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Neu auf schwatzgelb.de: Geisterfahrer (BVB)

Knüppler17 ⌂, Samstag, 28.03.2020, 15:34 (vor 1484 Tagen) @ Daniel_nette

Sagen wir es doch einmal so: den Text haben sicherlich nicht die kapitalismuskritischsten Personen geschrieben, die sg.de zu bieten hat. Weder Phil noch ich erwarten, dass Spieler auf alles verzichten, das ihnen zustehende Gehalt ohne Widerworte abtreten oder auf ihre Rechte verzichten. Wir sehen mit absoluter Klarheit, was diese Krise für den Verein bedeutet, für die KGaA, für die Mitarbeiter des BVB und viele andere, die sich im Kosmos BVB bewegen und auf die Spieltagseinnahmen angewiesen sind. Wir beide sind, so wie ich Phil seit Jahren kenne, absolut neidfreie Menschen. Von mir aus darf jeder Fußballer seine Millionen verdienen und jeder Milliardär seine Milliarden haben und behalten - ich sehe sehr wohl die Beiträge, die alle Millionäre und Milliardäre des Landes leisten, indem sie nicht nur Steuern und Abgaben zahlen, sondern auch enorm viele Arbeitsplätze schaffen und erhalten.

Der Punkt, um den es in diesem Text geht, ist ein anderer. Wir haben Verständnis für die Situation des BVB. Wir haben Verständnis dafür, dass Carsten Cramer als Geschäftsführer darum bemüht sein muss, Liquidität zu erhalten. Das stellen wir im Text deutlich heraus. Wofür wir jedoch kein Verständnis haben, ist die Verquickung zwischen "lasst euer Geld doch bitte bei uns, um Arbeitsplätze zu erhalten", wenn damit die (unter)durchschnittlich bezahlten Arbeitsplätze gemeint sind, während die Millionenzahlungen bis auf kleine Abstriche unentwegt weiterlaufen. Erst recht vor dem Hintergrund, dass Spieler sich (die bis dato bekannten Ausnahmen finden explizit Erwähnung) in den sozialen Medien mit Klopapierchallenges, Käffchen vor dem Vollautomaten im Wert eines deutschen Durchschnittsgehalts oder anderem Kram absurd inszenieren. Was einem Jugendlichen wie Sancho oder Haaland zugestanden werden kann - mal kurz die Bodenhaftung verlieren und zurechtgestutzt werden zu müssen - ist bei einem 27-jährigen Mario Götze (der sich selbst als Führungsspieler sieht, Kinofilme über sich drehen lässt und den BVB ablösefrei verlassen will, weil 7 Mio Euro Gehalt nach mittelmäßigen 3,5 von 4 Jahren nicht ausreichend erscheinen) nicht akzeptabel.

Der Eindruck, der hier erweckt wird, ist ungehörig. Während die einen um ihre Jobs bangen und auf die Solidarität der Fans angewiesen sind, ihr Geld im Konzern zu belassen, wird der minimale Gehaltsverzicht der Großverdiener als weitreichendes Entgegenkommen gewertet und herrscht weitgehend business as usual. Während Kevin Großkreutz sich mit seinem Team nach Kräften einbringt, um die Einkaufshilfe des Bündnis Südtribüne zu unterstützen, kommt von der Mannschaft: nix. Während Fans 100.000 Euro für Kneipen etc sammeln, kommt von der Mannschaft: nix. Leider hat die Mannschaft nicht kapiert, dass es hier um wichtige Gesten mit hohem symbolischen Gehalt geht. Hätten alle Spieler zusammengelegt und 50.000 Euro auf die gesammelten 100.000 Euro draufgelegt, wäre das ein Zeichen der Mannschaft gewesen. Stattdessen sind es Typen wie Mats Hummels, Marco Reus und Marcel Schmelzer, die weiß Gott nicht selten kritisiert werden, die als Einzelpersonen tätig werden.

Was die Krise als solche angeht, bin ich sehr sicher, dass die ganzen Arbeitsplätze rund um das System Fußball irgendwann und irgendwie mit staatlicher Unterstützung gerettet werden. Sicher werden auch eine ganze Reihe Vereine direkt durch Staatshilfen gerettet werden müssen. Die gesellschaftliche Akzeptanz für diese Maßnahmen wird jedoch nicht größer sein, als für die Bankenrettung nach der Finanzkrise. Ehrlich gesagt kann ich mir auch nicht vorstellen, wie der Staat eine Commerzbank retten und dem CEO eines Milliardenkonzerns ein Höchstgehalt von 500.000 Euro auferlegen könnte, ohne bei Fußballvereinen ähnliche Maßstäbe anzusetzen. Wie sollte ein Club, der in den kommenden Monaten durch Steuerhilfen rausgehaut werden muss, überhaupt Gehälter in einer solchen Größenordnung rechtfertigen können? Hier wird für eine ganze Reihe Vereine eine neue Zeitrechnung beginnen. Auch das ist ein Grund, warum der Beitrag der Spieler des BVB, der es mit halbwegs hoher Wahrscheinlichkeit erst einmal ohne Staatsknete schaffen wird, mit 10 bzw 20% sehr bescheiden ausfällt.

Alles in allen: Mögen die Spieler ihr Geld bekommen, mögen sie es genießen und für Sex, Drugs & Rock'n'Roll ausgeben. Möge der BVB dann aber auch dafür Sorge tragen, dass die normalen Angestellten sicher und ohne Abstriche weiter beschäftigt werden können, ohne uns mehr als genug zahlende Fans dafür moralisch in die Pflicht zu nehmen. Wir sind nicht dafür da, BVB-interne Verteilungskonflikte zu lösen.


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