein? Und kann ein Jurist das überhaupt beurteilen? So richtig wohl nicht, es sei denn, er bemüht sich um Sachverständigenexpertise von Medizinern, Virologen oder Epidemiologen und Mathematikern. Ich bezweifle, dass das geschieht. Stattdessen wägt man Kraft seines Amtes zwei Dinge gegeneinander ab, von denen man nur eines kennt. Ganz schön mutig. Leider auch ganz schön tödlich. Und für mich schwer erträglich.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden Diagnosen im Krankenhaus nicht aufgrund objektivierbarer Befunde gestellt, sondern vom Chefarzt bei der Visite "angeordnet". Widerspruch seitens der Ober- und Assistenzärzte war aus hierarchischen Gründen verpönt, der Patient hatte schon gar nichts zu sagen. Hier hat sich in den letzten Jahrzehnten einiges verändert, durch gesellschaftliche Diskussion, durch validierte Verfahren, durch das Einhalten von Qualitätsstandards. Weder ein Chef- noch ein anderer Arzt sollte heute auf gut Glück behandeln.

Richter sind noch immer irgendwie Chefärzte alter Schule. Vielleicht ist das in den Algorithmen unseres Rechtsstaates so vorgesehen. Aber ein Naturgesetz ist das nun mal nicht. Und wenn einem Verstand und Rechtsempfinden sagen, dass da was nicht stimmt, und dass durch solche Urteile Menschenleben gefährdet werden, dann muss das auch klar ausgesprochen werden.

In dem Sinne: Jehova, Jehova!


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