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Ich verstehe ganz viel an der Diskussion nicht mehr (Corona)

huerde, Dienstag, 14.04.2020, 10:26 (vor 2081 Tagen) @ Freyr

Welche Seite nun mehr Experten oder die besseren Experten hat, weiß ich nicht. Aber die Stimmen werden immer lauter, die behaupten, dass die Kollateralschäden des Lockdown schon längst (oder vielleicht auch erst sehr bald) die Schäden des Virus‘ deutlich übersteigen werden. Und das keineswegs in materieller Sicht.

Aber hier wird reihenweise so getan, als müsste man ein neoliberales Arschloch sein, um über einen Richtungswechsel auch nur nachzudenken.

Und wenn der Vorschlag aufkommt, dass die jüngeren wieder etwas mehr Freiheiten erhalten könnten, kommt der empörte Einwand (u.a. von Frau Giffey), dass wir keine 2-Klassengeselschaft wollten, wo der eine raus darf und der andere Zuhause bleiben muss. Ja, aber nutzt es nicht den Risikogruppen am allermeisten, wenn möglichst viele der anderen schon durch sind – insbesondere deren Pfleger und Ärzte, aber natürlich auch deren Kinder und Enkel, von denen sie so gerne mal wieder Besuch empfangen würden? Und wenn einer krank ist, muss ich dann aus Solidarität auch im Bett bleiben? Das ist doch Quatsch.

Also versteht mich bitte nicht falsch. Ich bin mir keineswegs sicher, dass das Konzept der Herdenimmunität (auch nur unter den Jüngeren) eine gute Idee ist. Und ich wollte nun auch kein Politiker sein, der entscheiden muss, wann man die Maßnahmen lockern will um selbstverständlich ein Ansteigen der Infizierten-Zahlen zu riskieren. Noch viel weniger wollte ich der Arzt sein, der irgendwann sagen muss: „Du wirst beatmet und Du wirst auf den Flur geschoben um langsam und einsam zu sterben“. Und selbstverständlich will ich auch meine lieben Verwandten in der Ü70-Kategiorie nicht an dieses Virus verlieren.

Im Moment verkriechen wir uns aber auf die vermeintlich sichere Seite. Nur nichts riskieren. Und wir lassen dabei kaum kontroverse Diskussionen zu. Und alles nur, weil die Schäden auf der anderen Seite nicht so kurzfristig und augenscheinlich sichtbar sind. Und weil man natürlich in einer halbwegs humanen Gesellschaft den Wert eines Menschenlebens nicht über den eines anderen stellen darf (Argumente, dass eine sehr große Anzahl der Corona-Toten kurzfristig so oder so gestorben wären, verfangen kaum noch).


Es werden massenhaft Menschen, die bisher ein ordentliches Einkommen hatten, in existenzielle Nöte gebracht (in Branchen wir Gastronomie, Events, Tourismus, Kunst, Kultur, … aber auch Einzelhandel, Mini-Selbstständige, Start-Ups, …). Denen hilft ein kleiner Zuschuss und Überbrückungskredit zum Teil überhaupt nichts.

Überhaupt werden wir einen sprunghaften Anstieg der Arbeitslosenzahlen erleben.

Es werden unzählige (vor allem allein-lebende Ältere) durch Vereinsamung, ungesündere Ernährung, mangelnde Bewegung, … gesundheitlich massiv geschädigt.

Es wird einen sprunghaften Anstieg an psychischen Erkrankungen geben.

Familien werden auf enorme Belastungsproben gestellt, aus denen sich sehr viele nicht wieder erholen werden.

Schlechtere Schüler (insbesondere jene, wo Zuhause nicht Deutsch gesprochen wird) werden durch längere Schulschließungen hoffnungslos abgehängt werden.

Vor- und Nachsorgeuntersuchungen finden viel weniger statt. Überhaupt gehen viel weniger Menschen zum Arzt. Auch bei Verdacht auf Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Vom gigantischen Schuldenberg, der nachlassenden Wirtschaftsleistung, verminderten Steuereinnahmen bei gleichzeitig steigenden Sozialausgaben (insbesondere für die vielen Arbeitslosen), … davon erst mal weiteres kein Wort.


Wir dürfen einfach nicht blind alles der Eindämmung des Virus‘ unterordnen, sondern müssen weiter offen bleiben für alle denkbaren Wege. – Und wenn der Lockdown für alle am Ende wirklich der richtige Weg ist, ist das für mich OK und dann werde ich das auch klaglos mitgehen. Aber ich habe den Eindruck diese Diskussion findet in vielen Gesellschaftsbereichen zur Zeit kaum statt. Virologen sind die Stars dieser Tage und die sehen logischerweise vor allem die eine Seite der Medaille. Und natürlich erzielen Bilder in Nachrichtensendungen über Tote, die sich stapeln, weil sie nicht schnell genug beerdigt werden können, eine andere Wirkung, als diffuse, aber keineswegs kleine Schäden an Gesellschaft, Gesundheit, Leib und Leben... was sich NOCH mehr im Verborgenen abspielt.

Die armen Politiker, die das sehrwohl auf dem Schirm haben müssen, haben es da schon weit schwerer. Da kannst Du dieser Tage eigentlich nur verlieren, weil so oder so werden die Auswirkungen katastrophal sein, und am Ende hast Du auf jeden Fall alles falsch gemacht.


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