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Neu auf schwatzgelb.de: Borussias Probleme - der Elefant, den niemand sehen will (BVB)

sweeney1, Dortmund, Dienstag, 28.11.2017, 02:31 (vor 2948 Tagen) @ Redaktion schwatzgelb.de

Bisher war ich meist stiller Leser, aber mittlerweile fühle ich mich auch dazu bewogen, mal etwas beizutragen. In der Tat ist die ganze Debatte in den meisten Fällen viel zu verkürzt. Der Anschlag erinnerte uns daran, dass die reichen Profis auch nur Menschen sind, jeder gelobte Besserung - Schnitt - üble Beschimpfungen, Pfiffe usw... selbstverständlich war der aktuelle Trainer nicht dabei und auch nicht alle Spieler, aber Fußball ist ein Mannschaftssport, der auch immer abhängig von der Mentalität der Mannschaft ist... und diese kann da durchaus sehr fragil sein wie mutmaßlich derzeit beim BVB. Vielleicht sind so die zwei Gesichter des BVB in dieser Saison zu erklären. Am Anfang der Saison ein Rekordstart, lange Zeit ohne Gegentor und jetzt mitten in der Krise. In den letzten Spielen wechseln sich Hoffnung und Verzweiflung von Halbzeit zu Halbzeit ab. Das Potenzial blitzt auf, wird jedoch nie vollends ausgeschöpft. Aber das hat selbstverständlich auch sportliche Gründe:

Am Anfang der Saison wirkte die Bosz'sche Pressingmaschine wie geölt, wir alle wunderten uns, wie gut sie so schnell schon funktionierte. Wir haben tollen Fußball gesehen und eine souveräne Mannschaft, jedoch nur gegen weniger starke und souveräne Teams. Es war abzusehen, dass wir gegen Mannschaften wie Madrid, Bayern, Leipzig, Tottenham usw. mit dieser Art Fußball gegen die Wand laufen würden, in der Folge aber auch vermehrt gegen die "kleineren" Teams, die wir zu Beginn noch so dominiert hatten.

Bosz wurde als sturer Holländer bezeichnet, der nur 4-3-3 kann, nur hoch verteidigen lässt und mit seiner Mannschaft den Gegner ins Pressing und Gegenpressing zwingt. Es kam Kritik auf, die Mannschaft stehe zu hoch - das hat Bosz zeitweise sogar angepasst, trotzdem ging es schief. Zur Kritik mit dem 4-3-3-Dogma: er hat das System sogar mehrfach angepasst (bspw. gegen Real). Vordergründig könnte man sagen, dass Kritik und Realität gar nicht mal so perfekt zusammenpassen. Aber irgendwie dann doch: Im Derby reagierte Bosz beispielsweise, in dem er den BVB in einem 3-4-3 auf das Feld schickte. Tedesco sagte selbst im Nachhinein, dass er überrascht war. Der Plan ging richtig gut auf, die Blauen waren komplett auf sein typisches 4-3-3 eingestellt, ein Götze war offensiver und in anderen Räumen zu finden als erwartet, das Aufbauspiel wurde durch die 3er-Kette verändert und die Änderung machte sich bezahlt. Nach 25 Minuten steht es 4:0 - das halten wir mal so fest, denn die Mannschaft hat genügend Potenzial gegen eine (nüchtern betrachtet) gute Mannschaft, die auch noch einen Lauf hat und auf einem guten Weg ist, ein so deutliches Ergebnis herauszuspielen (!). Ist ja nicht so, dass die Blauen regelmäßig 4 Gegentore kassieren diese Saison. Dann passiert allerdings etwas, das in jedem Spiel gegen uns passiert: der Gegner reagiert. Es wird gewechselt, es wird umgestellt.. und schon ist die Herrlichkeit vorbei. Das, was uns die letzten Jahre auszeichnete, zeichnet nun unsere Gegner aus. Ja, Bosz reagierte gut VOR diesem Spiel, aber nicht während des Spiels. Im weiterem Spielverlauf sollte er aus der Not heraus doch noch reagieren, um uns doch noch zu retten, naja wir wissen wie das ausging. Tedesco (jeder andere unserer letzten Gegner könnte hier auch genannt werden) hatte hier den Vorteil, dass wir zu statisch sind derzeit. Als Bosz dann doch noch auf 4-3-3 wechselte zwischenzeitlich spielte ihm das noch mehr in die Karten, denn das hatten die Blauen ja offensichtlich sehr gut einstudiert im Vorfeld. Am Ende war es dann eine chaotische Abwehrschlacht. Für mich sind es eher taktische Mängel WÄHREND der Spiele, die uns viele Punkte kosten. Zweikampfwerte, Passquoten usw. zeigen zudem auch einen Verfall der Einstellung (und Qualität?) im Vergleich von Halbzeit 1 zu Halbzeit 2. Wenn man jedoch 4:0 führt, darf man natürlich auf gar keinen Fall einen offenen Schlagabtausch ermöglichen, der nur dem Gegner hilft. Klar, wenn Auba das Ding macht ist es wahrscheinlich dann doch durch.. wenn Kehrer fliegt vielleicht auch.. dennoch ist das keine Entschuldigung. Was auch immer man von Tuchel halten mag, er hat während der Spiele stets reagiert, auch mehrfach - mal ging das auch schief, die meiste Zeit hat es uns aber einen entscheidenden Vorteil gegenüber allen anderen Teams (ausgenommen Guardiolas Bayern) gebracht. Wenn Bosz es also schafft, auf der ersten Halbzeit gegen die Blauen aufzubauen, mehr taktische Variabilität einzustreuen und vielleicht auch etwas Mut für unorthodoxe Lösungen, wäre ich noch leicht optimistisch. Tut er das nicht, wird jeder Gegner uns weiterhin den Schneid abkaufen. All die Jahre waren wir so gut, weil wir immer cleverer waren, nicht weil wir so viel mehr Qualität hatten. Diese Saison wurde uns das genommen, heute sind alle anderen cleverer und die Qualität allein vermag das nicht zu lösen. Sicher war dieses Spiel ein Sonderfall, denn ohne das Derby hätten wir das Spiel wahrscheinlich gewonnen und die Blauen es verloren, aber die haben einfach nicht aufgegeben.. und wir wurden immer schludriger, haben mehr und mehr an Glauben verloren und im Endeffekt auch taktisch zu blauäugig agiert - Aubas rote Karte hin oder her.

Um es mal zusammenzufassen: Ich denke Bosz ist kein schlechter Trainer und ich denke auch, dass die Mannschaft sehr verunsichert ist. Funktioniert dann mal was, ist Erleichterung zu spüren und es platzt der Knoten sogar zeitweise. Aber dann gibt Bosz der Mannschaft zu wenig Hilfestellung während der Partie. Im Derby hat man gemerkt, wie die Mannschaft zu Beginn der zweiten Hälfte immer unsicherer wurde - teilweise der eigenen Situation geschuldet, teilweise aber auch Tedescos Umstellungen. Ein Tuchel hätte dieses Spiel niemals verloren, vielleicht aber auch nie 4:0 zur Pause geführt. Weniger Extreme wären schön, mehr Balance von Defensive und Offensive allerdings auch. Die Gegentore waren eigentlich ausnahmslos individuelle Fehler, die einem Bundesligisten niemals passieren dürfen - wahrscheinlich der Situation geschuldet. Dass wir generell aber eher mehr als wenig Gegentore kassieren hat sich seit mehreren Jahren schon nicht geändert - evtl. Versäumnisse in der Kaderplanung? Ich weiß es nicht. Kurioserweise war auch ich vor diesem Posting noch dafür, dass Bosz sofort gehen soll, nach einigen Überlegungen würde ich vielleicht doch noch abwarten. Auch in Ermangelung an Alternativen. Vielleicht setzt der Lernprozess bezüglich Bundesligafußball beim guten Peter jetzt erst so richtig ein. Man muss ihm zugute halten, dass er vor dem Spiel gut reagierte... bald hoffentlich auch während der Spiele.


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