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Feiger Yanis V. (Ruhrbarone) (Sonstiges)

prosakind, wäre-gerne-in-Graz, Montag, 06.07.2015, 18:15 (vor 3219 Tagen) @ MauriciusQ
bearbeitet von prosakind, Montag, 06.07.2015, 18:22


"Die Medien" gibt es nicht. Ruhrbaron sind nicht die TAZ sind nicht die WELT sind nicht die BILD sind nicht das NEUE DEUTSCHLAND.


Aber natürlich ist Politik auch immer persönlich. Die kubanische Revolution hätte es ohne die Stärke der Person Fidel Castro z.B. nie gegeben.

Und natürlich muss man über eine Person diskutieren, der das Verhalten von 18 demokratisch legitimierten Verhandlungsgegenüber als "Terrorismus" abtut.

Nicht, dass der Eindruck entsteht, ich würde einer Antwort auf Deine Anmerkung aus dem Weg gehen. Was ich ehrlicherweise gerne machen würde. Denn es fällt mir wirklich schwer, in irgendeiner Form zu antworten, ohne arrogant oder besserwisserisch zu wirken. Dafür bewegen sich unsere Aussagen auf zu unterschiedlichen Ebenen und auch wenn wir beide in derselben Hochsprache schreiben, reden wir kolossal aneinander vorbei. Das gleiche Problem hatten wir ja anno 2012 schon einmal in der Causa Düsseldorfer Platzsturm.

Versuchen muss ich es wohl trotzdem:

Zu "den Medien": Natürlich können generalisierende Aussagen über "die Medien" getroffen werden. Generalisierung und Theoriebildung ist die Grundlage jeder hermeneutischen Wissenschaft. Die Medienwissenschaften, insbesondere im Arbeitsfeld der Medientheorie, machen nichts anderes, als generalisierende Aussagen über "die Medien" als solche zu treffen. Und da spielt es keine Rolle, dass Herr Joffe ungleich Herr Aust ungleich Herr Prantl ist. Und auch nicht, dass die TAZ eine andere Agenda verfolgt als DIE WELT.

Ein Beispiel: Man kann natürlich fragen, was die Dominanz des sechs-W-Fragen-Ansatzes für die Ausgestaltung des Journalismus bedeutet.

Ebenso kann man fragen, was es ist mit der journalistischen Berichterstattung macht, wenn man immer a) eine Geschichte erzählen muss, b) diese möglichst an einer oder mehreren greifbaren Person aufhängen soll, und c) einen Bezug zur (lokalen) Lebenswelt der Rezipienten herstellen soll. Und dann sollte auch die Frage erlaubt, was eine Konditionierung auf solche Narrative mit der Wahrnehmung der Menschen macht, die in diesen Denkstrukturen arbeiten.

Zu den "großen Männern machen Geschichte".
Selbst die weitgehende theoriefeindliche Geschichtswissenschaft ist seit nunmehr etwa 70 Jahren darüber hinweg, den Einfluss von Individuen auf gesellschaftliche Entwicklungen zu überschätzen. Menschen handeln in Strukturen und Systemen, auf Grundlage des Wissens ihrer Zeit, im Rahmen der normativen Voraussetzungen, in die sie sozialisiert worden, in Kooperation und Konfrontation mit anderen Individuen, usw. usf. Ich kann hier jetzt nicht 100 Jahre geschichtswissenschaftliche Methodendiskussion zusammenfassen, aber personenzentrierte Ansätze führen auf den Holzweg.
Die öffentliche Wahrnehmung und die veröffentlichte Meinung dürften nicht überall so weit sein, trotzdem darf man es ja wohl ansprechen.

Zur "Pathologisierung der großen Männer"
Wenn man nun die Gesamterzählung um das "Wesen der großen Männer" aufbaut, dann kommt man wohl auch nicht ohne eine Psychoanalyse dieser aus (in der Geschichtswissenschaft führte das so weit, dass irgendwann der fehlende linke Hoden Adolf Hitlers zum Welterklärungsansatz wurde und der Ziegenbock, der ihn abgebissen hat, zum bedeutensten Lebewesen des 20. Jahrhunders). Nur es verstellt halt alle wirklich wichtige Fragen. Welche Antwort verspricht die Frage, ob Varoufakis narzisstisch, aufmerksamkeitssüchtig, streitsüchtig, geldgeil, ein Spieler, beratungsresistent, etc. etc. ist?
Es reduziert komplexe politische Frage auf eine simple und verständliche, im Zweifel aber höchstgradig fehlleitende, Antwort. Da reicht dann die vermutete Selbstdarstellerei, um ein angebliches persönliches Versagen zu klären. Die Strukturen, in denen er gehandelt hat, die Ziele seines politischen Handelns, die Intentionen seiner politischen Gegner, Handlungszwänge und politische Grundsatzfragen, etc. etc., mit alldem muss man sich dann nicht mehr beschäftigen.


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