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Neu auf schwatzgelb.de: Der BVB und das Tuchel-Dilemma (BVB)

Sascha, Dortmund, Freitag, 02.12.2016, 15:05 (vor 2721 Tagen) @ Redaktion schwatzgelb.de

Ich schreibe mal meine Sicht der Dinge hier auf, weil ich einige Aspekte ähnlich sehe, andere aber auch nicht so rigide.

Grundsätzlich ist Thomas Tuchel als Bundesligatrainer eine Person der Öffentlichkeit. Natürlich ist der Profifußball immer mehr bunte Kirmeswelt, was man nicht gut finden muss, aber als Akteur in dieser Welt gehört ein Mindestmaß an Öffentlichkeitsarbeit dazu. Ich weiß nicht was Tuchels Beweggründe sind, sich in der Öffentlichkeit so rar zu machen, oder warum Borussia ihn so abschirmt - oder auch beides - aber es funktioniert so einfach nicht. Es gehört mittlerweile einfach zum originären Aufgabengebiet eines Trainers im Profifußball, den Verein zu repräsentieren. Und das geht über Pressekonferenzen und ein paar Videointerviews auf der Vereinshomepage hinaus. Und wenn man das alles still und ohne Erklärung der Beweggründe macht, dann braucht sich wirklich niemand darüber zu wundern, wenn der Betreffende dann unnahbar und entrückt wirkt.

Andererseits ist es auch furchtbar schwer, bei der Bewertung nicht in die "Kloppfalle" zu tappen. Klopp war in dieser Hinsicht ganz und gar außergewöhnlich. Nicht allein seine Entertainerqualitäten, sondern vor allem die Gabe, einem ganzen komplexen Verein ein Gesicht, einen Charakter zu verpassen. Er sagte zum Ende, dass man nicht vergleichen sollte. Aber das ist für mich nur halbrichtig. Man sollte nicht mit ihm vergleichen. Ich glaube aber nicht, dass damals beispielsweise ein Lucien Favre, oder aktuell ein Roger Schmidt abseits von Pflichtveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern mehr Fankontakt haben als Tuchel jetzt. Oder dass man als "Ottonormalfan" mit ihnen einen wesentlich persönlichere Basis finden könnte als mit Thomas Tuchel. Der einzige BVB-Trainer, der mich emotional berührt hat, das war ein anderer Thomas. Der Doll. Und die emotionale Berührung bestand darin, dass ich mich regelmäßig tierisch darüber aufgeregt habe, was für einen unfassbaren Dünnschiss dieser Dummbolzen da von sich gibt.

Trainer sind für mich generell noch eine besondere Spezies im Profifußball, von denen ich gar nicht so viel Identifikation oder auch ein Einlassen auf den Verein erwarte. In der Regel hält sich jemand drei Jahre auf dem Posten. Wenn es gut läuft. Läuft es nicht gut, dann kann er auch ganz schnell zusammen mit den anderen neun Trainern, die noch ohne Anschlussbeschäftigung auf der HSV-Gehaltsliste stehen, regelmäßig 5-gegen-5 in der Halle kicken, weil er sehr viel Freizeit hat. Trainer wissen vermutlich im Inneren sehr genau, dass sie die Koffer nie wirklich in den Keller stellen sollten, weil es schon bald zu einem anderen Job gehen kann. Eventuell braucht man die emotionale Distanz auch einfach, um das gut zu verpacken und immer wieder die Kraft für einen Neuanfang zu finden.

Ich sehe in beiden Bereichen, also im Umgang mit Fans / der Öffentlichkeit, als auch im Dasein als "Vereinsmensch" Defizite. So wie Klopp ein positives Extrem ist, schlägt er teilweise ins negative aus. Aber trotzdem würde uns das vermutlich nicht so groß aufstoßen, wenn sein Vorgänger ein höchst durchschnittlicher Trainer gewesen wäre.

Zu guter Letzt sein Umgang mit Spielern: Finde ich furchtbar schwer einzuschätzen. In nahezu jedem Spielerinterview, in dem die Frage gestellt wird, warum es bei dem oder dem Verein nicht geklappt hat, antwortet der Kicker, dass er das auch nicht wisse und der Trainer mit ihm nicht geredet hat. Das ist natürlich ein Verhalten, dass sich kein Arbeitnehmer wünscht, aber anscheinend branchenüblich. Witzigerweise findet man gerade parallel in der Welt einen Artikel, in dem Mkhitaryan erklärt, wie sehr Tuchel ihn aufgebaut hat und als Mensch auf ihn zugegangen ist. Dafür verliert er über Klopp kein einziges positives Wort. Und -Achtung Küchenpsychologie- vielleicht hat Tuchel auch gerade diese Personalie Mkhitaryan noch weiter darin bestärkt, größtmögliche Distanz zu wahren. Wenn er eh schon nicht so gut darin ist, auf Menschen zuzugehen, dann dürfte das Verhalten des Armeniers ihn nicht eben ermuntert haben, ein offenerer Typ zu werden.


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