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Im Westen nichts neues (Corona)

Jurist81, Dienstag, 25.08.2020, 09:52 (vor 1949 Tagen) @ Thomas

Vorab: Ja, das Schulministerium im NRW und insbesondere die Ministerin geben ein desaströses Bild ab. Einige der bemängelten Punkte (bspw. Nichtumsetzbarkeit des Erlasses in Folge zugeschweißter Fenster) müssen antizipiert werden und dort müssen Lösungen vorbereitet werden, so dass das Konzept einheitlich vollständig umgesetzt werden kann.

Nun aber zum großen, ja übergroßen "Aber": Wir erleben das, was wir seit jahrzehnten in der Schulpolitik in sämtlichen Ländern erleben. Da wird "Schwarzer Peter" gespielt und man versucht sich rechtzeitig in Position zu bringen, damit die Versäumnisse bloß nicht einem selbst, bzw. der eigenen Gruppe zugeschoben werden.

Nichts anderes sehen wir hier in dem "Brandbrief": Da werden Einzelumstände (zugeschweißte Fenster) vermengt mit strukturellen Defiziten ("zu wenig Reinigungspersonal") und organisatorischen Überforderungen ("Lehrereinsatz") und das Ganze garniert mit einer öffentlichkeitswirksamen Lancierung dieses Pamphlets in den Medien. Wenn es um die Sache ginge, würde man wohl einen anderen Weg wählen.

Aber was können wir von den Lehrern, bzw. in diesem Fall den Schulleitern anderes erwarten? In diesem System sind sie groß geworden und können gar nichts anderes als in ihren gewohnten Muster zu agieren. Selbst wenn individuelle Schulleiter (und davon gibt es Viele, ebenso wie von den motivierten und tüchtigen Lehrern) pragmatisch mit den Widrigkeiten umgehen und die Hindernisse überwinden wollen, gibt es halt immer noch einen Haufen von Agitatoren, die meinen, hier eine Auseinandersetzung führen zu müssen und das Thema aufzuladen.

Letzteren Gruppe verdankt die Lehrerschaft in Deutschland aus meiner Sicht zweierlei: Ein enorm starke Lobby und einhergehend unfassbar gute Arbeitsbedingungen. Volles Lob meinerseits für das Erreichen dieser Umstände. Zugleich erreicht diese Gruppierung diese Singulärinteressen zu Lasten der Allgemeinheit. Die absurd hohe Vergütung für Lehrer im Vergleich zu Richtern, die (in meinem Freundeskreis, wie überall sonst) laut beschrieene Arbeitsbelastung einhergehend mit geringer tatsächlicher zeitlicher Arbeitsbelastung, die sehr einfachen Zugangsmöglichkeiten zu dem Beruf machen Lehrer aus volkswirtschaftlicher Betrachtung zu einer Belastung des Staates, die durch die gebotene Qualität nicht aufgewogen wird. Was will ich sagen? Wer wie ein Topleistungsträger bezahlt werden will, sollte auch entsprechende Leistungen bringen. Und das tun Lehrer im Durchschnitt im internationalen Vergleich nicht. Jetzt kommt wieder das "Schwarze Peter"-Spiel: Das ist alles die Politik schuld. Ja, absolut. Die trägt etwas dazu bei. Aber wenn ein Spiel verloren geht, dann liegt es sehr viel häufiger an den Spielern als am Trainer.

Hier die Fakten: Lehramtsstudienfächer haben in der Vergangenheit meist keinen NC gehabt. Die schlechtesten Schüler konnten Lehrer werden. Die Lehramtsstudiengänge haben keine besonderen Herausforderungen, die Durchfallquoten im Examen sind extrem niedrig, es gibt keine Bestenauswahl bei der Einstellung. Gleichwohl erhalten Gymnasiallehrer mit A13 als Einstieg das gleiche Einstiegsgehalt wie Richter. Was ist bei diesen anders? Für Jura galt in der Vergangenheit meist ein NC. Das Jurastudium hat eine hohe Abbrecherquote. Die Durchfallquote im Staatsexamen ist bei Jura im Schnitt ca. 15-30mal so hoch wie beim Lehramtsexamen. Als Richter werden nur die Notenbesten (gesetztliches Minimum 8,00 Punkte, erreichen im Schnitt nur ca. 20% der Absolventen) eingestellt.

Die Anforderungen an den Richterberuf sind mithin deutlich höher als an den Lehrerberuf. Trotzdem werden beide gleich bezahlt. Ich kenne übrigens keinen einzigen Staat auf der Welt, der das ebenso handhabt. Arbeitsbelastung (zeitlich, die psychische ist der subjektiv und ich maße mir nicht an zu beurteilen, ob es schlimmer ist 6 Stunden am Tag nervende Kinder zu ertragen oder sich bspw. 8h am Sitzungstag - der meist nur einmal oder zweimal die Woche stattfindet - mit den schlimmsten dieser Kindern auseinandersetzen zu müssen, um sie nach Jugendrecht zu verurteilen) ist bei den Lehrer, selbst wenn man einen ähnlich langen Arbeitstag unterstellen würde, was sich nicht einmal im Ansatz mit meinen Erfahrungen deckt, allein durch den Umfang der Schulferien bei Lehrern deutlich geringer.

Zum Lehramt befähigte Personen sind also ein weniger exklusiveres Arbeitsmaterial als zum Richteramt befähigte Personen, arbeiten nicht mehr als Richter und im Schnitt nicht besser. Hinzu kommt: Zum Richteramt befähigte Personen können in der Privatwirtschaft ein Vielfaches dessen verdienen, was sie als Richter verdienen. Lehrer haben diese Alternative zumeist nicht.

Nicht falsch verstehen, ich will nicht die Gehälter der Richter anheben - auch wenn das meiner Frau und damit mir zu Gute käme. Die Gehälter der Lehrer sind nur maßlos überzogen in Deutschland. Leider fehlt in Ansehung der starken Lehrerlobby der Wille dieses Thema anzugehen.


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