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Feiger Yanis V. (Ruhrbarone) (Sonstiges)

MauriciusQ, Hamburg, Montag, 06.07.2015, 19:54 (vor 3219 Tagen) @ prosakind
bearbeitet von MauriciusQ, Montag, 06.07.2015, 20:14


"Die Medien" gibt es nicht. Ruhrbaron sind nicht die TAZ sind nicht die WELT sind nicht die BILD sind nicht das NEUE DEUTSCHLAND.


Aber natürlich ist Politik auch immer persönlich. Die kubanische Revolution hätte es ohne die Stärke der Person Fidel Castro z.B. nie gegeben.

Und natürlich muss man über eine Person diskutieren, der das Verhalten von 18 demokratisch legitimierten Verhandlungsgegenüber als "Terrorismus" abtut.


Nicht, dass der Eindruck entsteht, ich würde einer Antwort auf Deine Anmerkung aus dem Weg gehen. Was ich ehrlicherweise gerne machen würde. Denn es fällt mir wirklich schwer, in irgendeiner Form zu antworten, ohne arrogant oder besserwisserisch zu wirken. Dafür bewegen sich unsere Aussagen auf zu unterschiedlichen Ebenen und auch wenn wir beide in derselben Hochsprache schreiben, reden wir kolossal aneinander vorbei. Das gleiche Problem hatten wir ja anno 2012 schon einmal in der Causa Düsseldorfer Platzsturm.

Dein Problem ist, dass du gerne theoretisierst. Da bist Du auch stärker als ich, aber Du findest dann die andere Ebene nicht. Da bist Du Yaniy V. nicht unähnlich.

Versuchen muss ich es wohl trotzdem:

Danke (ehrlich)

Zu "den Medien": Natürlich können generalisierende Aussagen über "die Medien" getroffen werden. Generalisierung und Theoriebildung ist die Grundlage jeder hermeneutischen Wissenschaft. Die Medienwissenschaften, insbesondere im Arbeitsfeld der Medientheorie, machen nichts anderes, als generalisierende Aussagen über "die Medien" als solche zu treffen. Und da spielt es keine Rolle, dass Herr Joffe ungleich Herr Aust ungleich Herr Prantl ist. Und auch nicht, dass die TAZ eine andere Agenda verfolgt als DIE WELT.

Wie habe ich meinen Bewerbern die ein Journalistik-Studiom hatten am ersten Tag immer gesagt: Den ganzen Scheiß den Du gelernt hast kannst Du vergessen. Jetzt weiß ich wieder warum.

Ein Beispiel: Man kann natürlich fragen, was die Dominanz des sechs-W-Fragen-Ansatzes für die Ausgestaltung des Journalismus bedeutet.

Kann man. Bin aber auf Deine Lösung gespannt.

Ebenso kann man fragen, was es ist mit der journalistischen Berichterstattung macht, wenn man immer a) eine Geschichte erzählen muss, b) diese möglichst an einer oder mehreren greifbaren Person aufhängen soll, und c) einen Bezug zur (lokalen) Lebenswelt der Rezipienten herstellen soll. Und dann sollte auch die Frage erlaubt, was eine Konditionierung auf solche Narrative mit der Wahrnehmung der Menschen macht, die in diesen Denkstrukturen arbeiten.

Weil es die Leute so besser verstehen und weil es sich dramtaturgisch besser verdichten lässt. Dass es kaum alternativen gibt spricht vielleicht auch dafür, dass es nun nicht so falsch ist.

Zu den "großen Männern machen Geschichte".
Selbst die weitgehende theoriefeindliche Geschichtswissenschaft ist seit nunmehr etwa 70 Jahren darüber hinweg, den Einfluss von Individuen auf gesellschaftliche Entwicklungen zu überschätzen. Menschen handeln in Strukturen und Systemen, auf Grundlage des Wissens ihrer Zeit, im Rahmen der normativen Voraussetzungen, in die sie sozialisiert worden, in Kooperation und Konfrontation mit anderen Individuen, usw. usf. Ich kann hier jetzt nicht 100 Jahre geschichtswissenschaftliche Methodendiskussion zusammenfassen, aber personenzentrierte Ansätze führen auf den Holzweg.


Ich kann Dir nicht mit Wissenschaft kommen, sondern nur mit Erfahrung. Natürlich leben Menschen nicht im Vakuum, sondern sind ein Produkt der Gesellschaft und Ideen finden oft an mehreren Ort zeitgleich einen Weg. Trotzdem sind es oft einzelne Personen, die den entscheidenden Schritt machen.

Die öffentliche Wahrnehmung und die veröffentlichte Meinung dürften nicht überall so weit sein, trotzdem darf man es ja wohl ansprechen.

Zur "Pathologisierung der großen Männer"
Wenn man nun die Gesamterzählung um das "Wesen der großen Männer" aufbaut, dann kommt man wohl auch nicht ohne eine Psychoanalyse dieser aus (in der Geschichtswissenschaft führte das so weit, dass irgendwann der fehlende linke Hoden Adolf Hitlers zum Welterklärungsansatz wurde und der Ziegenbock, der ihn abgebissen hat, zum bedeutensten Lebewesen des 20. Jahrhunders). Nur es verstellt halt alle wirklich wichtige Fragen. Welche Antwort verspricht die Frage, ob Varoufakis narzisstisch, aufmerksamkeitssüchtig, streitsüchtig, geldgeil, ein Spieler, beratungsresistent, etc. etc. ist?

Wenn Du die Frage, ob ein Politiker beratungsresistent ist oder nicht als unwichtig abtust: Worüber wollen wir dann reden? Natürlich ist das wichtig.

Es reduziert komplexe politische Frage auf eine simple und verständliche, im Zweifel aber höchstgradig fehlleitende, Antwort. Da reicht dann die vermutete Selbstdarstellerei, um ein angebliches persönliches Versagen zu klären.

Es darauf zu reduzieren, wäre fahrlässig. Es wegzulassen aber ebenso.

Die Strukturen, in denen er gehandelt hat, die Ziele seines politischen Handelns, die Intentionen seiner politischen Gegner, Handlungszwänge und politische Grundsatzfragen, etc. etc., mit alldem muss man sich dann nicht mehr beschäftigen.

Muss man. Aber sehr vieles ist oft sehr dummen Dingen geschuldet.


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