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Neues zum Brexit: Gespräche mit Labour geplatzt (Sonstiges)

Kulibi77, Sonntag, 19.05.2019, 02:57 (vor 1804 Tagen) @ Ulrich

Dort gilt in jedem Wahlbezirk "The Winner takes it all". Und die Brexit-Party ist mittlerweile mehr als doppelt so stark wie die nächstfolgende Partei.

Ja, aber weil sich Brexit-Party und die Konservativen aktuell gegenseitig die Stimmen wegnehmen, führt das zum absurden Effekt, dass Labour nach aktuellen Umfragen im britischen Unterhaus 70-90 Mandate mehr haben wird, obwohl sich ihr prozentualer Anteil an den Gesamtstimmen um gut 10% verringert hat. Eben weil sich die pro-Brexit-Stimmen gegenseitig kannibalisieren und dadurch selbst schlechtere Labour-Ergebnisse reichen um als "winner takes it all" das Mandat abzugreifen.

Leider spricht in meinen Augen viel dafür, dass die aktuellen 35 Prozent für eine satte absolute Mehrheit im Unterhaus reichen würde.

Dafür müssten sie aber auch erstmal in einer britischen Wahl auf diesen Wert kommen. Das sind doch nur die Umfragen/Ergebnisse zur Europawahl. Die sind doch bei uns auch ganz anders als die Umfragen/Ergebnisse zur Sonntagsfrage in Deutschland. Bei Umfragen für eine Unterhauswahl steht die Brexit-Party nur bei gut 16%.

Das wird sich spätestens nach der Europawahl ändern.

Worauf vielleicht Johnson spekuliert, dass er die Brexit-Party unter seiner Führung wieder als Wähler der Konservativen integrieren kann. Aber ein Naturgesetz ist das nicht.

Ich gehe ganz im Gegenteil davon aus, dass es die proeuropäischen Kräfte sein könnten, die wegen des britischen Wahlsystems unterproportional schlecht abschneiden werden.

Stand heute, nach den Umfragen, ist das nicht der Fall.

Im Augenblick kann die EU nur eines machen, Abstand halten. Keine erneute Verlängerung der Mitgliedschaft, die Briten müssen auf die harte Tour lernen, welche Vorteile eine EU-Mitgliedschaft bietet. Manche Kinder lernen halt erst, dass eine Herdplatte heiß ist, wenn sie drauf gepackt haben.

Ich finde diese Haltung paternalistisch und demokratietheoretisch für schwierig. Zudem zeigt die Geschichte, dass die fixe Idee, ein Volk oder Souverän über schlechte Erfahrungen erziehen zu können, meistens eher das Gegenteil bei dem so zu erziehenden auslösen. Denn selten sind ganze Völker bereit sich "erziehen" zu lassen über angeblich heilsame schlechte Erfahrungen / Konsequenzen. Das funktioniert meistens nur wenn diese Völker vollkommen ausgebombt, besetzt und am Boden sind. Dieser point of no return kann vielleicht einen heilsamen Effekt haben (siehe Deutschland). Alles eine Stufe davor erzeugt eher (irrationale) Gegenreaktionen.

Was die EU will, ist eine Sache. Was sie erreichen kann, eine andere. Die britische Politik ist völlig paralysiert, sie ist nicht in der Lage, irgendwelche konstruktive Absprachen zu treffen. Hält der aktuelle Zustand an und man verlängert die EU-Mitgliedschaft der Briten immer weiter, dann wird sich daran auch in Jahren nichts ändern.

Was kein Nachteil für die EU ist. Es ändert sich in der Realität erstmal wenig. Die Briten streiten sich weiter und am Ende haben wir vielleicht ein Ergebnis das unseren Interessen entspricht. Oder auch nicht. Aber es gibt eigentlich keinen zwingenden Grund jetzt ein Ergebnis zu erzwingen, was den eigenen Interessen widerspricht.

Vieles spricht dafür, dass Boris Johnson der nächste Vorsitzende der Tories und damit auch der nächste Premierminister Großbritanniens werden wird. Und dann kann man davon ausgehen, dass er sich in Brüssel wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen aufführen wird. Und wer kommt nach ihm? Leider hat wohl im Augenblick Farage die besten Karten.

Ja, das bleibt abzuwarten. Wenn die Situation mit der britischen Regierung tatsächlich unerträglich wird, dann kann man immer noch handeln und die Beziehungen abbrechen. Aber das muss man nicht vorwegnehmen. Und überhaupt warum soll die EU diese Rolle übernehmen? Dann soll doch Johnson oder Farage alle Verhandlungen scheitern lassen. Da muss doch nicht die EU in vorauseilenden Gehorsam diesen Kräften die Opferrolle gratis liefern.

Es geht nicht darum, die Briten zu bestrafen. Die Entscheidung, die EU zu verlassen haben sie selbst getroffen. Revidieren sie diese, dann können sie gerne bleiben. Aber im Augenblick sieht es nicht danach aus.

Wir wissen es einfach nicht. Und die Auswirkungen eines unkontrollierten Brexit werden als Strafe wahrgenommen bzw. propagiert werden, egal ob diese Konsequenzen tatsächlich so intendiert waren von der EU. Oder glaubst du ein Johnson oder Farage werden einen eventuellen ökonomischen Kollaps dann als ihren eigenen Fehler verkaufen / eingestehen? Wer daran Schuld haben wird in deren Welt und in der ihnen wohlgesonnenen Presse, das steht schon heute fest: Die EU. Und Deutschland zu einem großen Teil natürlich. Soviel ist auch schon sicher.


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