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Ratlos (BVB)

fanatiC, Mittwoch, 20.01.2021, 10:20 (vor 1193 Tagen) @ CHS
bearbeitet von fanatiC, Mittwoch, 20.01.2021, 10:25

Ich muss zugeben, nach dem Sieg gegen RB und der ersten HZ gegen Mainz war ich leicht optimistisch, was den Verlauf der Dinge angeht. Und es blitzen in den letzten Wochen immer wieder positive Veränderungen zur Favre-Zeit auf (Gegenpressing-Situationen, hoher Druck auf den Gegner, schnellere vertikalere Auslösemomente, höhere Passschärfe). Das Problem: Wir erkaufen uns diese kleinen Glanzmomente sehr teuer – der Rest hat sich nämlich aus meiner Sicht fundamental verschlechtert. Unser Positionsspiel ist noch mieser als vorher, die Raumaufteilung offensiv wie defensiv funktioniert zu häufig überhaupt nicht mehr und gefühlte 50% aller noch so gammligen Umschaltsituationen des Gegners bringen uns sofort richtig ins Taumeln.

Ja, Terzic hatte keine richtige Vorbereitung. Ja, sicherlich gab es auch Dinge, die sich insbesondere in den letzten Monaten unter Lucien Favre zum Unguten entwickelt haben. Ja, die Gesamtsituation in dieser Corona-Saison ist einfach schwierig. ABER: Das wusste man alles auch vorher und hat trotzdem einen Trainer entlassen, der sicherlich nicht nur bei großen Teilen der Anhängerschaft wegen seines Spielstils skeptisch gesehen wurde, der aber eben auch mit einer sehr auf Kontrolle fokussierten Grundausrichtung über 2,5 Jahre einen relativ zuverlässigen Income in Aussicht stellen konnte.

Jetzt soll das Ganze überhaupt nicht gegen Edin Terzic gehen. Ich finde es grundsätzlich gut, dass er das macht – allein auch, weil ich für ein bisschen Fußballromantik und Lokalkolorit halt immer noch zu haben bin und weil sein bisheriger Karriereweg durchaus vielversprechend klingt –, aber wir laufen gerade ernsthaft Gefahr, selbst unser in diesen Zeiten besonders wichtiges Minimalziel (CL erreichen) zu verpassen. Ich frage mich deshalb schon, ob er dieser Aufgabe gewachsen ist, die aus meiner Sicht aktuell kaum schwieriger sein könnte.

Aber damit komme ich gleichzeitig auch zu dem Punkt, der mich wirklich ratlos macht: Ich kann ihn bis auf eine gewisse diffuse Gefühlslage nicht klar verorten, aber irgendwie scheint nicht nur in der Mannschaft, sondern auch im Verein seit längerer Zeit der Wurm drin zu sein. Damit meine ich nicht nur die immer wieder auftauchenden Berichte über Kabinen-Grüppchenbildungen verschiedenster Art, sondern eine allgemeine Grundhaltung. Dieses "Wir hatten sie doch"-Gehader von Hummels gestern Abend ist sinnbildlich für dieses Mindset: EIGENTLICH sind wir doch Bayern-Jäger Nummer 1, EIGENTLICH wären wir doch jetzt auch mal wieder dran nach so vielen zweiten Plätzen, EIGENTLICH sind wir doch Europe's hottest Club, EIGENTLICH kommt uns das Talent doch aus den Ohren raus, EIGENTLICH geben wir doch immer alles, EIGENTLICH müssten doch auch 99% gegen Mainz 05 reichen.

In den letzten Wochen wurde nicht gegeizt an mit Kampfansagen gespickten Interviews von Reus bis Reyna – aber fast immer, wenn es auf dem Feld ungemütlich wurde, kam das übliche Verantwortungspingpong. Ausnahme: Die erste Halbzeit in Leipzig, wo sich (fast) alle 11 Spieler spürbar dagegengelehnt und ihren Schöngeist mal für 45 Minuten zum Teufel geschickt haben. Das sah dann eben auch nicht schön aus, war aber entscheidend für den Ausgang dieses Spiels: Eine gemeinsame, geschlossene Haltung. Das hat mich im Nachgang fast mehr beeindruckt als das Fußballfeuerwerk danach.

Dann gegen Mainz kam wieder das EIGENTLICH: EIGENTLICH mussten wir doch schon 3:0 führen zur Pause. Und seitdem sind wir wieder in der alten Leier zwischen hohen Ansprüchen, großen Ankündigungen, verpassten Chancen, verfehlten Zielen und vermeintlichen Zwangsläufigkeiten gefangen. Und das zwar in unterschiedlichen Ausprägungen, aber grundsätzlich so ziemlich dauerhaft bei jedem Trainer seit Jürgen Klopp.

Meine wirren Fragen, nachdem wir in den letzten Jahren ja nun auf der Trainerposition verschiedenstes ausprobiert haben: Liegt das Problem in der Mannschaft – und wenn ja, wo? Auch da war ja viel Fluktuation. Liegt es also dann vielleicht eher an der Zusammenstellung der Mannschaft, also im Verantwortungsbereich des sportlichen Managements? Was ist bei diesem Problem die Rolle der Mitarbeiter außerhalb des Trainerstabs? Wie kann es sein, dass es seit Jahren ein offensichtliches Mismatch zwischen der Erwartungshaltung (extern wie intern) und dem sportlichen Resultat gibt? Wie kann es sein, dass dieses EIGENTLICH uns immer wieder vergiftet? Und kann ein Trainer, egal wie er heißt, dagegen überhaupt alleine etwas ausrichten?

Ich checks nicht.


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