schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
A- A+
schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
Startseite | FAQ | schwatzgelb.de unterstützen
Login | Registrieren

Kein gutes Zeichen für die Demokratie (Sonstiges)

November82, Stadt mit K, Montag, 21.11.2016, 16:26 (vor 3303 Tagen) @ Scherben

Dazu gab es mal ein schönes Dossier in der Zeit. Anfang letzten Jahres.

http://www.zeit.de/2015/06/mittelschicht-deutschland-einkommen-staat

Danke für den Link...ausgesprochen interessant. Unser "Grundproblem" in Deutschland ist die negative Weltsicht und das abhandenkommende Vertrauen in die zukünftige Entwicklung des Landes und der Menschheit insgesamt.

Es spricht sehr viel dafür, dass die Menschheit insbesondere dank der globalen Vernetzung und des ungeheuren Potenzials der weltweiten Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung den Weg zu einer nachhaltigeren Nutzung der Erde mit besserer globaler Verteilungsgerechtigkeit letztlich erfolgreich beschreiten wird. Die Bevölkerungsexplosion ist bereits gestoppt. Selbst in Afrika flacht die Kurve des Bevölkerungswachstums ab:

https://de.wikipedia.org/wiki/Weltbev%C3%B6lkerung

Das "Ernährungsproblem" ist schon jetzt ein reines Verteilungsproblem. Die Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft sind rasant und werden weiteres Bevölkerungswachstum aller Voraussicht nach überkompensieren.

http://www.bauernverband.de/12-jahrhundertvergleich

Die Entwicklung der Welt seit Beginn der Industrialisierung ist trotz aller Rückschläge (Kriege, Raubbau an Ressourcen) eine äußerst positive, um nicht zu sagen, geradezu märchenhaft im Vergleich zu den 1.300 vorangehenden Jahren.

Das große Defizit der Politik in den westlichen Staaten ist es jedoch, dass es nicht mehr gelingt, den Bürgern eine Utopie der Vereinigten Staaten der Welt im Sinne einer demokratischen, rechtsstaatlichen Föderation zu vermitteln. Stattdessen befindet man sich in einem zähen Abnutzungskampf mit der "früher war alles besser/wir gegen die"-Mentalität, der bei der nächsten Wirtschaftskrise schnell zu Lasten der reaktionären Sündenbocksucher verloren werden kann. Eine echte Gefahr für die Entwicklung der Welt ist die Kombination aus Besitzstandswahrung und Retro-Romantik auf der einen Seite und Exzessen der Marktwirtschaft zu Lasten der Verteilungsgerechtigkeit auf der anderen Seite. Die nationale Politik steht dieser Zwickmühle nahezu hilflos gegenüber, weil über Maßnahmen zur Bekämpfung der marktwirtschaftlichen Exzesse (insbesondere Finanzwirtschaft/Steuergerechtigkeit) keine weltweite Einigung erzielt werden kann (nicht einmal in der EU klappt das). Ohne eine nicht die Marktwirtschaft erdrosselnde Lösung der Umverteilungsfrage, die bislang niemand präsentieren konnte, wird es jedoch schwierig, die pessimistische, besitzstandswahrende Grundhaltung breiter Teile der westlichen Bevölkerung zu durchbrechen, und zwar gerade in der Mitte der Gesellschaft (und hier insbesondere in den Altersgruppen 50+, die mit ihrer Mehrheit der Wählerstimmen den nachwachsenden Generationen einen Bärendienst erweisen).

Es bedarf nicht eines "mehr" sondern eines "weniger" an Tribalismus und Protektionismus, doch dies ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen nur mit einer Politik der kleinen Schritte möglich, die äußerst schwierig zu vermitteln ist. Die Menschen bevorzugen einfache Lösungen für komplexe Situationen. Mehr als leichte Kurskorrekturen sind auf nationaler Ebene jedoch heute gar nicht mehr möglich. Daher ist eine ausgewogene Politik wenig "sexy". Viel griffiger ist ein "Scheiß komplexe Wirtschaft & Politik, scheiß Establishment, alles wird besser ohne „Euro / Migranten/ ???". Neuerdings reicht es offensichtlich gegen etwas zu sein, um Wahlen/Abstimmungen zu gewinnen, ohne sich überhaupt zum Tag danach konkret äußern zu müssen.

Vor diesem Hintergrund bin ich Frau Merkel sehr dankbar, dass sie sich noch einmal zur Verfügung stellt, selbst wenn ich mit ihrer Partei säußerst geringe Übereinstimmungen habe. Ihre Glaubwürdigkeit, Besonnenheit und Verlässlichkeit sind ein Faktor, die nur wenige Bundespolitiker so auf sich vereinen. Dies birgt die Chance, dass die Fliehkräfte zum „früher war alles besser“ ein wenig mehr gezähmt werden können und die AfD wenigstens unter 20% gehalten wird...


Antworten auf diesen Eintrag:



gesamter Thread:


1511070 Einträge in 16228 Threads, 14342 registrierte Benutzer Forumszeit: 07.12.2025, 15:26
RSS Einträge  RSS Threads | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Forumsregeln