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AFD mit 15,2 % am stärksten in GE (Sonstiges)

Erfolgsfan, Montag, 25.09.2017, 07:56 (vor 2403 Tagen) @ Nolte

Ich glaube, es ist immer schwierig, individuelle Wahlentscheidungen mit soziokulturellen Daten in Einklang bringen zu wollen. Wählt jemand wirklich Partei X, weil er männlich, zwischen 25 und 29 Jahren alt ist, einen mittleren Bildungsabschluss hat und ein Jahreseinkommen von xx.000 Euro?

Ich denke, dass derartige Aussagen auch nicht allgemeingültig sind.
Natürlich kann ich sagen: 17% für die Afd in GE resultieren aus dem Ausländeranteil, wäre aber nicht stichhaltig (deutlich höher als in Dortmund I, jedoch geringer als in Dortmund II - dort haben nur 10,8% ihr Kreuz bei der Afd gemacht). Ich kann versuchen, es mit dem Einkommen zu erklären (16.000 zu 18.000), mit der Anzahl der Hartz IV-Empfänger (201 je 1000 im Vergleich zu 153) oder der Beschäftigungsquote (300 je 1000 zu 380).
Dann schaue ich mir Görlitz an: Weniger Ausländer, weniger Hartz IV, höheres Einkommen, höhere Beschäftigungsquote. Trotzdem 35% für die Afd. Ich bin nicht schlauer als vorher. Anmerkung: Alle Daten von wahlatlas.net

Oder ist es nicht eher so, dass jemand Partei X wählt, weil ihm diese Partei subjektiv individuell das beste Angebot unterbreitet?


Natürlich ist es, heruntergebrochen auf das Individuum, jeweils eine individuelle Entscheidung für das subjektiv als am besten empfundene Angebot. Jedoch sollte man, wenn man wie du davon ausgeht, dass soziale Indikatoren keine große Rolle spielen, davon ausgehen, dass die Wahlergebnisse über Deutschland betrachtet überall mehr oder weniger gleich ausfallen. Wenn es aber große regionale Unterschiede gibt, die nicht mehr durch normale statistische Varianz zu erklären sind, dann ist es durchaus angebracht nach Gründen zu suchen.

Übrigens können diese Gründe dann lokal wieder verschieden sein. Wenn ich für Gesamtdeutschland gewisse Indikatoren herausfinde, heißt das nicht, dass das für jede Gemeinde gilt. Die Indikatoren, die für den Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland verantwortlich sind, können andere sein als diejenigen, die für den Unterschied zwischen Gelsenkirchen und Dortmund verantwortlich sind.

Richtig, darum geht es mir.

Dass vermutlich für die Wahlentscheidung im Wesentlichen nicht (nur?) Indikatoren wie Geschlecht, Alter, Einkommen ausschlaggebend sind, sondern eher Wertvorstellungen und Normen. Die können natürlich auch repräsentativ erfasst werden - wenn man mit den Menschen spricht.

Eine rein externe Betrachtung, ohne individuelle Gründe zu ermitteln, wird sehr unscharf bleiben. Und selbst dann ist es gefährlich, diese Daten oder Aussagen zu allgemeingültig zu deuten.

Oder anders: Jede andere Partei hat es nicht eben nicht vermocht, diesen Menschen ein Angebot zu unterbreiten. Darauf kann man stolz sein, im Sinne eines "Nazis und Rassisten wollen wir auch kein Ankerthema bieten". Allerdings wäre es dann auch konsequent zu sagen "Okay, wenn wir eure Stimme nicht wollen, beschweren wir uns auch nicht, wenn Ihr sie woanders nutzt". In einer Demokratie hat auch der eine Stimme, der meine Ansicht nicht teilt. Dieses Recht kann ich der Person nicht nehmen.


Das will ja auch niemand. Oder hast du hier eine signifikante Anzahl an Menschen vernommen, die die Ansicht vertreten, man solle Wählergruppen das Wahlrecht entziehen? (Okay, die AfD will das, aber sonst?)

Nein, das sage ich ja auch nicht.
War nur eine Äußerung meiner Position.

Ich denke, es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, wie man generell im gesellschaftlichen Diskurs miteinander umgehen mag. Dazu würde für mich auch gehören, x Prozent der Wähler nicht zu stigmatisieren, oder in eine Schublade zu stecken. Es macht doch keinen Unterschied ob ich sage "13% sind Nazis" oder "13% müssen sich gefallen lassen, dass sie Nazis unterstützen". Beides ist ein Vorwurf und wird tendenziell nicht zu einer Änderung der Wahlentscheidung führen.


Das eine ist aber eine pauschale Übertreibung, das Andere dagegen schlicht und ergreifend wahr. Und es ist nicht einmal eine Beleidigung, sondern ein rein faktisches, nachweisbares Statement. Wer sich davon stigmatisiert oder angegriffen fühlt, darf die Schuld nur bei sich selbst suchen.

Da bin ich aus zwei Gründen anderer Auffassung:

1. Aus dem Wahlsystem hergeleitet
Wenn jemand sein Kreuz bei der Afd macht, bei dem ein Kandidat mit rechtsradikalen oder rassistischen Auffassungen nicht auf einem der vorderen Plätze der Landesliste steht. Zieht dieser Kandidat dann nicht ins Parlament ein, kann sich der Wähler dann damit "entschuldigen", dass ja kein rechtsradikaler Kandidat gewählt wurde? Oder ist es legitim, einen nicht rechtsradikalen Kandidaten seine Erststimme zu geben?

2. Aus einer kommunikativen Sicht
Ich persönlich halte ein Schuldkonzept nicht für zielführend. Aus welchem Grund sollte ich jemanden etwas zuschreiben? Für mich ist es wesentlich zielführender, einfach zu fragen "Wieso wählst du die Afd?". Ich persönlich habe null Gewinn, wenn ich jemanden dafür verantwortlich mache, die Afd zu wählen. Im Zweifel wird das Gegenüber auch nicht über die Entscheidung nachdenken, wenn ich mich überhöhe (ich darf darüber befinden, dass ein anderer sich schuldig fühlen sollte).

Nachhaltige Denkprozesse kommen meines Erachtens durch Dialog zustande.

Man könnte auch einfach fragen "Was war für dich der Grund, Afd zu wählen?".
Irgendwelche Gründe werden dann kommen. Mit den Gründen kann man sich wiederum auseinandersetzen ("Was ist dir daran wichtig?").


Die Gründe sind doch hinlänglich bekannt. Die Besserverdiener wählen die AfD, weil ihre extrem neoliberalen Standpunkte ihnen entgegen kommen. Die schlechter Verdienenden wählen sie, weil die AfD den einfachsten und emotional am wenigsten belastendenden Grund für die eigene Misere anbietet: Merkel und die Flüchtlinge. Oder hast du jemals einen AfD-Wähler erlebt, der nicht Merkel und Flüchtlinge als Grund für seine Wahl angab?

Die, die, die..
Die Besserverdienden, die schlechter Verdienenden, die Ausländer, die Gutmenschen. Ich habe keine Lust mehr auf dieses "die".

"Merkel und Flüchtlinge" ist auch kein Grund. Das ist ein Schlagwort.
Das ist übrigens etwas, das Anne Will gestern sehr schön thematisiert hat: Was ist der konstruktive Ansatz?

Mit "Merkel und Flüchtlinge" gebe ich mich nicht zufrieden.

Die nächste Frage wäre also "Okay, was passt dir daran nicht. Was meinst du mit Merkels Flüchtlingspolitik"... "Offene Grenzen, das geht nicht"... "Was ist das Problem, wenn die Grenzen offen sind?", meinetwegen auch "Was wäre dein Vorschlag"... "Grenzen zu".. "Welchen Vor- und Nachteile wären damit verbunden?"

Die wenigsten Menschen werden am Ende sagen "Sollen die doch verrecken, ist nicht mein Problem". Viel wahrscheinlicher ist, dass am Ende das Resulat steht, dass etwas geregelt werden soll (und vielleicht auch schon wie).

"Wir schaffen das" beantwortet nicht "Wie schaffen wir es?". Und diese Antwort ist die Große Koalition durchaus schuldig geblieben.

Und nein, einfacher oder ein Kuschelkurs ist das für mich nicht. Wesentlich konfliktfreier ist für mich der Dialog mit Menschen, die mir beipflichten und bei denen ich mich selber wiederfinde.


Richtig. Ich schätze es auch, wenn man kontrovers diskutieren kann. Das Problem ist, dass mir dies bisher mit keinem AfD-Wähler möglich war. Es versteift sich jedes einzelne Mal auf das Flüchtlingsthema, ein anderes scheint für sie nicht zu existieren.

Dann stellt es sich für mich so dar:
Die Politik löst die Fragen, die Menschen beim Flüchtlingsthema haben, dann erledigt sich die Afd.

"Wie stellt Ihr euch das Land im Jahr 2030 vor und was müssen wir dafür tun?"
Solange die Frage unbeantwortet und diffus im Raum steht, kann die Afd einfach mit Dagegenhalten punkten.


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