schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
A- A+
schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
Startseite | FAQ | schwatzgelb.de unterstützen
Login | Registrieren

Angst vor Verlust von Wohlstand (Sonstiges)

HoschUn, Ort, Samstag, 02.11.2019, 00:50 (vor 1631 Tagen) @ Hatebreed

Ist Rassismus bei uns tatsächlich verbreiteter als in anderen Ländern? Mein Eindruck, wenn ich verreise und Nachrichten verfolge, ist nämlich eher der, dass wir in Deutschland zwar ein Problem mit Rechten haben, aber das in den meisten Ländern eher noch verbreiteter ist. Man sollte das ganze also auch eher global betrachten.


Ich denke, dass es in all den Ländern, wo Rechtspopulismus/-extremismus auf dem Vormarsch ist (wo eigentlich nicht in Europa?), die Angst vor dem Verlust von Wohlstand ist.
Der durchschnittliche AFD Wähler ist in Arbeit und verdient ein durchschnittliches Einkommen.
Meiner Meinung nach könnte das pure Angst sein in Zeiten von Turbokapitalismus, Verlagerung von Arbeitsplätzen / Outsourcing, extrem schneller Wandel / Verlust von bisher bewährt gut funktionierenden Geschäftsmodellen, Digitalisierung, unverhältnismäßige Verteilung von Geld / Reichtum, Klimawandel etc, dass man den "Status Quo" nicht halten kann.
Mein Ansatz wäre also: Wie kann man den Leuten die Angst nehmen?

Diese Ängste sind doch nichts neues. Es sind jahrzehntelange von der Politik gefütterte Erfahrungen einer gefühlten Machtlosigkeit. Die Wahrnehmung ist doch, dass Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr dem politischen Primat bzw. dem vox populi unterliegen, sondern immer wieder irgendwelche nicht greifbaren Kräften ausgeliefert ist. Diese Erfahrung hat doch besonders den Osten seit der Wende geprägt. Keine wesentliche wirtschaftspolitische Richtungsentscheidung seit der Wende hatte auch nur annähernd Zustimmung im Osten. Das kam alles wie aus Zauberhand und von anderen debattiert, bestimmt und festgelegt. Der Liberalisierungsfetisch der späten 90er, die Hartz-Reformen, der Banken-Bailout während der Weltwirtschaftskrise, die Griechenland-Rettung und zu guter Letzt die Flüchtlingskrise. Und zu diesem Zeitpunkt haben sich zwei unterschwellige gesellschaftliche Strömungen miteinander verbunden: Die Sehnsucht nach einem starken Primat der Politik und die sowieso schon immer vorhandenen fremdenfeindliche Einstellungen. Und die unheilvolle Verschmelzung dieser beiden Strömungen wird man auch nicht mehr so einfach wieder auseinanderdividieren können. Dazu reicht es eben nicht den Leuten ihre "Ängste" zu nehmen. Die sind mehr oder weniger schon immer vorhanden. Und über jahrzehntelange negative Erfahrungen verfestigt, ganz besonders im Osten. Es geht um die Wahrnehmung wie und ob ein Staat handlungsfähig ist und wieviel Gestaltungsraum sich Politik nimmt. Aber das ist eine Frage der Perzeption und damit am Ende Emotion und nicht nur reine Sachpolitik. Daher auch die Abneigung gegenüber der EU in diesem Wählermilieu.

Wenn du die Leute wieder von der AfD zurückholen möchtest, die nicht zum harten rechtsradikalen Wählerkern gehören, dann wird es wohl eher Symbolpolitik brauchen, die eine starke und gestalterische Politik demonstrieren. Die wichtigste rechte Vokabel der letzten Jahre war der "Kontrollverlust". Und das nicht nur in der AfD. Diese Leute haben Sehnsucht nach einem starken Staat und einem unbedingten Primaten der Politik, der im Zweifel auch Entscheidungen emotional trifft statt immer nur aus Sachzwängen und guten Gründen heraus. Solange nicht dieses diffuse Gefühl bedient wird und dem Gefühl der Machtlosigkeit ein Gefühl der Machtfülle entgegengestellt wird, solange wird auch die AfD erfolgreich bleiben (im Osten).


Antworten auf diesen Eintrag:



gesamter Thread:


1230264 Einträge in 13655 Threads, 13771 registrierte Benutzer Forumszeit: 20.04.2024, 03:46
RSS Einträge  RSS Threads | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Forumsregeln