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Dagegen (Sonstiges)

Zoon, Freitag, 26.06.2020, 15:32 (vor 1393 Tagen) @ markus

Danke für die Erläuterung. Dann gab es in der Tat auch verfassungsrechtliche Bedenken. Nichtsdestotrotz bleibt es bei dem Ergebnis, dass Hartz 4 insgesamt eine Angleichung nach unten war. Es kann sein, dass die damalige Sozialhilfe in Teilen noch schlechter war als die heutige Hartz 4 Regelung. Beide Regelungen sollten aber nur das Existenzminimum absichern und nicht den bisherigen Lebensstandard halten.

Das Arbeitslosengeld soll dagegen den bisherigen Lebensstandard möglichst aufrechterhalten (wobei das mit 60 und 67% auch alles andere als einfach ist). Wer trotz Arbeitslosengeld unter dem Existenzminimum liegt, der kann aufstocken.

Die Arbeitslosenhilfe hatte den gleichen Ansatz wie das Arbeitslosengeld. Es sollte ebenso den bisherigen Lebensstandard möglichst aufrechterhalten. Wer trotzdem drunter lag, der konnte aufstocken.

Das frühere System (Alhi und Sozialhilfe) ist letztlich dadurch in die Krise geraten, dass sich ältere ehemals gut verdienende Arbeitnehmer, die bei größeren Unternehmen mit Betriebsrat beschäftigt waren, sich ihre betrieblich ausgehandelte Unkündbarkeit mit einem Vergleich vergolden ließen. Dabei wurde das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen beendet und eine hohe Abfindung gezahlt. Mit der Abfindung wurde der Einkommensverlust, der durch Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe entstanden ist, bis zum Rentenbeginn überbrückt. Für die Betroffenen war dies eine feine Sache. Das Modell wirkte wie Rente ab 55. Da es massenhaft so gehandhabt wurde, hat es die Sozialversicherungen erheblich belastet. Eigentlich sollte die Arbeitslosenversicherung unfreiwillige Arbeitslosigkeit versichern und nicht eine Frührente finanzieren.

Wenn man mit Ungerechtigkeiten argumentiert, müsste man in letzter Konsequenz auch das Arbeitslosengeld abschaffen. Denn hier entstehen prinzipiell die gleichen Ungerechtigkeiten wie bei der Sozialhilfe.

Nein. Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung. Diese Leistung wird von den Versicherten finanziert (Sozialversicherungsbeiträge) und nicht vom Steuerzahler.

Die Arbeitslosenhilfe hingegen wurde vom Steuerzahler finanziert. Zu diesem gehörte aber auch der Unternehmer. Deshalb war die unterschiedliche Behandlung der Steuerzahler bei steuerfinanzierten Sozialleistungen im Fall der Arbeitslosigkeit schon problematisch. Wäre die Arbeitslosenhilfe aus der Arbeitslosenversicherung finanziert worden, wäre die Ungleichbehandlung gerechtfertigt gewesen.

Man darf nicht vergessen, dass bei höheren Einkommen auch deutlich mehr Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden. Warum soll derjenige, der vorher mehr Steuern und Sozialabgaben gezahlt hat, nicht auch mehr Leistungen bekommen?

Das fragte sich der Selbständige in meinem (oben genannten) Beispiel auch und bekam nur Sozialhilfe.

Dann müsste man fairerweise auch darüber diskutieren, ob es wirklich richtig ist, dass die Einkommenssteuertabelle progressiv berechnet wird. Man könnte ja auch genauso gut in absoluten Beträgen oder gleichen Prozenten (ähnlich wie bei den Sozialabgaben) Lohnsteuer einziehen. Dann wäre es sicherlich auch okay, wenn wir noch mehr Sozialstaat abschaffen und irgendwann amerikanische Verhältnisse haben, wo jeder für sich selbst sorgen muss.

Eigentlich nicht. Denn es geht hier nicht um Gerechtigkeit bei der Steuererhebung sondern um Gerechtigkeit bei der Steuerverwendung.

Wenn der Gesetzgeber bei der Steuerverwendung das Ziel verfolgt, Menschen zu helfen, die arbeitslos sind, muss er dieses Ziel allen Betroffenen gegenüber gleichermaßen verfolgen, was auf die Gewährung von Grundsicherung und Eingliederungsleistungen hinausläuft und sich an entsprechenden Bedarfen orientieren und nicht an einem früheren Lebensstandard.


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