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Sergej W. gesteht Tat (BVB)

Kulibi77, Dienstag, 09.01.2018, 21:55 (vor 2909 Tagen) @ Wallone
bearbeitet von Kulibi77, Dienstag, 09.01.2018, 21:59

Und du rührst jetzt leider auch verschiedene Dinge zusammen, die so einfach nicht zusammen gehören. Z.B. die Verdachtskündigung im Arbeitsrecht.

Doch. Ist dasselbe Prinzip. Die Freiheit der Information und die Meinungsfreiheit rechtfertigen ganz reale Konsequenzen in deinem Leben, selbst wenn sie nur auf einem Verdacht beruhen. Ist dasselbe Prinzip. Diese grundsätzliche Freiheit einzuschränken bedarf einer guten Begründung.

Und ich habe auch nicht gesagt, dass das Strafrecht dem Angeklagten dient. Die Rede war vom allgemeinen Sinn und beabsichtigten Zweck des Öffentlichkeitsgrundsatzes im Strafprozessrecht. Und das ist nun mal die Kontrolle der Justiz und keine "schuldangemessene" soziale Ächtung und Stigmatisierung des Angeklagten, die weder so ohne weiteres rückgängig gemacht werden kann, noch steuerbar ist.

Es ist auch nicht die Aufgabe des Staates diese soziale Funktion einer jeden Gruppe oder Gesellschaft von Menschen zu steuern. Deswegen ist es auch erlaubt die Namen von Straftätern zu berichten.

Es gibt ja überführte und rechtskräftig verurteilte Straftäter, die kaum stigmatisiert sind (und das hängt keineswegs immer mit der Geringfügigkeit ihrer Taten zusammen). Und es gibt rechtskräftig Freigesprochene, die ein Leben lang unter den Folgen des Strafverfahrens leiden.

Das stimmt (leider). Ist die Frage ob das ein Argument zur Einschränkung der Pressefreiheit und Meinungsfreiheit ist. Das Bundesverfassungsgericht sieht das nicht so.

Das sind die faktischen Folgen, es ist aber nicht der Sinn und Zweck des Öffentlichkeitsprinzips im Strafverfahren.

Es gibt eine ganze Reihe von Argumenten und "Denkschulen" rund um das Öffentlichkeitsprinzip. Eine genaue "Begründung" gibt es nicht, aber es ist allgemein anerkannt dass das Öffentlichkeitsprinzip ein wesentlicher Bestandteil eines rechtsstaatlichen Verfahren ist. In den letzten Jahrzehnten haben Denkschulen dominiert die eine Resozialisierung des Täters in der Sicht haben. Prinzipiell habe ich da auch nichts dagegen. Ich denke die aktuelle Auslegung von Seiten der Verfassungsrichter ist sehr klug und ausgewogen. Nun kann man die soziale Ächtung als unerwünschte, aber tolerierte oder als erwünschte Folge ansehen. Wie auch immer der Ausgangsgedanke dabei ist: Die soziale Ächtung ist Realität und trotz der unerwünschten oder gewünschten Folgen hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder die Meinungs- und Pressefreiheit zum Vorteil gegen das Persönlichkeitsrecht des Täters abgewogen. Und dabei immer wieder auf das legitime Interesse der Öffentlichkeit und der Presse verwiesen. Das muss man nicht mit "sozialer Ächtung" gleichsetzen, aber i.E. läuft es darauf hinaus bei einer Berichterstattung inkl. Namen. Und auch die Verfassungsrichter selbst haben in ihren Urteilen darauf verwiesen dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht kein Schutzrecht vor sozialer Ächtung ist. Wenn diese soziale Ächtung eine unerwünschte Folge des Strafrechts ist, dann müsste man entweder das Verfahren grundlegend ändern oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht dahingehend ändern. Beides will keiner und macht keiner. Also ist die soziale Ächtung und Stigmatisierung wohl durchaus mind. eine tolerierte, aber in meinen Augen durchaus erwünschte Wirkung der Öffentlichkeit. Ansonsten hätte man dutzendfach Gelegenheit gehabt anders zu urteilen.


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