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In Belgien 295.000 neue Fälle im Oktober (Corona)

Lutz09, Tor zum Sauerland, Montag, 02.11.2020, 22:38 (vor 1272 Tagen) @ markus

Mit Sicherheit nicht, um Angst- und Panik auszulösen, sondern um die Sensibilität zu erhöhen und um klar zu machen: Hier geht es in letzter Konsequenz um Menschenleben. Ob man das mit überspitzen Begriffen erreicht, ist zwar fraglich. Aber man sollte auch den gesamten Kontext betrachten. Da stehen ja durchaus auch sachliche Argumente. Wenn das Krankenhaus voll ist und Menschen qualvoll ersticken, ist das jetzt nicht unbedingt das, was man von einer modernen Gesellschaft erwarten würde.


Ja es geht um Menschenleben. Wir leben in einer Pandemie. Ist eine ziemlich einzigartige Situation für mind. die letzten 2-3 Generationen. Diese Pandemie fordert Opfer und bei einer Infektionssterblichkeit von 0,1-1% (je nach Gesellschaftszusammensetzung) werden das weltweit einige Millionen sein. Doch Belgien macht Belgien-Sachen und Deutschland macht eben Deutschland-Sachen. Belgien interessiert mich erstmal sekundär. Die handeln wie sie handeln. Ist deren Verantwortung. Wir müssen auf uns schauen und einen bestmöglichen Weg finden, klar zu kommen. Deshalb werden Maßnahmen beschlossen usw. Ich bin zuversichtlich, daß dieses Land besser da 4aus kommt als z.b. Belgien...


Belgien und auch unsere Nachbarländer sind allerdings ein wichtiger Indikator dafür, wie schlimm es werden kann. Das Virus hat noch erschreckend viel Luft „nach oben“. Wir haben genau wie im Frühjahr wieder einige Wochen Vorsprung handeln zu können.

Das glaubst du wirklich, ja? Nein, dem ist nicht so. Als es in Italien schlimm wurde oder in New York und die Krankenhäuser dort komplett überlastet waren wurde prognostiziert, dass wir hier ähnliche Verhältnisse bekommen. Das nennt man observer bias. Wir kennen die Umstände nicht, warum das Virus beispielsweise in New York oder Bergamo so eingeschlagen ist. Wir sehen nur, dass viele Menschen gestorben sind. Daraus schließen wir pauschalisierend, dass es „schlimm“ ist und auch uns so schlimm trifft. Dabei sehen wir die vermeintlich kleinen, wichtigen Details nicht – etwa den sozialen Umgang, demographische Situationen, den Gesundheitsstatus der Bevölkerung, ggf. Fehler im Umgang mit dem Virus selbst, und andere Voraussetzung, die es zum adäquaten Bewerten einer Situation braucht. Tatsächlich ist es so, dass viele sich die Mühe dieses Aufdröselns auch gar nicht machen wollen.

Ich bin auch zuversichtlich, dass es so schlimm wie in Belgien nicht wird. Weil wir eine Regierung haben, die richtig abwägt, die die Würde des Menschen an der ersten Stelle stellt und Querköppe aus der AfD und zum Teil auch FDP nichts zu melden haben. Wo ich mir weniger sicher bin ist, ob die getroffenen Maßnahmen wirklich ausreichend sind. Ggf. muss am 16. November deutlich nachgeschärft werden, denn das Ziel ist eine 7 Tage-Inzidenz von deutlich unter 50.

Ist doch schon absurd, dass wir nach acht Monaten immer noch keinen vernünftigen Umgang mit der Pandemie gefunden haben und wie krass Menschen von Angst geprägt fast jede Maßnahme annehmen und a priori sogar noch mehr Restriktionen einfordern. Man muss Dinge hinterfragen dürfen. Und die politischen Verantwortungsträger kritisieren können. Man hat im Sommer die Chance verpasst, einen breiter aufgestellten Plan für den Winter zu entwickeln. Des Weiteren stelle ich mir zum Beispiel die Frage, wie es sein konnte, dass Tests für Reiserückkehrer nicht obligatorisch angeordnet worden sind / alternativ: Quarantäne. Oder wie es sein konnte, dass sehr früh Hochzeiten mit mehr als 50 Teilnehmern wie in NRW wieder erlaubt wurden, so völlig ohne Not. Und man Maskenverweigerern wochenlang in Berlin und anderen Städten freien Lauf lassen konnte.
Umkehrt, wie schon x fach erwähnt, keine Konzepte für mehr Risikogruppenschutz entwickelt wurden, genauso wenig wie Konzepte für Schulen etc.

Und ja, es wird jetzt wieder die Angst geschürt und der Druck erhöht. Das ist die Marschrichtung und Kommunikationsstrategie, um den Turn-around zu schaffen. Wenn man die Lage nicht stark dramatisiert und mit noch härten Maßnahmen und einer Verlängerung des Lockdowns droht, gibt es zu viele Verweigerer und es wird zu schlimm – deshalb muss man den Leuten eher Angst machen – statt Ängste, die ohnehin schon viele haben, zu nehmen. Ich halte das für einen Fehler. Ich glaube auch nicht, dass das langfristig funktionieren kann. Ab einem gewissen Kipppunkt erzeugt das Reaktanz, selbst bei Menschen, die nicht den Covidioten angehören und die Einschränkungen per se positiv gegenüberstehen. Die Bevölkerung, die sich in der überwiegenden Mehrheit an die Regeln hält, braucht in dieser verdammten Scheißzeit, in der wir uns befinden, nicht noch mehr mahnende Zeigefinger und Apologeten, sondern das Gefühl, dass sie aus der Krise geführt wird. Denn wer all das mitmacht möchte zumindest darauf vertrauen können, dass nicht alles umsonst war. Was sagt man eigentlich den zahlreichen Soloselbstständigen, den Menschen aus der Kunst-, Musik-, Kultur-, Event-, Reise- und Veranstaltungsbranche etc.? Das Opfer, was die Leute seit März bringen, wird doch sehr selbstverständlich, ja schulterzuckend erwartet – nicht selten von jenen, die existentiell wenig zu befürchten haben.


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