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Israel + UK: Inzidenz steigt wieder deutlich (Corona)

Lutz09, Tor zum Sauerland, Mittwoch, 30.06.2021, 22:30 (vor 1639 Tagen) @ simie
bearbeitet von Lutz09, Mittwoch, 30.06.2021, 22:46


Es geht dabei auch nicht darum Lauterbach zu demontieren oder was weiss ich, aber zumindest die Faktenlage auch mal einzuordnen, zur u.a. hier im Faden diskutierten (un?) Gefährlichkeit der Delta-Variante insbesondere für Schüler und entsprechende Auswirkungen auf den Unterricht.


Bei aller Kompetenz Lauterbachs neigt er halt durchaus dazu sich auf wenig belastbare Quellen zu beziehen (im aktuellen Fall) bzw. er liest diese manchmal auch nur flüchtig (vor einiger Zeit verfasste er einen Tweet zu LongCovid ohne zu bemerken, dass sich die Studie nur auf Patienten mit schwerem Verlauf bezog).
Man sollte bei Aussagen Lauterbachs also leider erst einmal vorsichtig sein. Ich würde mir da auch ein bisschen mehr Sorgfalt von ihm wünschen.


Das sehe ich ähnlich. Lauterbach lag ja in vielem nicht falsch. Aber er hat nun mal auch Studien veröffentlicht, die seine Agenda unterstützen. Genauso wie er zumeist Worst Case Prognosen von Modellierern verbreitet, Lockdown Maßnahmen als Erfolg und seine persönlichen Einschätzungen als validierte Zahlen verkauft hat.

Das wäre insofern nicht weiter tragisch, wenn der öffentliche Diskurs und Meinungskorridor sich über die Zeit nicht deutlich verengt hätten und zumeist dieselben Experten, zu denen eben auch Lauterbach als Autorität zählt, der prompt aus einer aktuellen Studie zitiert, die das breite Publikum kaum in der Lage ist zu validieren und zu bewerten, ihre Meinung auf reichweitenstarken Sendern und Plattformen kundtäten.

Dort wurden und werden Maßnahmen dann auch meist mit der Wissenschaft erklärt und begründet. Was per se deshalb schon Unsinn ist, da es DIE Wissenschaft so gar nicht gibt. DIE Wissenschaft ist nicht die Physik, Epidemiologie und Virologie. Tatsächlich besteht DIE Wissenschaft aus ganz unterschiedlichen Gebieten, Fachrichtungen und Strömungen mit sehr vielen unterschiedliche Ansichten, selbst innerhalb einer Fachrichtung.

So tobt zum Beispiel ein erbitterter Streit zwischen (grob vereinfacht dargestellt) Kinderärzten auf der einen und Virologen bzw. Epidemiologen auf der anderen Seite zur Frage der Infektiosität von Kindern.

Aus den jeweils unterschiedlichen wissenschaftlichen Befunden ergeben sich entsprechend unterschiedliche Perspektiven: Die meisten (aber nicht alle) forschenden und praktizierenden Kinderärzte plädieren für ein Ende der Beschränkungen für Kinder, weil sie die gesellschaftlichen Folgen von Schul- und Freizeitschließungen für deutlich gravierender halten als deren Infektionen. Für viele (aber nicht alle) Virologen und epidemiologischen Modellierer sind Schulschließungen bei bestimmten Inzidenzen dagegen unumgänglich. Dabei ist der reine Blick auf den Inzidenzwert (Melderate) wenig geeignet, um die epidemische Lage zu bewerten. Impfquote, R-Wert, Hospitalisierungs- und Todesfallrate, Altersstruktur und andere Faktoren helfen in Summe weitaus besser weiter.

Auch interessant: https://www.cebm.net/covid-19/when-will-it-be-over-an-introduction-to-viral-reproduction-numbers-r0-and-re/

Es geht dabei gar nicht darum, welche Position im Einzelnen breiter geteilt und welche Liste prominenter besetzt ist. Das Problem im Streit um die richtige Pandemiepolitik besteht darin, dass keine wissenschaftliche Position alleinige Gültigkeit haben kann, solange andere existieren und als mindestens überlegenswert empfunden werden. Ja, selbst die Positionen von Streeck gehören in den Diskurs, solange er sie wissenschaftlich verargumentiert. Und selbst wenn sich alle Fachleute einig wären, müsste eine tragfähige politische Strategie mehr als nur (natur-)wissenschaftliche Argumente berücksichtigen. Kluge Politik besteht im (wissenschaftlich informierten) Austarieren von Meinungen, Interessen und Werten. Es ist auch nicht die Aufgabe von Journalisten zu entscheiden, wer z.B. ein genehmer Virologe ist und wer an der Debatte teilnehmen darf oder sie, wie geschehen, in bessere oder schlechtere Wissenschaftler zu kategorisieren.

Stichwort Modellierungen: Es gibt eine Theorie, nämlich die, dass ihr eigentlicher Nutzen darin liegen könnte, Worst-Case-Szenarien wissenschaftlicher erscheinen zu lassen, um so die von ihnen vorhergesagten Szenarien zu verhindern.

Was eine gefährliche Strategie wäre: Zum einen, weil Vorhersagen, die daneben liegen, ihre Überzeugungskraft verlieren – aber noch viel wichtiger, weil die Modelle ja auch behaupten, die Nützlichkeit oder Schädlichkeit bestimmter Maßnahmen und Verhaltensweisen zu „objektivieren“. Wie zum Beispiel Schulschließungen, Ausgangssperren usw.

Es gilt weiterhin kritisch zu bleiben und nicht alles zu übernehmen.


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