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Dagegen (Sonstiges)

markus, Freitag, 26.06.2020, 17:01 (vor 1399 Tagen) @ Zoon

Das frühere System (Alhi und Sozialhilfe) ist letztlich dadurch in die Krise geraten, dass sich ältere ehemals gut verdienende Arbeitnehmer, die bei größeren Unternehmen mit Betriebsrat beschäftigt waren, sich ihre betrieblich ausgehandelte Unkündbarkeit mit einem Vergleich vergolden ließen. Dabei wurde das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen beendet und eine hohe Abfindung gezahlt. Mit der Abfindung wurde der Einkommensverlust, der durch Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe entstanden ist, bis zum Rentenbeginn überbrückt. Für die Betroffenen war dies eine feine Sache. Das Modell wirkte wie Rente ab 55. Da es massenhaft so gehandhabt wurde, hat es die Sozialversicherungen erheblich belastet. Eigentlich sollte die Arbeitslosenversicherung unfreiwillige Arbeitslosigkeit versichern und nicht eine Frührente finanzieren.

Gleichzeitig sind damit indirekt Arbeitsplätze für jüngere Menschen freigemacht worden. Es ist ja nicht so gewesen, dass wir genauso viele Arbeitsplätze hatten wie Erwerbsfähige. Die Differenz bestand über Jahrzehnte aus einigen Millionen fehlenden Arbeitsplätzen. Wir konnten also eh einige Millionen Menschen dauerhaft nicht beschäftigen. Jeder Ü55-jährige in Frührente hat damals den Platz für einen jüngeren Menschen freigemacht.

Grundsätzlich ist es natürlich trotzdem ein Problem, wenn ein System ausgenutzt wird. Ich bin selber im Betriebsrat und wir haben das Kurzarbeitergeld nach einigen Verhandlungsrunden nach oben gedrückt, so dass der Arbeitgeber auf 80% hätte aufstocken müssen. Was ist dann passiert? Wir haben Kurzarbeit dann doch nicht benötigt. Da aber 80% fürs „Nichtstun“ für einige äußerst lukrativ erschien, wollten einige Mitarbeiter unbedingt in Kurzarbeit gehen. Wir waren dagegen froh, dass wir es abwenden konnten. Bei nur 60% Kug hätte sich das Verlangen danach vermutlich in Grenzen gehalten.

Das Ausnutzen der Sozialversicherungen ist heute auch immer noch teilweise gängige Praxis. Ab 58 besteht ja schon zwei Jahre Anspruch auf ALG1, zudem kann auch ggf. mit 1,5 Jahren Krankengeld zusätzlich überbrückt werden. Dass rentennahe Mitarbeiter ein Abfindungspaket nehmen, wenn sie sich den Rest der Zeit bis zum frühestmöglichen Renteneintritt irgendwie durchmogeln können, wird daher auch heute noch gerne gemacht. Oft auch über Regelungen wie der, dass der Arbeitgeber nachträglich nochmal etwas zahlt, wenn unerwartet das Arbeitsamt kürzen sollte.

Klar, das ist ein Problem, da stimme ich dir voll zu. Gleichzeitig hast du aber auch Fälle, die gar nicht die Absicht haben, zu bescheissen. Die vielleicht auch keine Abfindung erhalten haben, weil sie in einer kleinen Bude gearbeitet haben in der es keine Abfindungen gibt und dann wirklich erstmal ihre Lebensversicherung kündigen müssen. In größeren Unternehmen gibt es immerhin oft noch Betriebsrenten. Da ist dann auch niemand so blöd gewesen und hat noch eine eigene Versicherung am laufen.


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