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ostdeutsches Demokratiedefizit (Sonstiges)

pactum Trotmundense, Syburg, Sonntag, 06.06.2021, 12:02 (vor 1026 Tagen) @ Taino

Leider wird sich die AfD wohl wieder ein deutliches 20%+ Ergebnis sichern können und damit dieses eigentlich sehr schöne Bundesland weiter in Verruf bringen.

Das Problem ist, dass in Ostdeutschland nur 42% der Menschen ein geschlossen demokratisches Weltbild haben. Zum Vergleich: in Westdeutschland sind es 77%. Anders herum formuliert: 58% der Ostdeutschen lehnen die Demokratie zumindest in Teilen ab. Das ist das Ergebnis einer Forschungsarbeit aus 2018. (Hier eine Quelle zu einem Teilaspekt der Arbeit.)

Das Problem ist bekannt, aber tabuisiert. Wer es anspricht, so wie neulich der sogenannte Ostbeauftragte der Bundesregierung Herr Wanderwitz, wird von der Linkspartei in ihrer Funktion als oberste Ost-Lobbyisten und natürlich von Ostdeutschen selbst öffentlich gesteinigt. Verändern kann sich nur etwas, wenn man endlich das Tabu durchbricht und offen angeht, dass wir in Ostdeutschland ein strukturelles Problem haben. So wie in Westdeutschland unsere Eltern, bei einigen auch schon Großeltern, in den 60ern und 70ern das Tabu durchbrochen haben und sagten: JA, WIR haben ein flächendeckendes Problem in den Köpfen der Gesellschaft.

Allein schon der Whataboutism-Reflex, der immer kommt und man dann auf den Westen zeigt, wo es an einigen Stellen auch Probleme mit Nazis gibt. Stimmt. Hier in Dortmund haben wir leider eine solche Hochburg für Nazi-Umtriebe in Wetsdeutschland, wenn nicht sogar DIE Hochburg in Westdeutschland. Nur, dass Dortmund eine Stadt von 590.000 Einwohnern, Ostdeutschland ein Gebiet mit 13.900.000 Einwohnern ist. Selbst WENN in Dortmund 20% der Einwohner Nazis wären, ist das eine deutlich geringere Zahl, als wenn in Ostdeutschland NUR 5% Nazis wären. De facto kommt die NSAfD bei Wahlen in Westdeutschland im Schnitt auf 7%, was schon extrem indiskutabel ist, in Ostdeutschland im Schnitt auf 24%, was mal eben knapp ein Viertel der ostdeutschen Wähler ist. Wenn man jetzt noch die Splitterparteien NPD, Rechte, III. Weg dazu rechnen, sind wir in Westdeutschland bei 7,4% Naziwähler gegenüber 27% in Ostdeutschland.

Es ist auch absolut müßig darüber zu diskutieren was der Grund ist. Ostlobbyisten wie die Linkspartei reden dann gerne davon, dass der Osten vom bösen Westen über die Treuhand ausgeplündert wurde, was wirtschaftshistorisch längst widerlegt ist oder der Osten ganz böse strukturschwach sei, was mit Blick auf die Arbeitslosenzahlen nach Bundesländern einfach ins Reich der Mythen verwiesen werden kann. Allein Nordrhein-Westfalen hat schon MEHR Arbeitslose als Gesamt-Ostdeutschland und sind wir hier bei flächendeckend 25% Nazis?

Ich befürchte, dass sich so schnell daran nichts ändern wird, denn man kann in Ostdeutschland Nazi sein und kriegt dafür noch Verständnis, weil man es ja sooooo schwer hat und überhaupt im Westen hat man auch schon mal welche gesehen. So lange die Gesellschaft Ausreden zulässt, so lange existiert keine Not sich selbst zu reflektieren. Leider brauchen wir Selbstreflektion, wenn wir uns ändern wollen. Aber in naher Zukunft ist das nicht zu erwarten. Nicht so lange pawlowsche Reflexe und Tabus eine Diskussion auslösen, anstatt den nüchternen Fakt einfach mal zu akzeptieren und dann zu überlegen wie man diesen Fakt ändern kann.


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