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Neu auf schwatzgelb.de: Mein Fußball ist vor die Hunde gegangen (BVB)

Born-to-run, Dienstag, 09.01.2018, 16:48 (vor 2909 Tagen) @ Donngal

Ich hatte immer am meisten Spass, wenn wir gesagt haben: Scheiss aufs Ergebnis, hauptsache wir haben einen Mordsspass. Ehrgeiz hat mir immer schon angekotzt.

Na das ist mir jetzt aber auch ein wenig zu einfach, und wird, glaube ich, auch nur selten auf Dauer funktionieren. Vielleicht als Thekentruppe. Aber das eine Kinder-Mannschaft auf lange Sicht den Spaß an der Sache erhält wenn es immer nur Niederlagen hagelt? Ich bin als Trainer zwar in einer anderen Sportart (Tischtennis) tätig. Aber bei mir verlieren fast alle Kids über kurz oder lang die Freude, wenn's immer nur auf den Sack gibt. Hin und wieder ein Erfolgserlebnis ist dem Spaß durchaus förderlich. Was ich als Trainer genauso wenig leiden kann wie Spieler (und deren Eltern- kommt auch beim TT vor) mit einer Niederlage nicht umgehen können (gehört zum Sport dazu), wie auch das andere Extrem, völlig emotionslos seinen Stiefel runterspielen, und mir dann von 8-jährigen erklären lassen muss, wie schwer es ihnen mal wieder gefallen ist sich zu motivieren...

Ich denke den Spagat, der da immer wieder von den Verantwortlichen gefordert wird, ist es eine Balance zwischen einem zur Sportausübung notwendigem Ehrgeiz (z. B. sich irgendwie verbessern zu wollen), um überhaupt "am Ball" zu bleiben. Und diesem krankhaften Überehrgeiz, weil man sich (bzw. den Sprössling) auf dem Weg zur Profi-Karriere wähnt. Es sollte Kindern noch zu vermitteln sein, dass es unterhalb von Champions- oder Bundesliga durchaus lohnend und "Spaß-bringend" sein kann Fußball, Handball oder was auch immer zu spielen. Im Sport kann man so viel für´s Leben lernen, auch wenn's nicht um die Weltmeisterschaft oder so geht. Auf der Ebene Breitensport (dazu zähle ich einfach mal alles, was so auf "Kreis- und Bezirksebene" stattfindet) gehen uns gerade ganze Generationen verloren. Nicht nur ich muss es seit geraumer Zeit erleben, dass mir die meisten Kinder (mit Ausnahme der für höhere Weihen ambitionierte) spätestens mit 12-14Jahren in Scharen davon laufen. Da gibt es sicher eine ganze Reihe von Gründen für, aber einer davon ist tatsächlich auch die in diesem Alter schon fasst ausschließliche Orientierung an "Erfolgen". Beziehungsweise der Erfolg wird nur noch daran gemessen, ob vielleicht noch Ambitionen für eine "Profi-Karriere" oder was vergleichbares bestehen. Ist der Traum mal ausgeträumt, landen die Sportschuhe/TT-Schläger ganz schnell in der Ecke. Die Aussicht später mal in irgendeinem Kreisliga-Team zu kicken hält kaum noch einen Jugendlichen beim Sport.

Jetzt bin ich einerseits ziemlich vom Ausgangs-Thema dieses Threads abgewichen, aber im Grunde dann doch wieder gar nicht soweit weg. Denn eigentlich ist es schon ein Teil dessen, warum unser Fußball so vor die Hunde geht. Die durch die immer weiter gehende Professionalisierung und Kommerzialisierung einhergehende Ausrichtung am Erfolg, bzw. dem, was unsere Medienwelt und die öffentliche Wahrnehmung so als Erfolg bewertet. Dies rückt auch beim einzelnen Spieler (und dessen Beraterstab) immer mehr in den Vordergrund: der eigene "Karriereplan" steht mittlerweile über den Interessen des Teams. Profitieren tun davon ausschließlich die paar Vereine an der "Spitze der fußballerischen Nahrungskette". Und diese Strukturen verfestigen sich gerade, weil es im Grunde keine Institution mehr gibt, die den aktuellen kommerziellen Interessen etwas entgegen setzen kann/will. Ein Regelwerk, eine Struktur z. B. die für Chancengleichheit sorgt, auch im Sinne einer gewissen "Durchlässigkeit". Zumindest auf europäischer Klubebene ist das völlig abhanden gekommen. Da hat es alleine in den letzten 5 Jahren nochmal riesige Verfehlungen gegeben. Der Fußball wie wir ihn liebten ist in eine Sackgasse geraten.

Zumindest dann, wenn man sich nicht sicher sein kann, ob man zum erlauchten Kreis der wenigen Elite-Klubs gehört, die die großen Pötte und Summen künftig untereinander ausspielen werden, und bei denen alle (vermeintlichen) Top-Spieler künftig spielen wollen, bzw. von ihren Beratern dort hin gelotst werden.

Unser BVB ist aktuell ein Verein, der möglicherweise erkennen muss, nicht Teil dieser "Elite" zu sein. Vor 4 Jahren schien man auf dem Weg dorthin. Nun haben wir eine Situation, wo sich Finanzstöme an der Bundesliga vorbei (mit Ausnahme von Buyern vielleicht noch) bewegt haben und man sich möglicherweise damit abfinden muss nur noch Talentschuppen für die ganz Großen zu sein. In einer Bundesliga, die von den besagten Buyern dominiert wird und ein Ende dieser Dominanz gar nicht mehr vorstellbar erscheint. Auch hier ist der Wettbewerb, zumindest in der Spitze im Grunde ausgehebelt.

Dem versuchen sich Aki,Rauball & Co mit Allem was sie haben entgegen zu stemmen, um die Lücke irgendwie nicht noch größer werden zu lassen. Mit diesem Spagat zwischen Borsigplatz und Shanghai, oder auch dem US-Markt sieht man sich dann zu immer mehr Zugeständnissen an den Kommerz und allen ihren Begleiterscheinungen gezwungen. Zurück bleiben dann irgendwie wir Fußball-Romantiker, denen nach und nach alles abhanden zu kommen scheint, weswegen sie sich mal in diesen Sport im Allgemeinen und unserem BVB im Speziellen verknallt hatten.


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