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Ein Höhenflug von Arroganz und Verachtung (Sonstiges)

Sascha, Dortmund, Donnerstag, 10.11.2016, 16:09 (vor 3312 Tagen) @ Frankonius

Es ist ja durchaus richtig, dass sich "Eliten", "Establishment" (was immer das alles genau sein soll) oder auch nur das klassische Bürgertum ab Mitte aufwärts hinterfragen soll, aber ich verstehe auch nicht, was diese Selbstkasteiung, die da gerade um sich greift, bewirken soll. Was bringt es, von Arroganz und Überheblichkeit zu reden - und vor allem: welchen Schluss soll man daraus ziehen?

Soll ich jetzt Leuten, die meinen, dass ihnen Ausländer Arbeit wegnehmen, die in Begriffen wie "Umvolkung" reden oder die Homosexualität für etwas widernatürliches halten und die Frau am liebsten hinterm Hernd sehen, die Hand tätscheln und ihnen zustimmen, damit ich nicht gutmenschlich abgehoben daherkomme? Obwohl in mir alles ruft, dass es falsch, falsch, falsch ist, was da von sich gegeben wird?

Oder dagegen argumentieren? Aber wogegen? Es handelt sich dabei um Ängste. Teilweise haben sie sich entwickelt, teilweise wurden sie eingepflanzt. Und sitzt eine Angst erst einmal in einem drin, dann kann man sie mit Ratio und Argumenten kaum verteiben. Das beste Beispiel ist die Ausländerfeindlichkeit in ostdeutschen Orten, in denen überspitzt gesagt, ein Ausländer das letzte Mal kurz vor dem Kartoffelkrieg seinen Fuß gesetzt hat. Was bringt es wirklich ihm zu sagen: "Hey, du brauchst keine Angst zu haben, dass dir ein Asylbewerber deine Arbeit wegnimmt - hier ist doch gar keiner"? Eine ähnliche Situation dürften wir als Kinder alle erlebt haben. Mama und Papa haben versichert, erklärt und gezeigt, dass da in der Ecke wirklich nichts ist. Und sobald das Licht aus und Mama und Papa weg waren, hat man doch ängstlich in die Ecke geschaut und gemeint, dass sich dort was bewegt hat.

Ihre Situation verbessern? Ja, das wäre wünschenswert. Menschen nicht einfach nur statistisch aus Arbeitslosigkeit und prekären Lohnverhältnissen holen, sondern auch real. Aber auch hier fehlt mir die Idee, wie das passieren soll. Trump wird jetzt ein paar Fördermaßnahmen im Rust Belt umsetzen, aber das wird dort an der Gesamtsituation genau so wenig ändern wie es das hier tun würde. Einen gelernten Fabrikarbeiter Anfang Ende 40, Anfang 50, der bereits seit einigen Jahren arbeitslos ist, kriegt man kaum in einen zukunftsfähigen Arbeitsmarkt transferiert. Zumal wenn dieser Arbeitsmarkt stringent daran arbeitet, genau diesen Faktor zu minimieren.

Soll man dann brutal ehrlich sein und ihm erklären, dass der Zug für ihn und seine Generation abgefahren ist, aber vielleicht sein Enkelkind wieder eine klitzekleine Chance hat, wenn es sich frühzeitig mit dem Umgang mit Computern vertraut macht? Millionen Menschen einfach aufgeben? Das wäre vielleicht näher an der oft gefordertern Ehrlichkeit, aber auch pures Benzin in die Flammen.

Ich bin da halt wirklich konsterniert bei der Frage, wie man diesem wachsenden Populismus begegnen soll und zwar so, dass es auch etwas bewirkt. Habe aber das Gefühl, dass dieses Gerede von Überheblichkeit und Arroganz eher ein philosophisches Placebo ist und man sich einreden möchte, dass man damit schon irgendwas bewirkt. Einen Lösungsweg kann ich daran aber auch nicht erkennen.


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