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Studie: Viele Ostdeutsche fremdeln mit Demokratie und wünschen sich autoritären Staat (Politik)

markus, Donnerstag, 29.06.2023, 11:51 (vor 908 Tagen) @ CLM

Und doch gibt es fundamentale Unterschiede im Selbstverständnis der jeweiligen Bevölkerung und in deren Lebenserfahrung. Das geht im Zusammenhalt untereinander los (in der DDR war man nun mal darauf angewiesen sich gegenseitig zu helfen, weil das aufgrund der Mangelwirtschaft schlicht eine Notwendigkeit war) und hört im Freiheitsgedanken nicht auf. Es macht schon was mit dir in einer Diktatur oder einer Demokratie aufzuwachsen. Dumm nur, dass viele, die heutige Demokratie paradoxerweise wieder als Diktatur empfinden.

Das alles mag stimmen. Es reicht nur nicht aus, um Ostdeutsche als eigene Ethnie zu behandeln. Ost- und Westdeutsche, Bayern und Schwaben, Kölner und Düsseldorfer sind keine Ethnien. Wir sind ein Volk. Anbei ein paar Auszüge aus Entscheidungen im Zusammenhang mit dem AGG.

„Weder durch die behauptete Bezeichnung als "Ossi" noch durch die behaupteten Bemerkungen hinsichtlich seiner Herkunft "aus dem Osten" verbunden mit der Bemerkung "Lusche bzw. der Bemerkung, dass "die aus dem Osten nichts taugen" würden stellt eine Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft im Sinn des § 1 AGG dar. Das Merkmal der ethnischen Herkunft bezieht sich auf nicht vererbliche Merkmale wie die Zugehörigkeit des Menschen zu einem bestimmten Kulturkreis, zu einer gemeinsamen Religion und Sprache. Kennzeichnend ist, dass die betreffenden Menschen auf Grund dieser Merkmale eine dauerhafte Einheit bilden (z. B. Kurden, Sorben, Sinti und Roma). Maßgeblich ist die Wahrnehmung als "andere Gruppe" in Gebräuchen, Herkunft und Erscheinung. Äußeres Erscheinungsbild, Sprache und Religion können hier wichtige Merkmale sein, den Typus der Ethnie zu beschreiben. Maßgeblich ist insgesamt die Wahrnehmung als "andere Gruppe" in Gebräuchen, Herkunft und Erscheinung. (vgl. Lingemann, Müller; "die Auswirkungen des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf die Arbeitsvertragsgestaltung", Betriebsberater 2007, Seite 2013 ff; Thüsing, aaO, Rn. 54, 55 zu § 1 AGG). Keine Ethnien sind demzufolge Ost- und Westdeutsche, Bayern und Schwaben, Düsseldorfer und Kölner. Wir sind ein Volk – auch diskriminierungsrechtlich (so zutreffend Thüsing, aaO).“ ArbG Würzburg, Urteil vom 23.01.2009 - 3 Ca 664/08

In einer anderen Entscheidung heißt es, dass „Ossi“ zwar diskriminierend gemeint und zu verstehen sein kann. Es lässt sich aber keinem Diskriminierungsmerkmal zuordnen.

Die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Bezeichnung Ossi mag dem Element eines Territoriums im Begriff der Ethnie entsprechen (die ehemalige DDR/die Neuen Bundesländer). Eine gemeinsame Sprache prägt ihn jedoch nicht, da in den ostdeutschen Ländern Dialekte von sächsisch bis plattdeutsch gesprochen werden, wobei unterschiedliche Dialekte ohnehin nicht einer gemeinsamen Sprache entgegenstehen. Auch die Geschichte der nach 1989 entstandenen Bezeichnung Ossi ist viel zu jung, um seither eine abgrenzbare Population beschreiben zu können. Dass die damalige DDR und die Bundesrepublik Deutschland gesellschaftspolitisch unterschiedliche Entwicklungen bis 1989 aufzeigen, lässt die (ehemaligen) Bürger der beiden staatlichen Räume nicht als abgrenzbare Ethnien von jeweils eigener Art beschreiben, denn die gemeinsame Geschichte seit Abschaffung der Kleinstaaterei, die gemeinsame Kultur der letzten 250 Jahre, die von Dialektunterschieden abgesehene gemeinsame Sprache machen deutlich, dass im 21. Jahrhundert regionale Unterscheidungsmöglichkeiten weder Schwaben noch Bayern noch Wessis noch in Ostdeutschland Geborene zu jeweils voneinander abgrenzbaren Ethnien werden lassen.

(…)

2. Die Bezeichnung Ossi kann (was die Beklagte in Abrede stellt) diskriminierend, weil mit einem Werturteil belegt, gemeint, sie kann diskriminierend (so der Vortrag der Klägerin) zu verstehen sein. Da nach § 1 AGG indessen nicht jede denkbare Benachteiligung beseitigt oder verhindert werden soll und vor allem da die Bezeichnung nicht dem Tatbestandsmerkmal ethnische Herkunft zugeordnet werden kann, erweist sich die auf § 15 Abs. 2 AGG gestützte Klage als unbegründet. Sie ist abzuweisen. ArbG Stuttgart, Urteil vom 15.04.2010 - 17 Ca 8907/09

Auch ein Bezug zum Merkmal Weltanschauung lässt sich nicht herstellen.

Menschen ostdeutscher Herkunft sind auch nicht Träger einer einheitlichen Weltanschauung. Sie verbindet nicht eine durch den Staat vorgegebene politische Weltsicht und die Einteilung der Welt in Gut und Böse.

Trotz des repressiven Staatssystems der DDR gab es Menschen mit unterschiedlichen und nicht staatstragenden Weltanschauungen, was durch den Fall der Mauer und nachfolgenden Wiedervereinigung belegt wird. ArbG Berlin: Urteil vom 15.08.2019 – 44 Ca 8580/18


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