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Wider den Pessimismus (BVB)

Will Kane, Saarbrücken, Donnerstag, 14.02.2019, 21:17 (vor 1890 Tagen) @ CHS

So wie die erste Halbzeit gestern gelaufen ist, hatte ich in der Pause als Endergebnis eigentlich ein Unentschieden mit keinen oder wenigen Toren erwartet, vielleicht einen knappen Sieg einer der beiden Teams mit wenig Toren. Und ich glaube, dass unser Team genau mit dieser Zielrichtung eingestellt wurde. Unsere Raumaufteilung im zentralen Mittelfeld sowie in unserem Defensivdrittel war ausgezeichnet. Die Verdichtung der Räume und eine disziplinierte und konzentrierte Wahrnehmung der Aufgaben durch die einzelnen Spieler führte dazu, dass Tottenham nach einer anfänglichen Druckphase keine nennenswerten Angriffe mehr in Richtung unseres Tores initiieren konnte. Dafür wurde wohl bewusst der Zehnerraum in unserem Offensivdrittel geopfert. Ohne Reus fehlt uns hier ohnehin Geschwindigkeit, Kreativität und Variabilität. Auch Ballverluste des Gegners werden im Umschaltspiel nach vorne mit einem Reus anders genutzt als ohne ihn. Da er ohnehin nicht dabei war, erschien mir die Ausrichtung mit einer erhöhten Kompaktheit im zentralen/defensiven Mittelfeld nachvollziehbar. Auch wenn die Spurs ebenso wie wir aktuell auf sehr wichtige Spieler verzichten müssen, bleiben sie ein Topteam der PL mit einem hervorragenden Trainer, das Ausfälle von Schlüsselspielern besser kompensieren kann als wir. Die Zielrichtung, gegen ein solches Team im Auswärtsspiel ein Remis anzuvisieren, halte ich für verständlich.

Tottenham war als Heimteam im Hinspiel nach dieser ersten Halbzeit ein wenig unter Zugzwang. Dass man entsprechend reagierte, war zu erwarten. Im Heimhinspiel sollte schon möglichst ein Sieg her. Insofern hat der erhöhte Pressingdruck nicht wirklich überraschen können. Es ist schon richtig, dass wir diesem Druck nicht durch allzuviel Offensivaktionen unsererseits begegnen konnten; wir hatten schon so unsere Probleme mit dem Umspielen des recht hohen Pressings, und für das Überspielen fehlen offensichtlich einige Voraussetzungen. Die Gegentore in der zweiten Halbzeit waren aber nicht unbedingt auf diesen erhöhten Gegnerdruck zurückzuführen. Drei unnötige Treffer, die nicht unbedingt folgerichtig aus den Bemühungen Tottenhams heraus entstanden sind, sondern infolge gravierender individueller Fehler unsererseits bzw. nach einem Standard fielen. Ohne diese individuellen Fehler wäre die Partie wohl 0:0 ausgegangen und hätte für das Rückspiel alles offengelassen. Wie wertvoll ein Piszczek nach wie vor und immer noch für unser Team ist, zeigt sich immer dann, wenn er fehlt.

Was die Gegentore nach Standards anbelangt, so mag dies auch mit den gezwungenermaßen häufig wechselnden Abwehrformationen zu tun haben, die einer besseren Abstimmung entgegenstehen. Prinzipiell ist so etwas natürlich eine Aufgabe für das Training. Die beste Möglichkeit, Gegentore durch Standards zu verhindern ist allerdings, es erst gar nicht zu solchen Standards gegen uns kommen zu lassen. Besser gesagt, die Anzahl zu minimieren. Ganz verhindern kann man z.B. Ecken nie, aber man kann die Anzahl klein halten. Genauso sieht es aus mit Freistößen in Strafraumnähe aus.

Es ist offensichtlich so, dass wir eine Schwächephase durchlaufen. Wir selbst agieren nach dem Spiel bei der Fortuna etwas tiefer und abgesicherter stehend, um nicht in Konter zu laufen. Mit hohem und intensivem gegnerischen Pressing tun wir uns schwer. Ein Schlüsselspieler wie Reus, in der Hinrunde verletzungsfrei, fällt nun öfters aus und ist kaum oder gar nicht zu ersetzen. Ähnlich verhält es sich mit Piszczek, der sowohl für die defensive Stabilität, als auch für das Offensivspiel auf der rechten Seite enorm wichtig ist. Mit Akanji fehlt nicht nur ein Stabilitätsanker in der Innenverteidigung, auch für die Spieleröffnung und dern Spielaufbau ist er wichtig. Verletzungsbedingte Ausfälle in der Abwehrreihe führen zu ständig wechselnden personellen Besetzungen im Defensivbereich. Bei jumgej Spielern wie Hakimi häufen sich die individuellen Fehler. Auf einigen Positionen machen sich nichtoptimale Besetzung oder fehlende/unzureichende backups mittlerweile stärker bemerkbar. In der Summe führt dies zu engen Spielen, knappen Ergebnissen, Unentschieden und auch Niederlagen. Nicht schön, aber im Laufe einer Saison ist eine solche Phase wohl nicht vermeidbar. Insbesondere, wenn es sich um ein Team handelt, dass in dieser Saison unter einem neuen Trainer neu formiert wurde. Wobei dieser Prozess noch nicht beendet ist. Außerdem geht uns ein wenig das Spielglück ab, dass uns in der Hinserie schon das eine oder andere Mal hold war.

Wenn man dies alles berücksichtigt, dann finde ich, dass wir uns gar nicht so schlecht in dieser Situation aus der Affaire ziehen. In der Rückrunde haben wir mit etwas Glück in Leipzig einen Sieg geholt, gegen Hannover hoch gewonnen, in Frankfurt Remis gespielt und ebenso zuhause gegen Hoffenheim. Im Pokal gegen Werder war es im Prinzip auch ein Remis; nur muss halt in einem K.O.-Spiel ein Sieger ermittelt werden. Eine richtig deftiges Niederlage hat es bislang ‚nur‘ bei den Spurs im Achtelfinale der VL gegeben. Natürlich muss man die zweiten Halbzeiten gegen Hoffenheim und Tottenham sehr kritisch sehen, auch den Verlauf der Verlängerung gegen Werder. Aber wir hatten jeweils sehr gute erste Halbzeiten, das sollte man nicht vergessen. In K.O.-Spielen bedeutet eine Niederlsge das sofortige Aus, in der Liga kann man sich über eine Schwächephase auch ‚hinwegretten‘, und genau das tun wir mMn momentan.

Im DFB-Pokal sind wir ausgeschieden, das ist sehr bedauerlich. In der CL ist nach der hohen Niederlage ohne eigenes Tor ein Weiterkommen im Rückspiel unwahrscheinlich. Dennoch erwarte ich, dass sich die Mannschaft nicht sang- und klanglos aus diesem Wettbewerb verabschieden will. Wir brauchen im übrigen auch gute CL-Auftritte, um für junge Talente der großen Topclubs auch weiterhin attraktiv zu bleiben. In der Bundesliga erwarte ich persönlich durch die Rückkehr von Akanji und Piszczek wieder mehr Stabilität in der Defensive und mehr Konstruktivität im Spielaufbau sowie durch die Rückkehr von Reus wieder mehr Kreiierung von Torchancen und Tore. Ob wir unseren Vorsprung auf Bayern werden halten können, weiß niemand. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir bis zum Ende um die Meisterschaft mitspielen werden. Ob es dann am Schluss zum großen Wirf reicht, wird man sehen.

Auf jeden Fall sehe ich bei allen Problemen keinen Grund für Pessimismus oder gar dafür, alles oder vieles infragezustellen, was uns in dieser Saison nach 21 Spieltagen immerhin auf Rang 1 der Tabelle gebracht hat. Nerven bewahren, Fehlerquellen minimieren, konsequent weiterarbeiten. Dann kommen bald auch wieder erfreulichere Tage.


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