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Queere deutsche Person an Ungarn ausgeliefert - trotz Veto des BVerfG (Politik)

Pfostentreffer, Donnerstag, 04.07.2024, 11:08 (vor 535 Tagen) @ Foreveralone

Und wir hatten das schon mal: Nazis sind keine Menschen, gell?


Wenn man das so sieht,sollte man sich dicke Krokodilstränen über die angebliche oder tatsächliche Unrechtmäßigkeit der Auslieferung sparen.

Grundrechte,Rechtsstaat und so. Ihr wisst schon.

So ist es und es führt in ein Dilemma:

Nazis haben die gleichen Grundreche wie alle anderen, sprechen den meisten der anderen aber wiederum diese Grundrechte ab und nehmen sie ihnen auch eiskalt, sobald sie die Gelegenheit haben. Da Nazi Fans das aber erwarten, hat es bspw. auch keinen negativen Einfluss auf die Wahlergebnisse, wenn die Nazis anderen die Grundrechte absprechen. Umgekehrt aber schon. Auch ist nicht immer so klar, wer und was heute eigentlich ein Nazi ist.

Zudem möchte ich an die Holocaust-Überlebende Esther Beranjo erinnern: "Wer gegen die Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen".

Wer Vergangenheit und Gegenwart betrachtet, sieht, dass sie leider absolut richtig liegt. Und wir sehen allein in unserem Land, dass diese Aussage laufend bestätigt wird. In anderen Ländern ebenfalls, vor allem, wenn die Nazis bereits in wichtigen Positionen sitzen.

Das Dilemma ist also: Wenn der Staat beim Kampf nicht verlässlich ist (und im Gegenteil manchmal die Nazis nicht nur einfach machen lässt, sondern bewusst oder unbewusst unterstützt bzw. deren Gegner besonders hart angeht), wie geht man damit um? Besonders, wenn man von diesen Nazis bedroht wird, was vielen Menschen so geht. Das verursacht riesige Ohnmacht und Wut. Ohne den Fall im Detail zu kennen halte ich es für Wahrscheinlich, dass die Täterin diese Ohnmacht sehr stark gefühlt und wahrscheinlich auch praktisch live erlebt hat. Nicht nur hier, in Ungarn sitzen die Nazis schliesslich gleich in der Regierung. Seit über einem Jahrzehnt.

Auf der anderen Seite ist Entmenschlichung ein ziemlich grosser Schritt zur vollständigen Radikalisierung und Gewalt durch und gegen Privatpersonen eben kein akzeptables Mittel der Demokratie (ebenfalls zurecht und aus guten Gründen). Wie gesagt, ein Dilemma und wie so oft können sehen wir die langfristigen Effekte nicht absehen.

Es fühlt sich vielleicht gerade in dem Moment richtig an, Nazis zu verprügeln, aber daraus können völlig unabsehbare Effekte entstehen, die wir heute noch gar nicht auf dem Schirm haben (gegeninitiative der Nazis, Normalisierung von Gewalt im politischen Diskurs etc.) Andererseits besteht sonst die Gefahr, dass sie immer mehr Raum einnehmen, was wir ja aktuell deutlich sehen und das Nazi-Virus der Diskriminierung und Ungleichheit verbreitet sich rasend weiter (wie viele schon angesprochen haben, selbst in diesem Forum). Das führt mittel- und langfristig zu noch stärkeren Grundrechtseinschränkungen für deutlich mehr Personen als nur die Nazis. Man könnte also auch argumentieren, dass die Grundrechte der Nazis zu missachten langfristig Grundrechte schützt.

Wie gesagt: Schwierige Kiste.


Warum eigentlich nur die Fokussierung auf Nazis?

Gibt ja noch andere Fanatiker und Menschenhasser, die man in diese Kategorie einordnen kann? Ach ne, Islamisten sind ja was gaaanz anderes..

Und wann ist ein Nazi so Nazi, dass man ihn zu Brei schlagen darf?
Wenn er gewalttätig wird, oder wenn er "nur" dessen Mindset besitzt? Wenn es nach manch einem hier geht, dann würde man wahrscheinlich auch am liebsten 15% der Bevölkerung in ein Gulag packen.

Haltet Euch einfach an die Devise besser als diese Wichser zu sein, indem ihr deren körperliche Unversehrtheit anerkennt, wenn es sich nicht gerade um Notwehr handelt.

Wenn Islamisten und Nazis für dich was ganz anderes sind, ist das für mich ehrlicherweise schwer nachzuvollziehen. Falls du es mir unterstellst, noch mehr. Für mich sind Islamisten und Nazis ziemlich deckungsgleich, beides sind Rechtsextremisten. Hätte ich klarer machen können, gebe ich Dir recht, aber in dem Strang ging es nun mal um Nazis und dementsprechend habe ich die anderen nicht zusätzlich erwähnt. Macht es ja auch nicht unkomplizierter.

Ansonsten empfehle ich Dir, meinen Beitrag noch einmal zu lesen, denn ich schreibe eigentlich das gleiche wie du. Und vermute, dass die Täterin sich gefühlt in einer Notwehrsituation befunden hat. Die Diskussion die wir beide nach unseren Beiträgen eigentlich führen müssten: Wo beginnt die legitime Notwehr - auch gegen die Rechtsextremismus unterstützenden Strukturen - und wo hört sie auf? Was können wir dagegen tun, dass zumindest die unterstützenden Strukturen beseitigt werden?

Aber das wäre ja tatsächlich so etwas wie eine sinnvolle Diskussion mit Argumenten anstatt Unterstellungen...

Die Frage kann ich zumindest nicht genau beantworten, deswegen wäre die Diskussion nett gewesen. Darf ich Nazis oder Islamisten (einigen wir uns doch auf Rechtsradikale, dass sind beide) physisch attackieren, wenn ich glaube, die Gefahr durch sie für mein Umfeld oder Unschuldige ist lebensgefährlich und der Staat unternimmt nichts dagegen, sondern stützt das auch noch?

Wenn dem so wäre, könnte ich morgen loslaufen und Rechtsradikale verprügeln. Gewalt erzeugt aber Gegengewalt. Scheint also nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein, sondern ein sicherer Pfad Richtung Selbstjustiz und damit Verdamnis für jedes demokratische System. Das interessiert Rechtsradikale aber nicht, die ziehen ihre Gewalt weiter durch. Also wo liegt die Grenze, ab der man sich wehren muss / darf? Wir können auch nicht von den friedlichen Bürgen verlangen, sich reihenweise von Rechtsradikalen angreifen, killen oder einschüchtern zu lassen. Dann das ist auch Teil der Realität: Das ist in Ungarn längst Normalität, wie auch in Gegenden von Deutschland bereits, von den rechtsextremen Taliban in Afghanistan bspw. mal ganz zu schweigen. Du selber würdest doch Leute feiern, wenn sie gewalttätig gegen die Taliban vorgehen und damit vielleicht kleine Mädchen retten, oder nicht? Bei Nazis wiederum sagst du nein, das geht nicht, weil Rechtsstaat usw.? Das wäre ebenfalls inkonsequent (nicht als Vorwurf, sondern nur zum aufzeigen).

Solche Taten wie von der Frau in diesem Fall gibt es fast täglich von Rechtsextremisten in Deutschland. Das wird aber längst als normal wahrgenommen und die Fälle so gut wie gar nicht in der Öffentlichkeit diskutiert, während alles, was auch nur im entferntesten Linke Gewalt sein könnte, lang und breit diskutiert wird.

Wie gesagt. So leicht als das man es mit einem Zweizeiler klären könnte, ist es leider nicht.


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