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Eine ausführliche Review (Sonstiges)

Kalkzilla, Waltrop, Mittwoch, 22.07.2020, 09:59 (vor 1364 Tagen) @ waltrock

Hallo zusammen,

Gibt es hier Ps4-Spieler, die dieses großartige Drama ebenfalls beendet haben?

Aus meiner Sicht ein absolut gelungenes Spiel. Wahnsinnig gut erzählte Geschichte. Atemberaubende Grafik, packende Kämpfe (Hunde!).

Von den Spielerkritiken wird es ja unsachlich sehr zerrissen. Wie fandet ihr es?

Die Grafik und allgemeine Präsentation ist fantastisch. Da gibt es nichts vergleichbares und das wird auch das Maximum des auf der PS4 möglichen darstellen. Allerdings macht Naughty Dog derart viele anderweitige Fehler, dass es unmöglich ist, diese auszublenden und sich komplett in der Welt und Story zu verlieren. Ab jetzt wird heftig gespoilert, also wer das Spiel noch vor sich hat, nicht weiterlesen.

Für mich persönlich gab es vier heftige Probleme innerhalb der Story, die mir das Spielerlebnis gehörig verhagelt haben:

1. Joels Tod!
Diesen sehe ich noch etwas zwiegespalten. Dass Joel vermutlich sterben wird, war wohl den meisten klar, die sich etwas mit TLOU auskennen. Für Ellie und den Spieler war Joel der einzige Charakter, dessen Tod genug Kraft hatte, um maximale Emotion herauszuholen. Dass dies allerdings in den ersten zwei Stunden des Spiels passiert und Joel sich dabei extrem dumm und "out-of-character" verhält, hinterlässt einen sehr faden Beigeschmack. Die große Stärke des ersten Teils war die Beziehung zwischen Joel und Ellie. Die Charakterzeichnung und Entwicklung habe ich in keinem anderen Spiel so intensiv erlebt. Wie sehr dieses Zusammenspiel zwischen den beiden Hauptcharakteren fehlt, merkt man vor allem in den wenigen, kurzen Rückblenden, die im Spiel vorkommen. Diese sind mit das Beste am gesamten Spielerlebnis und bringen auch sofort wieder das Gefühl vom ersten Teil zurück. Sich dieser Stärke zu berauben, indem man einen Hauptcharakter direkt zu beginn sterben lässt, kann man mutig finden, aber dann sollte man wenigstens eine gute Alternative in petto haben. Diese hat TLOU2 allerdings nicht. Die neuen Charaktere sind langweilig, ja fast schon unsympathisch. Die Lovestory zwischen Dina und Ellie packt mich in keiner Sekunde, ganz im Gegenteil: Dina ist ein verknallter Teenager, der sich in Lebensgefahr begibt, weil sie gerade "dieses eine Mädchen" gut findet. Eine Woche vorher war sie noch mit jemand anderem zusammen und begibt sich auf eine tödliche Reise, obwohl sie bereits vermutet, schwanger zu sein. Jesse hat so gut wie gar keine Charakterentwicklung spendiert bekommen. So fällt es schon sehr schwer, mit den neuen Charakteren mitzufühlen.

2. Abby als zweiter Hauptcharakter
Vorab: ich verstehe total, was die Intention von Naughty Dog hier war. Rache hat auch immer eine andere Seite, Abbys Gründe aufzeigen, Sie vermenschlichen, das ganze Bild zeigen etc. Das funktioniert aber aus einigen Gründen nicht!
Selbst wenn man die Folter und Hinrichtung von Joel außen vor lässt, was Fans des ersten Teils eigentlich kaum gelingen kann, ist Abbys Story zusammenhangloser Unsinn, der mit der eigentlichen Geschichte nicht viel zu tun hat. Es wird zwar der Grund genannt, warum sie hinter Joel her war, aber dies hat für sie keinerlei persönliche Auswirkungen. Sie hinterfragt kein einziges Mal, ob es richtig war, was sie getan hat. Sie bereut nichts. Joel hat sie gerettet und dennoch zögert sie keine Sekunde, als sie ihm den Schädel einschlägt. Sie beschäftigt sich keinen Moment lang mit der "anderen Seite", was absurd ist, weil man dem Spieler Abbys Seite der Geschichte hier aufzwingen will. Ihr Leben und ihr Umfeld wird gezeigt. Beziehungen zu anderen Charakteren sollen veranschaulicht werden. Dass diese Einer nach dem Anderen getötet werden, ist das Resultat aus Abbys Mord an Joel. Auch hier wird von ihr nichts hinterfragt, nur weitere Rachegelüste werden geweckt. Die Geschichte rund um die beiden Kinder wurde hinzugefügt, um Abby eine menschliche Seite zu geben. Diese fällt allerdings sofort wieder in sich zusammen, weil sie ohne zu zögern ihre eigenen Leute (Freunde?) aus der WLF tötet. Abby ist eine Soziopathin, die ohne Reue alles tut, was ihr gerade in den Kram passt. Wie soll der Spieler für so einer Person Verständnis aufbringen, oder sogar mitfühlen!?

3. Der erst Ellie/Abby-Climax
Und nachdem einem der beliebtesten Videospielcharaktere der letzten 10 Jahre brutal der Schädel eingeschlagen wurde und man gerade ca 10 Stunden mit einer unsympathischen Soziopathin verbracht hat, soll man mit dieser jetzt auch noch den zweiten Hauptcharakter selbst töten!? Ganz ehrlich: An dieser Stelle wollte ich das Spiel schon aufgeben. Dass es nicht in Ellies Tod endet, konnte man ja vorab nicht wissen, aber alleine die Idee, gegen Ellie kämpfen zu müssen, ist einfach nur dämlich. Hätte man Abbys Geschichte besser erzählt, wäre es vielleicht noch mal etwas anders gewesen, aber mit diesen Voraussetzungen, die das Spiel geliefert hat, war das einfach nur eine saudumme Entscheidung. Und auch hier zeigte sich wieder Abbys soziuopathisches Wesen, indem sie der bewusstlosen Dina ohne zu zögern die Kehle aufschneiden will WEIL sie schwanger ist. Und nein, das ist nicht mit Ellies Situation im Aquarium vergleichbar, da sie sich wenigstens in einem Kampf mit der Schwangeren befand und von dieser mit einem Messer attackiert wurde. Dina war zu dem Zeitpunkt bewusstlos und es ging keine Gefahr mehr von ihr aus.

4. Der zweite Ellie/Abby-Climax
Der letzte Kampf des Spiels war visuell extrem beeindruckend. Auch die Intensität dieses Aufeinandertreffens war deutlich spürbar. Dass muss man Naughty Dog echt lassen - wie man etwas in Szene setzt, wissen die ganz genau!
Aber Ellies letzte Entscheidung, und zwar Abby leben zu lassen, war nicht nachvollziehbar. Ellie hat auf dem Weg dahin Menschen im dreistelligen Bereich getötet, auch und vor allem welche, die mit dem Mord an Joel gar nichts zu tun hatten. Abby hat Ellie niemals auch nur den Hauch einer Chance gegeben, Empathie für sie zu empfinden. Ganz im Gegenteil - Tommy wurde von ihr verkrüppelt und Jesse direkt umgebracht. Ausgerechnet Abby leben zu lassen, war eine komplett unverständliche Aktion.


Fazit: Eine unglaublich schöne Präsentation wiegt die Fehler im Spiel nicht auf! Das Gameplay ist solide. Leider gab es hier kaum Änderungen zum ersten Teil, aber viel zu meckern gibt es da auch nicht. Das Pacing ist leider vollkommen missraten. Viel zu lange ruhige Passagen, die den Spielfluss leider unnötig unterbrechen. Auch das wurde im ersten Teil deutlich besser gehandhabt. Zur Story ist genug gesagt, dennoch muss ich noch mal auf die Plotholes hinweisen, die teilweise haarsträubend waren (Ellie lässt die Karte mit ihrem fett markiertem Standort einfach neben den Leichen liegen).

Das Spiel hat auch unglaublich schöne Momente. Das Kapitel um Ellies Geburtstag z.B. war ein absolutes Highlight im Spiel, weil es die Stimmung des ersten Teils perfekt aufgefangen hat. Auch die Szenen, in denen Ellie der Wahrheit von Joels Lüge aus dem ersten Teil immer näher kommt, waren packend und immersiv. Schade, dass das ganze durch so einen generischen Rachfeldzug-Quatsch ersetzt wurde. Hier wurde enorm viel potential verschenkt und die Reihe im Prinzip beerdigt.


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