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Interessante Einschätzung (Sonstiges)

FourrierTrans, Dortmund, Montag, 07.06.2021, 21:40 (vor 1025 Tagen) @ markus
bearbeitet von FourrierTrans, Montag, 07.06.2021, 21:46

Ich denke aber, dass die o.g. Themen auch nur "so hohe Wellen" schlagen, weil die Probleme viel tiefer liegen und sich diesen niemand annimmt.
Die ganze ehemalige "working class", die sich in den 60er-80er/90er Jahren, durch einfache aber harte Arbeit einen steigenden Wohlstand leisten konnte, ist doch komplett weggebrochen und zu einer völlig perspektivlosen Armutsschicht verkommen.


Definitiv. Das lag aber nicht daran, dass die Firmenchefs alle viel gnädiger waren, sondern daran, dass die Gewerkschaften eine sehr große Macht hatten und über viele Jahrzehnte deutliche Verbesserungen durchsetzen konnten. Mit dem Slogan „Samstag gehört Papa mir“ hat man in den 50er Jahren die 5-Tage Woche erzwingen können. Man konnte gute Tarifabschlüsse durchsetzen, hat Sonderleistungen und mehr Urlaubstage erzwingen können, einige Branchen (vorrangig IG Metall) haben noch heute die 35 Stundenwoche. Die Menschen, insbesondere die jüngeren Generationen, sind irgendwann individueller geworden, traten aus den Gewerkschaften aus, die dann nach und nach an Durchsetzungskraft verloren. Was dann ab den 90er Jahren dazu führte, dass die ersten Unternehmen aus der Tarifbindung ausgestiegen sind und das Rad wieder ein Stück zurückgedreht haben. Heute arbeiten viele Menschen wieder 40 Stunden und das oft zu beschissenen Konditionen. Auch Weihnachtsgeld ist seltener geworden und wenn dann oft deutlich weniger als ein Gehalt.

Der Gesetzgeber ist an der Stelle leider nicht gefragt. Der kann eine Untergrenze festlegen, aber alles darüber hinaus entscheiden ganz allein die Tarifpartner. Das ist im Grundgesetz so verankert und nennt sich Tarifautonomie. Da darf sich der Gesetzgeber gar nicht einmischen. Leider gibt es auch eine negative Koalitionsfreiheit. Wenn ein Unternehmen nicht möchte, muss es keine Verhandlungen mit der Gewerkschaft führen. Die betroffenen Arbeitnehmer haben allerdings das Recht, notfalls über einen Streik den Arbeitgeber zu einem Tarifabschluss zu zwingen. Aber hier schließt sich dann der Kreis: Streiken können nur Gewerkschaftsmitglieder und die werden weniger. Dann hat der Unternehmer leider das Recht, die Löhne nach dem Prinzip Angebot und Nachfrage festzulegen.

Ja, das stimmt. Würde ich so unterstreichen.
Und was noch hinzukommt, für die "einfache Arbeit" brauchte man damals eben schlichtweg raue Mengen an Arbeitern. Sonst wäre das ganze Flaggschiff "Konsum" nicht von der Stelle gekommen. In der Form braucht man das nicht mehr, "echte", "mechanisch harte" Jobs. Automatisiert ohne Ende, vieles durch IT gesteuert.
Was grenzenlos gestiegen ist, ist die "Dienstleistungsbranche". Selbst die verbliebenen "Werkerjobs" sind größtenteils durch Dienstleiter abgedeckt. Da kannst du quer durch die ganze deutsche Autobranche gehen, vom OEM bis zum Top-Supplier. Die "Alten" mid-50er haben noch Konzernverträge, die jüngeren werden als Dienstleistungs-Wanderhorde eingestellt. Sogar teilweise schon in den Ingenieurjobs. Was denen bleibt ist eine schlechte Bezahlung, keine Zukunftsplanung, keine gewerkschaftliche gebundene Sicherheit. In den Statistiken sieht man das nicht, die sind alle "in Lohn und Brot". (Und der Erste, der da den Stein wirft ("Lass mal ne Gewerkschaft gründen"), wird als Märtyrer "sterben"). Aber zu welchen Bedingungen? Und dann wundert man sich über die raising AfD und macht noch den Fingerzeig, wenn jemand dieser Menschen mit dem Gendern nichts anfangen kann?

Ob da der Gesetzgeber gefragt ist oder nicht, möchte ich so nicht beurteilen. Wenn wir so weitermachen, werden wir verstärkt anti-demokratische Tendenzen sehen.


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