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Neue Daten vs Alte Daten (Corona)

Fluegelflitzer, Göttingen, Montag, 27.04.2020, 23:24 (vor 2068 Tagen) @ jniklast

Solange ein Infizierter im Schnitt mehr als eine andere Person ansteckt ist das Wachstum der Infektionszahl automatisch exponentiell. Das ist schlichtweg Mathematik. Niemand behauptet, dass es eine ständig gleiche Wachstumsrate war, offensichtlich ist die Kurve ja abgeflacht. Ändert aber nichts an der Grundaussage, dass das Wachstum exponentiell war. Sagt ja auch der Mathematiker in deinem Link, denn die von ihm genannte Reproduktionsrate ist nichts anderes als der Exponentialfaktor für t = Dauer der Erkrankung.


Nein, das sagt er nicht und nein, natürlich ist das Wachstum nicht automatisch exponentiell, so lange der Wert größer ist als 1. Ob der Wert größer oder kleiner 1 ist, sagt dir nur, ob es sich um einen Wachstums- oder Zerfallprozess handelt. Er hat sich dabei auch garnicht auf eine Exponentialfunktion bezogen, sondern auf die Nettoreproduktionsrate. Das du beides gleichsetzt kann ich als nichts anderes als einen bewussten Täuschungsversuch von dir werten.

Für dich und alle anderen hier nochmal der erste Wikipedia-Satz zu exponentiellem Wachstum. Den wichtigen Teil hebe ich mal hervor gehoben.

"Exponentielles Wachstum (auch unbegrenztes bzw. freies Wachstum genannt) beschreibt ein mathematisches Modell für einen Wachstumsprozess, bei dem sich die Bestandsgröße in jeweils gleichen Zeitschritten immer um denselben Faktor vervielfacht."


Pass auf, dann zeig ich dir mal die Formel für das Wachstum mit einer Netto-Reproduktionsrate R:
Sei A = Anzahl der Infizierten zum Zeitpunkt T0, 1 t = durchschnittliche Dauer der Erkrankung, dann ist die Anzahl der Infizierten in Abhängigkeit der Zeit folgendes:
a(t) = A * R^t

Was ist das also für eine Funktion? Richtig, eine Exponentialfunktion.
Nur weil sich die Art der Exponentialfunkion im Laufe der Zeit verändert (R ging von ca. 3 zurück auf unter 1) ändert es nichts daran, dass es ein exponentielles Wachstum war, so lange R > 1 war.

Das ist wie wenn du bei einem Fonds oder anderer Wertanlage täglich unterschiedliche Zinssätze hast. So lange diese positiv sind (das entspricht R > 1) wächst dein Erspartes exponentiell. Auch wenn sich die Verdopplungszeit ständig ändert.


Hör zu, du kannst es noch so oft wiederholen, wie du magst, es wird dadurch trotzdem nicht weniger falsch. Was du über exponentielle Steigungen sagst, ist schlicht falsch. Du kannst nicht einfach willkürlich Steigungsraten verändern, noch dazu in undefinierten Zeitabständen und dann sagen, es sind einfach hunderte Exponentialfunktionen in einer und dann haben wir am Ende irgendwo exponentielles Wachstum.
Nur weil jeder Ulrich heutzutage, dass Wort exponential völlig gedankenlos benutzt, weil er es mal in der Zeitung gelesen hat, gewchrieben in einem Artikel vom Praktikanten, der Mathe im Abi am liebsten abgewählt hätte, muss man sowas nicht einfach so stehen lassen. Von mir aus nenn es ein logarythmisches Wachstum, aber die falsche Verwendung des Begriffs exponentiell führt dann zu solchen Diskussionen wie hier, wo ein Haufen böser Internteruser wütend werden, weil jemand den Begriff richtig verwendet.

https://voxeu.org/article/it-s-not-exponential-economist-s-view-epidemiological-curve


Also bei allem Respekt, aber es scheint mir dann doch, dass ich mit einem Physikstudium mehr Ahnung von Mathe habe als du, denn sonst würdest du nicht weiter bestreiten, dass es eine Phase mit exponentiellen Wachstum gab. Das bestreiten übrigens auch all deine Links nicht, da geht es nur darum, dass dieses Wachstum natürlich nicht ungebrochen ist - was auch niemand behauptet.
Die Ansteckungsrate hat sich nunmal verändert, entsprechend muss natürlich auch die zugehörige mathematische Funktion für die Modellierung angepasst werden. Das ändert nix daran, dass es so lange R > 1 war sich um exponentielles Wachstum handelte. Das kann dir gefallen oder nicht, das schöne an der Mathematik ist, dass sie universell gültig ist. Ob es dir passt oder nicht, eine Funktion der Form f(t) = A*R^t ist eine Exponentialfunktion und so lange R > 1 ist es Wachstum.

Und damit Gute Nacht, ich denke es ist alles hierzu gesagt.

Schau, du sagt so Sachen wie "das bestreiten ja auch all deine Links nicht" und es stimmt einfach genauso wenig, wie deine Aussage zu den Exponentialfunktionen. Eine logarythmische Funktion wird auch nicht zur Exponentialfunktion, nur weil ein Abschnitt davon letzterer ähnelt. Du kannst ja von mir von einer Exponentialphase sprechen, aber dann musst du auch deutlich klar stellen, dass es sich nicht allgemein um exponentielles Wachstum handelt und dies nur eine Beschreibung ist. Sonst drehen nämlich die Leute durch, wie sie es getan haben und faseln wie die WHO von 3-5% Mortalität, wenn sie sich nur die frühe Phase in Wuhan anschauen. Der Autor des zweiten Artikels macht dies zum Beispiel deutlich.

"It illustrates why it is easy to first underestimate a disease’s spread by thinking the curve is linear, but then overestimate it by thinking it is exponential."

Der Mathematiker aus dem Focusartikel sagt ebenfalls, dass der Begriff völlig falsch verwendet wird und behauptet eben nicht, was du sagst. Wie ich bereits gesagt habe, geht es nicht um eine Momentaufnahme, sondern um einen im Kontext sinnvollen Zeitraum, den es klar zu definieren gilt. Bei Daten mit großen Fallzahlen und etwas Variabilität kannst du immer irgendwo exponentielle Phasen finden, wenn du du t nur klein genug machst.

"Dabei handelt es sich also nicht um eine Momentaufnahme, sondern um die Entwicklung über einen bestimmten Zeitraum. Nur dann könne man von exponentiellem Wachstum sprechen und eine Verdopplungszeit bestimmen.
Kein exponentielles Wachstum in Deutschland

„Das war jedoch schon zu dem Zeitpunkt nicht mehr der Fall, als über Verdopplungszeiten diskutiert wurde“, betont der Mathematiker. „In Wahrheit schwankte bereits damals diese Zahl.“"

Wünsche dir auch eine Gute Nacht!


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