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Kitas (Politik)

Kruemelmonster09, Mittwoch, 05.07.2023, 22:15 (vor 901 Tagen) @ Nike79

Diejenigen die bewusst nur 25h arbeiten damit die Work Life Balance passt aber gleichzeitig dadurch Anspruch auf sämtliche Sozialleistungen haben.


Wenn die Produktivität stimmt, warum nicht?

Wieso ist es erstrebenswert mehr zu arbeiten als man will und benötigt? Nicht jeder hält Arbeit für das höchste Gut im Leben. Warum findet man es doof, wenn Menschen mit mehr Freizeit weniger (psychisch) krank werden und glücklicher und gelassener werden. Kann einer Gesellschaft doch nur gut tuen.


Also die Gesellschaft muss aber schon noch funktionieren ;-) Da wäre es schon ganz gut, wenn hier und da noch jemand ein bisschen mehr als 25 Stunden arbeiten würde, besonders in systemrelevanten Berufen.

Also bei uns in der Kita waren vor 12 Monaten noch 11 Kollegen in Vollzeit beschäftigt. Davon hat einer dem Beruf den Rücken gekehrt, eine Kollegin davon ist in Rente gegangen.
Von den verbliebenen 9 haben 4 Kollegen auf 25 bis 35 Stunden reduziert. Niemand davon sagt, "Hey ich hab das Geld ja, also scheiß drauf."- Nein die Kollegen sagen durch die Bank weg alle, "wenn ich diesen Job weiter Vollzeit mache, werde ich krank.
Eine der Kollegen ist dauer erkrankt.
Bleiben noch 4.

Aktuell ist es eigentlich nicht mehr machbar 45 Stunden anzubieten, das will der Träger aber noch nicht einsehen.

Edit:
Ich kam zurück aus der Elternzeit. Vorher habe ich auch vollzeit gearbeitet und die Stunden jetzt bewusst reduziert. Auch mir war klar, dass dieser Job mich sonst kaputt macht.
Mir und den anderen Kollegen ist das Problem durchaus bewusst. Wir muten den verbliebenen vollzeit Kollegen viel zu. Wir muten den Eltern viel zu. Aber das System Kita ist kaputt.

Es ist kaputt - es wird nichts auffangen können.

Ich hoffe, dass diese Erkenntnis irgendwann in der Bevölkerung mal ankommt.


Was ist in der Kita denn heute (aus Arbeitnehmersicht) anders als vor zehn Jahren? Ernstgemeinte Frage, ich bin selber von einem sehr hohen Krankenstand in der Kita meiner Tochter betroffen und kann mir da keinen Reim drauf machen.

Als die Corona-Krise akut war, konnte ich es durchaus nachvollziehen, dass die Mitarbeiter zusätzlichem Stress und vielleicht auch Krankheit(sangst) ausgesetzt waren.

Kita ist aber nicht die einzige „Branche“ wo der Trend zu weniger Stunden besteht. Dann denke ich mir schon auch, dass es den Leuten, die sich das leisten können, doch ganz gut geht.

Interessanterweise ist der Trend bei Jüngeren deutlich ausgeprägter, wo man doch von einer besseren Gesundheit und höherer Belastbarkeit ausgehen müsste.


Es ist einiges anders, als noch vor (beispielsweise) 10 Jahren. Einiges davon ist messbar, anderes ist gefühlt, oder auch logisch wenn auch eben nicht messbar.

Es gibt mehr Anforderungen an unsere Bildungsarbeit.
So sind wir beispielsweise verpflichtet in den Bildungsbereichen Bewegung, Gesundheit, Sprache, Musik, Religion, Mathematik, Naturwissenschaft, Ökologie, Medien und soziale Bildung regelmäßig Bildungsangebote anzubieten und diese zu dokumentieren. Dokumentationspflichten reichen da von simplen Durchführung für Lizensierungen wie etwa "Haus der kleinen Forscher", über individuelle Dokumentationen für die Portfolios der Kinder, bis hin zu Dokumentation für die Eltern.

Wir werden immer weniger. Laut Bertelsmann-Stiftung fehlen 2030 300.000 Erzieher. Diese Zahl wurde allerdings vor Covid erhoben. Seit dem haben viele Kollegen den Job verlassen. Außerdem wurde in der Zeit, in NRW, auch ein Recht auf Ganztagsbetreuung in der Schule beschlossen. Auch hierfür werden Erzieher benötigt.

Die Kinder werden immer pflegebedürftiger. Beispiel Windel.
Gab es noch in den 00er Jahren Kitas, die Kinder nicht in den Ü3 Bereich gelassen haben, die noch Windeln trugen, hatten wir (bei uns in der Kita) Anfang letzten Kita-Jahres 40% der 3 bis 4 jährigen, die noch eine Windel getragen haben.

Die Kinder haben immer weniger Sprachvermögen. Vor meiner Elternzeit arbeitete ich in einer Gruppe, in die 20 Kinder gingen. Davon hatte nur ein Kind die deutsche Muttersprache. Das sit sicher ein extremes Beispiel. Aber immer öfter fehlt es schon an der Sprache, im übrigen auch bei Muttersprachlern.

Entwicklung von Elternkontakt und Benehmen von Kindern, über die Jahre, kann ich nicht beurteilen. Ich weiß hier nur um die Berichte der "Veteranen-Kollegen", die blumige Berichte von vor 20, 30 Jahren erzählen, die wir jungen Kollegen uns gar nicht vorstellen können.

Extrem hohes Brennglas:
Bei unserem Träger gab es letztes Jahr einen Missbrauchsfall, wie es offiziell heißt. Der "Buschfunk" unter den Erziehern sagt es war ein zu grobes Verhalten, aber im Grunde nur eine Maßregelung. Wie dem auch sei...
Da dies bereits der zweite Fall im Stadtgebiet innerhalb von 24 Monaten war, tritt der Träger gegenüber den Eltern absolut unterwürfig auf. Kollegen, die ein Kind festhalten, weil es in dem Moment fremdgefährdend wird, über die sich die Eltern später beschweren,wird in die Rechtsabteilung bestellt.
Neue Handlungsempfehlung ist übrigens: Kinder gar nicht mehr festhalten. Und wenn das Kind fremdgefährdend wird? Dann müssen wir halt mit dem von uns gelernten auf das Kind einreden... Oder so.

Das sind nur so ein paar Punkte. Ich denke sie reißen das Thema aber ganz gut an.

Ergänzung:
Da mir hier schonmal gesagt wurde, dass ich Quatsch erzähle weil die eigene Frau es ganz anders kennt: Ich arbeite in einer Einrichtung in einem Brennpunkt und habe im Grunde auch nur in Brennpunkten Erfahrung gesammelt. Ich lebe und arbeite in einem Ballungsraum. Natürlich kann es sein, dass es Kitas gibt, die von diesen Erfahrungen abweichen.


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