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Kurz aus Spanien (Corona)

Lattenknaller, Madrid, Montag, 30.03.2020, 17:05 (vor 1486 Tagen) @ Schleicheisen

Ehh, hast Du den von mir verlinkten Artikel wenigstens mal überflogen? Da standen eigentlich alle wesentlichen Punkte drin.

Und "ja": auch oder gerade Spanien hat in den frühen 2000ern versucht die Binnenkonjunktur mit dem gesamten Instrumentarium, was man so für möglich hielt, anzufeuern: Steuern senken, Kredite verbilligen und dann hat man natürlich einen (hohen) Anstieg des Konsums.

Die Rechnung wurde dann 2009 aufgemacht, egal wer nun "daran schuld war".

Und mir geht es nicht um Schuldzuweisungen- ich halte die Einführung des Euro seit jeher für rein politisch motiviert und für wirtschaftlich hoch gefährlich. Weil eben wahrscheinlich war was dann auch genau passiert ist.

Und das ist das einzige was ich mit "Fakt ist" eingeleitet habe: dass man einen grossen Potentialunterschied zementiert hat- und wenn Du das bestreitest bin ich auf die Widerlegung gespannt.

Ich erlaube mir zu zitieren, vielleicht liesst Du ja den absatz:

Würde der ganze Euroraum oder ein großes Land wie Deutschland eine Lohnpolitik wie in Spanien zulassen, so hätte dies die Inflationsrate im Euroraum deutlich nach oben getrieben, und die EZB hätte die Zinsen erhöhen müssen bzw. nicht senken dürfen. Letztlich ist das spanische Beschäftigungswunder somit zu einem beträchtlichen Teil eine Folge der für Spanien relativ expansiv wirkenden Geldpolitik


Und dieses Problem hat man, zusammen mit der relativ geringen Produktivität bei- durch einheitliche Regeln erzwungene- Gleichmaß an Sozialleistungen einfach ein paar Probleme mehr wenn es mal nicht so läuft...

Mir liegt es fern, ganze Länder zu verurteilen, mir geht es nicht um "die sind schuld". Ich mache mir nur ziemliche Sorgen um den Wirtschaftsraum von dessen Überleben auch mein geschäftliches und ergo soziales Überleben abhängt und das ist nun einmal Deutschland.

wir haben beste Kontakte zu einem sehr respektablen Maschinenbauunternehmen in Barcelona. Mit vielen Leuten die ich auch persönlich sehr schätze. Und die in 2010 dann "plötzlich" sehr grosse Probleme bekamen und eben die in einer Blase furchtbar teuer gekauften Appartments am Mittelmeer eben nicht mehr losbekamen.

Das tat mir leid für die Leute und ich gönne jedem sein privates Glück und dass es da Spanien gerade die letzten Jahre besonders schwer hatte ist unbestritten.

Deshalb möchte ich trotzdem nicht den nächsten Schritt ins tiefe Wasser der Gemeinschaftsschulden gehen, nichts für ungut.

Geht doch. Auf der Ebene lässt sich diskutieren. Bei Begriffen wie "Party" und "Schulden finanzieren" reagiere ich kurz angebunden. Was die Immobilienblase in Spanien angeht, da besteht ja Einigkeit. Wobei die eben nicht finanzpolitisch angetrieben war, was die niedrigere Schuldenquote dann erklärt.
Das der Euro weitestgehend politisch motiviert war, ist auch klar. Seitdem geht man da seit vielen Jahren einen schmalen Grat. Mit Fort- und auch Rückschritten. Durch den Euro wurde ja noch einmal zusätzlich der innereuropäische Handel angetrieben. Wovon viele profitierten. Und es gab Strukturreformen in vielen Ländern. In Spanien ist die Produktivität gestiegen und man hat Leistungsbilanzüberschüsse erzielt.
Und die Integration wurde vorangetrieben. Gerade der Wirtschaftsraum Deutschland ist komplett verflochten mit dem europäischen. Ich bezweifle, dass man den separat davon mittlerweile betrachten kann. So wie einige Länder mehr oder weniger von der deutschen Produktion abhängig sind, dies sich aber auch nicht eingestehen wollen.
Was die Gemeinschaftsschulden angeht: Ich finde das zum Teile eine scheinheilige Debatte. Man hat, weil man sich politisch nie darauf einigen konnte, das Thema an die EZB delegiert. Die sorgte dafür, dass die Zinsen konstant blieben. Wovon auch Deutschland profitierte, da sie gezwungen war, in gleichem Maße Anleihen aufzukaufen. Ohne diese Anleihekäufe sähe die Sache aber noch einmal ganz anders aus.
Aber ja, am Ende ist das eine politische Frage. Ohne diese Instrumente wären die Fliehkräfte noch viel größer. Und man muss sich dann die Frage stellen, will man mehr Integration - mit den Vor- und den Nachteilen, oder weniger. Gleichviel wird es nicht geben, wenn man jetzt nicht handelt, wird die EU Schaden nehmen. Wie man das Kind dann nennt und ob man es innerhalb des ESM macht oder nicht, ist mir am Ende egal.


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