schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
A- A+
schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
Startseite | FAQ | schwatzgelb.de unterstützen
Login | Registrieren

Zum Thema "Demokratie" (BVB)

Pfostentreffer, Donnerstag, 04.09.2025, 17:46 (vor 104 Tagen) @ Pfostentreffer

Ich bin auf dem Land aufgewachsen und habe da noch ein solides soziales Netz und da kannst du also 80% der Leute nicht ernsthaft vermitteln, warum man nun Mohrenkopf nicht mehr sagen darf. In meinem akademisch-urbanen Umfeld ist das natürlich anders.

Da teilen wir Stücke unserer Biografie.

Und tatsächlich gibt es soziologische Studien, die Aussagen, dass der kulturelle Unterschied zwischen Stadt und Land weltweit grösser ist als zwischen den meisten Ländern untereinander. Ich neige dazu, dem zuzustimmen und das vergrössert den Punkt mit den unterschiedlichen Realitäten noch einmal.

Das bedeutet aber nicht, dass es unterschiedliche Fakten gibt. Und mir fällt es mittlerweile sehr schwer, wenn ich alle paar Monate wieder aufs in meinen Herkunftsort auf dem Dorf fahre und nach 5 Minuten schon die erste "das Boot ist voll", "die Leute müssen endlich mal wieder richtig anpacken" oder "die Ausländer sind ja doch alle kriminell" Rede aus dem Familienkreis oder beim Brötchen holen höre. Weil es einfach das Gegenteil meiner Lebensrealität ist und aus meiner Sicht wahnsinnig dumm und unterkomplex.

Aber so ist es halt, auch nicht meine Baustelle und nichts, worauf ich Einfluss habe, gerade, da es in den letzte Jahren deutlich krasser geworden ist. Logischerweise.


Aber als Aushängeschild solcher Debatten haben die Linken sich einfach verloren. Für die breite Masse der unterprivilegierten Menschen zählt doch, dass sie eine vernünftige Lebensgrundlage haben und dass sie wissen, dass die Politik sich für sie einsetzt.

Da bin ich bei dir und genau deswegen verstehe ich ja nicht, wie man in der aktuellen Lage in Deutschland rechte Parteien wählen kann. Es waren vor allem Merz und Lindner die uns mit ihrem Märchenerzählungen die Rezession eingebrockt haben. Dazu kürzen die Rechten bei den Sozialleistungen das sich die Balken biegen und machen damit das Leben der Leute vor allem schlechter, weil die ganze Kohle in Fossiles, Rüstung und die Taschen der oberen 10 % fliesst. Dazu Totalüberwachung, Einschränkung von Versammlungen, Präventivhaft, Korruption total, Rassismus, Queerfeindflichkeit, in Frage stellen der Menschrechte, ignorieren von Gerichten, Angriffe auf den Rechtsstaat und ÖRR en masse etc. Nix davon macht das Leben der Menschen besser. Und alles aufgezählte ist nur CDU / CSU. Von der AfD habe ich noch gar nicht angefangen.

Stattdessen (jedenfalls hier) diskutiert die Linke in ihren Podcasts über AKW (der Zielgruppe egal), Sans-Papiers ("die anderen, nicht wir"), Frauenfussball, Gaza, Femizide und Skandale bei der Flugzeugbeschaffung. Das sind alles wichtige Themen, aber damit holst du doch einen Arbeiter nicht ab, der bei Maslow auf der Pyramide noch recht weit unten ist.

Dahingestellt ob das so stimmt (ich hätte einige Gegenbeispiele bezüglich der Podcasts) leitet sich daraus die Frage ab: Womit holt man denn die Leute ab?

Aktuell funktionieren: Rassismus, Queerfeindlichkeit, Lügen dass sich die Balken biegen, verspotten von Wahrheit und Wissenschaft und also alles, was Kulturkampf ist (stellt sich auch die Frage, warum das so ist...), Vorspielen einer Parallelrealität, Hass auf alles Grüne und die Erzählung gegen die Elite, die ja hier auch schon aufgemacht wurde.

Sonst noch etwas?

Mit Vernunft, guten Argumenten, langfristiger und wissenschaftlich basierter Wirtschaftspolitik etc. sind die Grünen krachend gescheitert und werden nach wie vor verspottet, wie der Grund für die ganze Unterhaltung oben ja ganz gut darlegt. Das kann es also nicht sein. Kettensägen fallen mir gerade noch ein.


Und ja, mag sein, dass die führenden Politiker auch bei den Linken schon immer etwas akademischere Umfelder hatte, aber ziemlich sicher kamen sie halt aus Arbeiterfamilien, wo der Papa Mechaniker war und wussten so auch, welche Themen es zu priorisieren galt.

Das ziehe ich tatsächlich ein wenig in Zweifel. Die Grünen bspw. sind bei uns schon sehr stark die Akademikerpartei (ausser Jura:-) geworden. Und wir wissen ja, dass in Deutschland der Status der Eltern am wichtigsten ist in allen OECD Ländern und die Qoute von Arbeiterkindern, die studieren geht, fast am niedrigsten (trotz Steigerung in den letzten Jahren). Dementsprechend dürften die meisten der heutigen Grünen Abgeordneten - zumindest unter 60 - aus Akademikerhaushalten kommen. Zumindest lässt die Statistik das vermuten. Was du sagst, galt noch für die Generation Fischer.

Und die wussten wohl auch, dass Solidarität mit alles und jedem ein Luxus ist, den man sich erstmal leisten können muss und will.

Ehrlich gesagt verstehe ich das nicht ganz. Wir sind die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt, wenn es sich jemand leisten kann, dann also wir. Wobei ich noch nicht ganz verstanden habe, worin die Investition besteht.

Und wir haben ja gesehen, was passiert, wenn die Menschenrechte (aka: Solidarität mit alles und jedem) nicht eingehalten werden und nicht für alle Menschen gelten (und sehen es aktuell wieder jeden Tag). Es ist also nicht nur sinnvolle, sondern offensichtlich absolut notwendige Investition.

Da herrscht bei breiten Bevölkerungsschichten nämlich schon auch Groll, dass von Afrika bis in die Ukraine für "alles" Geld da ist und für die fiesen Flüchtlinge natürlich auch, aber bei unseren Renten ist die Kohle natürlich knapp und wir sollen dann länger arbeiten.

Wenn man das in dieses Verhältnis setzt, ist es auch verständlich und du hast damit sehr erfolgreich das Erfolgsmodell (des heute leider immer so bezeichneten) Populismus aufgezeigt. Aber es ist halt dramatisch unterkomplex und in der Darstellung eindeutig falsch. Womit du einen weiteren grossen Punkt ansprichst: Die Verhältnismässigkeit. Die fällt leider immer weiter weg. Das mathematische Verständnis der kommunizierten Zahlen fehlt in der Bevölkerung oft, bspw. wenn die es gut fand, dass die Union gegen die 60 Mrd. geklagt hat, die unsere letzte Regierung zu Fall gebracht hat, aber es jetzt töfte finden, dass ne Billion neuer Schulden aufgenommen wird. Das ist einfach bescheuert, da gibts auch wenig Gegenargumente.


Also damit wir uns richtig verstehen, ich wähle seit jeher links der Mitte, aber ich erlabe mir trotzdem, hier etwas pointiert mal ein paar Dinge auf den Tisch zu bringen, da ich die Blase hier schon etwas krass finde.

Wunderbar. Warum solltest du das auch nicht tun?


Antworten auf diesen Eintrag:



gesamter Thread:


1515051 Einträge in 16268 Threads, 14349 registrierte Benutzer Forumszeit: 17.12.2025, 15:04
RSS Einträge  RSS Threads | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Forumsregeln