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Was ich nicht verstehe (Politik)

Timo_89, Samstag, 21.12.2024, 12:11 (vor 362 Tagen) @ pactum Trotmundense
bearbeitet von Timo_89, Samstag, 21.12.2024, 12:15

Mal abgesehen davon, dass ich persönlich kein großer Freund von Einschränkungen von Grundrechten auf Basis einer objektiv betrachtet verschwindend geringen Gefahr für das Leben von Bürgern ist, kriegst deine Ideen nicht in Deutschland umgesetzt. Der Datenschutz ist des Deutschen heiligste Kuh. Eher hast du ein Tempolimit auf Autobahnen als das du es hier hinbekommst dem Staat das Sammeln all dieser benötigten Daten zu erlauben.

Das ist eine Beobachtung, die ich teile. Auch im Gesundheitswesen und in der Wirtschaft sorgen zum Teil überhöhte (je nach Perspektive) Anforderungen an den Datenschutz für eine teilweise zu große Einschränkung von Potentialen. Grundrechte sind wichtig und mir ist Freiheit auch sehr wichtig, aber teilweise ist die heilige Kuh Datenschutz schwer zu begreifen und bremst zu sehr. Man muss situativ schauen, was möglich ist, ohne Grundrechte zu stark einzuschränken.

Ich persönlich halte es aber auch nicht für notwendig. Klar, solche singulären Ereignisse mit plötzlich Betroffenen in einer größeren Anzahl machen subjektiv Angst. Aber ist es denn wirklich eine Gefahr für die Bevölkerung? Rechnet man einfach mal alle Opfer von Anschlägen egal welcher Art in Deutschland seit dem letzten Krieg zusammen, sowohl Tote wie auch Verletzte, kommt man nicht einmal in die Nähe einer jährlichen Opferstatistk für den Straßenverkehr. Der Unterschied ist nur, dass plötzlich auftretende singuläre Großereignisse selbstverständlich mehr Aufmerksamkeit und Betroffenheit auf sich ziehen als der alltägliche Tod auf unseren Straßen oder auch aufgrund von Verbrechen in Familien.

Ich verstehe was du sagen willst und kann auch deine rationale Herangehensweise verstehen, gebe aber zu bedenken, dass Menschen natürlich auch emotional sind. Verkehrsunfälle passieren, wir wissen das und wir akzeptieren alle dieses Risiko, wenn wir uns ans Steuer setzen. In den meisten Fällen passieren Verkehrsunfälle aufgrund von fahrlässigem menschlichen Fehlverhalten (Ablenkung, Müdigkeit, Drogenkonsum, usw) oder von Umweltbedingungen (Starkregen, Glätte). Das macht kein einziges Schicksal von Verkehrstoten oder Verletzten besser, aber es ist ein gewisses kalkuliertes Risiko und in den aller wenigsten Fällen passiert dies vorsätzlich, in den meisten Fällen sind pro Unfall wenige Menschen oder gar "nur man selbst" betroffen und auch nur selten passieren Verkehrsunfälle mit einer politischen Botschaft und politischen Folgen.

Wenn wir jetzt auf gestern schauen, ist dies im Grunde alles anders gelagert. Hier gehe ich als Familie am Freitag Abend vor Weihnachten unbedarft auf den Weihnachtsmarkt und setze mich eigentlich keinem besonderen kalkulierten Risiko aus. Wobei man argumentieren könnte, seitdem überall Poller stehen, dass es auch hier ein ganz kleines statistisches Risiko gibt, traurig genug. Aber dann weiter. Hier begeht nun jemand geplant und gezielt einen Anschlag und verfolgt dabei offenbar politische Ziele, er tötet mehrere Menschen und verletzt viele weitere. Dabei entstehen Videoaufnahmen, die schwer zu verarbeiten sind, die man so einfach nicht kennt. Im Grunde ist so ein Attentat ein Anschlag auf die freiheitliche Lebensweise und Kultur dieser offenen Gesellschaft. Politisch gibt es Versuche solche Taten zu instrumentalisieren, aus allen Richtungen, je nachdem wie der Täter gestrickt war. Der Schweregrad der emotionalen Verarbeitung solche Fälle dürfte individuell und gesamtgesellschaftlich deutlich herausfordernder sein, als Verkehrsunfälle. Daher gibt es natürlich ein übergeordnetes Interesse im Sinne des gesellschaftlichen Friedens solche besonders schweren politischen Straftaten und Anschläge zu verhindern, ganz unabhängig von der tatsächlichen Opferzahl und von der "Herkunft / Ideologie" der politischen extremen Motivation.

Nicht, dass ich missverstanden werde. Die Ereignisse in Magdeburg erschüttern mich genauso wie wohl jeden anderen empathischen Menschen. Es ging mir jetzt nur darum möglichst wertneutral den Aufwand und Nutzen für einen Schutz gegen solche Ereignisse gegenüber Alltagsgefahren aufzuzeigen. In keiner Weise soll dies die Geschehnisse in irgendeiner Weise auch nur im Ansatz weniger entsetzlich erscheinen lassen. Das Leid der Opfer ist real und jedes einzelne Leid ist zu respektieren.

Ich weiß, wie du es gemeint hast. Aus o.g. Gründen sehe ich es etwas anders und würde mir daher wünschen, dass unsere Ermittlungsbehörden hier mehr rechtliche Möglichkeiten und technische Fähigkeiten bekämen, hier "mehr" zu tun. Auch wenn es nicht perfekt ist und keine totale Sicherheit gibt, vermutlich können wir uns etwas mehr anstrengend und investieren.


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