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Auch das LAG entscheidet zugunsten der GDL (Politik)

markus, Dienstag, 12.03.2024, 20:46 (vor 51 Tagen) @ jonam

Der Vorsitzende Richter Dr. Michael Horcher führte zur Begründung der Entscheidung der Kammer aus, dass der Streik insbesondere nicht deshalb rechtswidrig sei, weil damit tariflich nicht regelbare Ziele verfolgt würden. Hierzu könne nicht darauf abgestellt werden, dass die GDL Forderungen - wie etwa eine Abbedingung des Grundsatzes der Tarifeinheit - aufgestellt habe, die nicht als zulässiges Streikziel erachtet werden könnten. Insoweit sei grundsätzlich auf den Streikbeschluss der gewerkschaftlichen Gremien abzustellen. Wegen des Selbstbestimmungsrechts der Gewerkschaft könnten Umstände, die in der sog. Verhandlungsphase zeitlich davor lägen, nicht berücksichtigt werden. Der Streik sei auch verhältnismäßig. Die Gerichte seien grundsätzlich nicht befugt, neue, das Arbeitskampfrecht bzw. die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) einschränkende Regelungen zu erlassen, wenn und soweit der Gesetzgeber sich für ein Modell des freien Spiels der Kräfte entschieden habe. Eine Ankündigungsfrist von 22 Stunden im Güterverkehr und 30 Stunden im Personenverkehr hielt das Gericht noch für angemessen.

https://arbeitsgerichtsbarkeit.hessen.de/presse/eilantrag-der-bahn-auf-untersagung-des-gdl-streiks-zurueckgewiesen

Ich frage mich, ob eine richterliche Entscheidung bei ganz kurzen Fristen (sagen wir unter 6 Stunden) auch noch so ausfallen würde. Weil dann hast Du speziell in Großstädten als Arbeitnehmer der kritischen Infrastruktur so gut wie keine Reaktionsmöglichkeit mehr, um pünktlich zu deinem Arbeitsplatz zu kommen. Dann werden z.B. die Krankenhäuser in Berlin, die v.a. per S-Bahn erreichbar sind, ihre Leistungen einschränken müssen.

Manoj


Hier steht etwas mehr dazu.

Das Instrument des "Wellenstreiks" der GDL als "Nadelstichtaktik" sei zulässig, sagte der Vorsitzende Richter Michael Horcher. Dies gelte auch für einen Betrieb der Daseinsfürsorge wie der Bahn. Eine grundsätzliche Entscheidung über eine angemessene Vorlaufzeit für Streikankündigungen könne das Gericht an dieser Stelle nicht treffen.(…)
Richter Horch sieht hier den Gesetzgeber in der Pflicht. Dieser könne "ja ein Gesetz erlassen, mit dem man Streiks in Betrieben der Daseinsvorsorge begrenzt, in dem man zum Beispiel eine Ankündigungsfrist von vier Tagen einführt."

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/bahn-gdl-gericht-streik-100.html

Ich frage mich allerdings, ob es wirklich sinnvoll ist, das Streikrecht, nachdem wir mehr als sieben Jahrzehnte gut damit gelebt haben, derart einzuschränken. Denn am Ende kann sowas dazu führen, dass im Gegenzug dafür die Zahl der Streiktage erhöht werden müssten, um weiterhin noch genügend Druck aufbauen zu können. Umgekehrt können wirklich schmerzhafte Nadelstiche zu einem schnelleren Einlenken des Gegenspielers führen und man kommt in Summe vielleicht mit weniger Streiktagen aus. Das ist ja auch gerade Sinn hinter dieser Taktik. Man will mit zeitlich sehr begrenzten Streiks ausreichende Schmerzen zufügen und nicht einfach in einen zweiwöchigen Streik übergehen.

Es gäbe auch andere Möglichkeiten. Man könnte wieder Beamte einsetzen, die nicht streiken dürfen. Das ist aus meiner Sicht in Bereichen, die wichtig für das öffentliche Leben sind, durchaus sinnvoll. Wenn man sich dazu entscheidet, mit einer normalen Arbeitnehmerstruktur einen solchen Betrieb zu betreiben, mag das günstiger sein. Aber dann darf man sich halt nicht darüber beklagen, dass dann auch das Streikrecht gilt.

Wirklich viel ist auch bisher noch gar nicht passiert. Da gab es schon deutlich heftigere Auseinandersetzungen. Wir sind es in Deutschland nur nicht mehr gewohnt.


Bzgl. Beamte außerhalb Polizei, Richter etc. habe ich eine grundsätzlich andere Meinung, aber das wäre ein anderes großes Thema. :-)

Ja gut, aber dann kann der Bahnbetrieb auch nicht ähnlich wichtig sein. Ich finde, da muss man sich schon entscheiden. Entweder fällt die Bahn in den Hoheitsbereich und ist so wichtig, dass der Betrieb durchgehend zur Verfügung stehen muss und mit Beamten besetzt wird. Oder man ist ein normales privatrechtliches Unternehmen mit Angestellten. Dann aber mit der Konsequenz, dass die Angestellten eben auch Rechte von Angestellten ausüben können. Sich aus beiden Welten die günstigere Variante herauszupicken, würde ich falsch finden. Einen Tod muss man dann sterben.


Ich sehe das (weil es mich auch nur gering betrifft, klar) halbwegs entspannt. Das Streikrecht ist ein hohes Gut. Das ist oftmals der einzige Hebel, den Arbeitnehmer haben. Einschränkungen in diesem Bereich aufgrund einer aktuellen Streikphase müssen wohl überlegt sein.

Aber klar gibt es auch so etwas wie Verhältnismäßigkeit. Und zusätzlich habe manche Arbeitnehmergruppen an neuralgischen Stellen (GDL, Cockpit) dadurch schon Vorteile bzw. Arbeitnehmer in anderen Bereichen (verarbeitendes Gewerbe) in diesem Vergleich Nachteile.

Manoj

Genau um diesen Grundsatz geht es ja, wenn eine gesetzliche Regelung fehlt. Ich habe hier einen Auszug aus einer Grundsatzentscheidung reinkopiert.

https://www.bvb-forum.de/index.php?id=2551011


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