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Umfang der Mobilmachung in Russland größer als angekündigt? (Politik)

Ulrich, Freitag, 23.09.2022, 07:12 (vor 552 Tagen) @ BukausmTal

Halleluja! Das Superhirn bewaffnet junge Männer, die ihn hassen. Hoffe doch sehr, dass die Ausbildungslager nicht weit von Moskau entfernt sind.


Ich traue der russischen Armeeführung zu, dass man diese Leute unbewaffnet in die Ukraine transferiert. Dort drückt man ihnen dann eine alte Kalaschnikow von 1955 und ein paar Magazine mit Munition in die Hand. Ähnlich lief es ja auch schon mit vielen tatsächlichen oder angeblichen Freiwilligen ab.

Darauf wird es wohl hinauslaufen. Ich habe hier mal einen Erfahrungsbericht eines russischen Fallschirmjägers verlinkt, der berichtet hat, dass er sich seine Uniform selbst beschaffen musste und eine Waffe erst erhalten hat als er sich massiv bei Vorgesetzten darüber beschwerte, noch keine bekommen zu haben. Und was die 3-Monats-Prognosen zur Einsatzbereitschaft dieser "Frischlinge" angeht, fürchte ich, dass unterschätzt wird, wie ruchlos die russische Armeeführung mit ihren Soldaten umgeht.

Die Fallschirmjägereinheiten gehören zur Elite der jeweiligen Streitkräfte. Das ist auch in Russland so. Wenn es bereits bei den Vorzeigetruppen solche Probleme gibt, wie sieht es erst bei den normalen Einheiten aus?

Logistisch dürfte man auch mit der neuen Situation völlig überfordert sein.

Das sowieso.>

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Laut Carlo Masala, einem der seriösesten deutschen Militärexperten für die Situation in der Ukraine, hat Russland nicht die Kapazitäten, auch nur die erste genannte Zahl von 300000 Reservisten logistisch auszurüsten. Schon jetzt hätten die russischen Vebände massive logistische Probleme. Winterkleidung für die große Zahl der Reservisten sei schlicht nicht vorhanden und damit kein Schutz vor der Kälte des beginnenden Winters. Das sei nur ein Punkt in der großen Mängelliste.
Ein paar Wochen Ausbildung würde auch nicht genügen, die Reservisten fit für den Krieg zu machen.

Die Teilmobilisierung ist vor allem ein Zugeständnis an die Hardliner, die aufgrund des Verlaufs des Krieges ihre Unzufriedenheit immer massiver geäußert haben und die Mobilisierung für den Krieg in der Ukraine gefordert haben. Es ist ein Verzweiflungsakt Putins aus einer geschwächten Position. Die Reservisten sind sein Kanonenfutter.

Der Krieg kommt bald in der Mitte Russlands an.
Die heimkommenden Särge werden -vielleicht- das Bewußtsein in der Bevölkerung verändern.
Eine traurige kleine Chance für Frieden in der Ukraine.
Wenn wir ihr das notwendige Material liefern.

Ich habe gestern irgendwo den Satz gelesen "Mit der Mobilmachung holt man sich den Krieg in das eigene Land". Und da dürfte sehr viel dran sein. Dass Putin den Schritt einer Mobilmachung lange gescheut hatte, dürfte auch damit zusammenhängen. Vor allem hat man sehr viel dafür getan, den Krieg weit weg von den bevölkerungsreichen Regionen Moskau und St. Petersburg zu halten. Das ist jetzt vorbei.

Hinzu kommt, dass bei der russischen Armee wohl der Mangel an Infanteristen am stärksten ins Auge sticht. Das sind die Truppenteile, die die Hauptlast das Kampfes tragen und die deshalb die schwersten Verluste erlitten haben. Aber schlecht oder gar nicht ausgebildeter Ersatz, unzureichend ausgestattet und versorgt, ist nur eines, weiteres Kanonenfutter.

Das zentrale Problem Russslands ist vermutlich die Korruption. Das Land ist eine Kleptokratie. Wer in einer entsprechenden Position sitzt, der versucht seinen Anteil am Kuchen zu bekommen. Und das dürfte auch innerhalb des russischen Militärs so sein. Gelder für Beschaffung von Ausrüstung und Material, für Wartung von Gerät, etc. dürfte größtenteils in die Taschen korrupter Kommandeure geflossen sein, und auch die Leute darunter werden ihren Anteil abgegriffen haben. Kompetente Leute stören in so einem System zudem, es steigt auf, wer "mit spielt". Gleichzeitig wird nach oben gemeldet, dass alles in bester Ordnung sei.

Russland hat wohl mit riesigem finanziellen Aufwand versucht, die Ukraine politisch zu destabilisieren. Es gab Vermutungen, dass auch dieses Geld vor allem in dunklen Kanälen versickert ist. Gleichzeitig haben die Verantwortlichen dem Kreml gemeldet, in welch schlechter Verfassung in der Ukraine Staat und Militär angeblich seien. Die russischen Streitkräfte hingegen waren auf dem Papier für Putin in einem hervorragenden Zustand. Beides zusammen hat ihn dazu verleitet, die Invasion zu befehlen. Und er ging tatsächlich davon aus, das Land innerhalb weniger Tage nach dem Vorbild der "Blitzkriege" der Nazis zu überrennen.

Ich frage mich, wie sehr ist der Kreml aktuell über die logistischen Problem der Truppen im Bilde? Und ich wäre nicht überrascht, wenn man noch immer einen stark geschönten Eindruck hätte. Bereits bei den Einberufungen scheint vieles schief zu laufen. Man zieht Leute ein, die deutlich über fünfzig Jahre alt sind. Man zieht Männer als Reservisten ein, die nie den Wehrdienst geleistet haben, und so weiter. Viele derjenigen, die man jetzt in den Kampf schickt, werden entweder gar nicht oder körperlich und/oder psychisch massiv traumatisiert zurück kommen. Der Afghanistan-Krieg hatte verheerende Auswirkungen auf die sowjetische Gesellschaft. Die des Ukraine-Krieges auf die russische Gesellschaft könnten dies noch deutlich übertreffen.


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