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Feindliche Übernahme (Sonstiges)

pactum Trotmundense, Syburg, Sonntag, 04.10.2020, 10:31 (vor 1299 Tagen) @ Philipp54

Naja, die Zerstörung der Gewerkschaften, Argenta, Hartz4 lasstet man Schröder an.

Ist das nicht geil? Schröder wollte einen Mindestlohn und kündigt ihn beim Parteitag anlässlich des Koalitionsvertrages mit den Grünen im Novemer 1998 an. Der DGB-Vorsitzende macht einen Aufstand und verbittet sich jede Einmischung in die Tarifautonomie, Lafontaine springt ihm als SPD-Vorsitzender bei. Schröder schafft die Minijobs (heute als 450-Euro-Jobs bekannt) ab. Jedes Arbeitsverhältnis hat sozialversicherungspflichtig zu sein, schon um Altersarmut vorzubeugen. Wer macht den Aufstand? Gewerkschaften und die PDS, sowie Lafontaine über seine Kolumne in der BILD. Argument war übrigens: Studenten und Rentner würden sonst keine Jobs mehr finden. Aber sicher.... Die SPD hat krachend drei Landtagswahlen verloren und dem Druck nachgegeben. Man führte die Minijobs wieder ein und schaffte die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer freiwillig eine Rentenpauschale leisten kann.

Kommen wir zur Agenda und Hartz. Jeder mir bekannte linke(!!) Volkswirtschaftsfuzzi sagt, dass der Ansatz der Agenda 2010 richtig war. Was diese Agenda so schlecht machte, war der Umstand, dass sie gar nicht umgesetzt wurde. Es war geplant die Rente auf eine weitere Säule zu stellen, so wie man das aus der Schweiz z.B. kennt, wo neben der staatlich garantierten Grundrente eine paritätisch finanzierte private Zusatzrente gezahlt wird. Diesen Zweck sollten die Riester- und Rürup-Renten erfüllen. Natürlich ging die private Versicherungsindustrie auf die Barrikaden, weil das Gesetz vorsah, dass die Versicherungsunternehmen eine Grundrendite garantieren müssen. In den Jahren als diese Renten diskutiert wurden, haben die Versicherungsverbände über 8 Milliarden Euro für Lobbyarbeit ausgegeben. Die Teile wurden massiv torpediert und Union und FDP haben im Bundesrat diese Renten stark kastriert, so dass sie sich für Menschen ab 35 nicht mehr lohnen.

Hätten Schröder und Rot-Grün sich bei den beiden Punkten, Minijobs und Rente, durchgesetzt, würde man heute nicht über Altersarmut reden, zumindest nicht in dem Umfang. Da sind sich Volkswirtschaftler sicher.

Kommen wir zur Hartz-Gesetzgebung. Man muss sich das Hartz-Konzept einmal anschauen und dann neben das Gesetz legen, was am Ende entstanden ist. Wer da noch Gemeinsamkeiten neben dem Namen findet, ist echt gut. Das Konzept war, so erklärte es mir ein befreundeter Volkswirt mal, gar nicht verkehrt. Das verkrustete Arbeitsamt wurde komplett umgekrempelt. Zu dem Zeitpunkt waren 70% der dort beschäftigten Menschen mit Aufgaben beschäftigt, die nichts mit dem Arbeitsmarkt zu tun hatten. Weder Vermittlung, noch Leistungszahlung, noch Arbeitsplatzakquise. Hinzu kam, dass Sozialhilfeempfänger außen vor waren. Diese Langzeitarbeitslosen wurden vom System aufgegeben. Da wollte man dran.

Das Konzept "Fördern und Fordern" hat man sich aus Skandinavien abgeschaut, was bei Sozialdemokraten, warum auch immer, irgendwie als gelobte Region der sozialen Glückseligkeit angesehen wird. Auch wollte man Weg davon, dass Arbeitslose als "Verwaltungsvorgänge" angesehen werden. Deswegen überführte man das System aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit in die Sozialgerichtsbarkeit, was in der Folge zu den lustigsten Urteilen führte, aber das ist ein anderes Thema.

Wie konnte es nun dazu kommen, dass das Hartz-Konzept und die Hartz-Gesetzgebung so wenig miteinander zu tun hatten? So wenig, dass Hartz gerichtlich gegen die Verwendung seines Namens bei dem Gesetz vorgehen wollte und sich massiv von dem Gesetzesvorhaben distanzierte? Nun, die Antwort ist ganz einfach. Diese bescheuerten Sozen, die es immer allen Recht machen wollen, fingen an das Konzept zu nehmen und ließen es im Ministerium in Gesetzesform gießen. Allerdings sollte "eine breite gesellschaftliche Phalanx" daran beteiligt sein. Die Idioten haben also in den Gesetzentwurfsprozess eine Kommission eingebunden an der Gewerkschaften und Arbeitgeber beteiligt waren. Die Gewerkschaften fingen an alles kaputt zu machen, was unter "Fordern" fällt und die Arbeitgeber zerschossen das "Fördern". Am Ende kam ein Gesetzeszombie raus, der weder Gewerkschaften, noch Arbeitgebern passte.

Die Gewerkschaften setzten all ihre noch verbliebene Lobbykraft in Kampagnen gegen Hartz. Die damals im Sterben befindliche PDS, die nur noch im Osten nennenswert war, hing sich da dran und baute mit Unterstützung von Lafontaine und Gewerkschaftern die WASG auf und zerhöhlte die SPD von innen. Die Arbeitgeber wiederum setzten auf die Bundesratsmehrheit von Union und FDP. Der Gesetzeszombie wurde im Koalitionsausschuss weiter zerfleddert, ging dann durch drei Lesungen, wo er weiter zerfleddert wurde, nur um dann im Bundesrat an der Schwarz-Gelben Mehrheit zu scheitern. Nun hätte man sagen können, dass man es einfach abbricht und alles beim Alten lässt, aber dafür war es zu spät. Die Behörden befanden sich bereits aufgrund von Hartz I-III im Umbau. Hartz IV musste durch, sonst hätten ab dem 01.01.2005 keine Arbeitslosen- und Sozialhilfeberechtigten Geld erhalten. Der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat tagte unter einer schwarz-gelben Mehrheit, da die Zusammensetzung des Bundesrates diese Mehrheit im Vermittlungsausschuss her gab. Union und FDP diktierten Rot-Grün dann die letzten Kastrationen, die nickten ab, weil ihnen keine Wahl blieb. Es war Weihnachten 2003 und Januar 2004 musste die Umsetzung begonnen werden, damit es nicht am 01.01.2005 zu einer Katastrophe kommt.

Vom ursprünglichen Hartz-Konzept ist außer dem Namen und einiger Grundgedanken nichts übrig geblieben. Im Prinzip haben die bescheuerten Sozen mit den Grünen einen Gesetz durchgeballert, das ihnen andere geschrieben haben. Zuvorderst Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Union und FDP. Sie kassieren jetzt zu Recht seit 15 Jahren massiv Prügel für ein Gesetz, das nicht einmal Sozi ist. Und alles nur, weil diese Idioten diese bescheuerte linke Denke haben, dass man "große Reformen in einem gesellschaftlichen Konsens debattieren muss". Schröder war ein Vollidiot, weil er überhaupt so dumm war Gewerkschaften und Arbeitgeber mit an den Tisch zu holen.

Wenn die Gewerkschaften heute so rummaulen wie mies doch Hartz IV wäre und was für negative Auswirkungen das doch hat, so werde ich persönlich ehrlich gesagt ein wenig fischig. Die Gewerkschaften haben Hartz IV wesentlich deutlicher geprägt als die SPD. Aber das ist das Schöne an Politik. Man hängt den, der mit seinem Namen und Gesicht dafür steht. In diesem Fall Schröder und die SPD. Die Täter kennt man nur, wenn man sich intensiv mit dem Thema befasst. Abseits der Schlagzeilen. Ich habe aber auch kein Mitleid mit Schröder und der SPD. Politik ist ein scheiß Spiel. Sie wussten worauf sie sich einließen. Was sind die auch so blöd und binden Lobbygruppen direkt ein. Man kann die nach Meinung fragen, aber niemals einbinden.

Hätte die CDU versucht, solche Reformen als Regierungspartei durchzusetzen, wäre es zu Revolten gekommen.

Naja, ich verweise auf die Rolle und Ergebnisse im Vermittlungsausschuss. Eigentlich ist es danach ein Gesetz der CDU gewesen.


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