Ich bin nicht so begeistert von Kalle (Corona)

Ricola1, Ort, Montag, 06.12.2021, 11:07 (vor 1480 Tagen) @ pactum Trotmundense

Er ist fachlich nicht zu beanstanden. Das kann und will ich nicht. Er ist diesbezüglich sicherlich das Beste, was die SPD in ihrem Spitzenpersonal zu bieten hat. Mein Problem mit ihm ist, dass ich befürchte er wird der breiten Masse seine Arbeit, bzw. die Arbeit der Regierung nicht vermitteln können, was für eine Akzeptanz und die Durchschlagskraft von Reformen und Veränderungen essentiell ist.

Ich weiß, dass er im persönlichen Umgang bisher von fast allen geschätzt wurde, die mit ihm zu tun hatten. Er erabeitet sich da viel Respekt. Sein Problem ist die Außendarstellung über die Medien und das ist leider sehr wichtig um politische Ziele zu erreichen. Die Menschen müssen verstehen warum etwas geschieht, was das Ziel ist und wieso der Weg der Richtige sein soll. Da wird er Schwierigkeiten haben, was in breiten Teilen zu einer Verweigerungshaltung führen kann und damit die Effektivität der Politik mindert.

Aus ärztlicher Sicht ist die Entscheidung aber durchaus eine gute. Ich hoffe nur er hat seine Haltung zur Krankenhausdichte mittlerweile überdacht. Wir brauchen nicht weniger Krankenhäuser sondern mehr. Nicht jedes Krankenhaus muss alles an Leistungen anbieten können. Die chirurgische und internistische Notfallgrundversorgung muss allerdings besser werden. Das erreichen wir nicht, wenn wir Krankenhäuser schließen. Auch muss der Zwang zur Gewinnerzielung weg und der Mist mit den Fallpauschalen gehört abgeschafft. Es ist eben kein Qualitätsmerkmal wie schnell ein Patient entlassen wird, sondern einzig der Gesundheitszustand und wie wenig Folgebehandlung nötig sein wird. Ich bin mir nicht sicher, dass Lauterbach diese Auffassung teilt.

Ich kann Dich gut verstehen. Du bist ja seit langem als - jedenfalls mir - einziger Vertreter des Fachs bekannt. Daher Danke für die interessanten Einblicke in Deine Sicht der Dinge.

Ich kann die Begeisterung für Lauterbach, wenn ich sie denn so richtig wahrnehme, nicht nachvollziehen. Der gern zitierte "Spiegel" hat Lauterbach, wie er aus meiner Sicht bis heute agiert, schon 2004 beschrieben. Die Rolle bei der Einführung der Fallpauschale wird hier nicht ausführlich dargelegt, leider, aber er gilt als Mit-Architekt dieser Konstruktion, die aus meiner Sicht - bin Ökonom ohne Wahrheitsanspruch - von Anfang an in die falsche Richtung zielte. Da Lauterbach ja so gerne auf Menschenleben verweist, die wir aktuell gefährden (was ja richtig ist), würde mich mal interessieren, wie er seine Rolle bei der Umgestaltung des Gesundheitswesens seit Ulla Schmidt so betrachtet. Für mich eine fatale Figur.

Ob er altersweise wird? Der Artikel aus dem Jahr 2004 beschreibt ihn eigentlich, so wie ich ihn heute noch erlebe. *** Es fiele schon auf, dass L. sich zu den Ergebnissen von Studien immer wieder weit weniger vorsichtig äußern würde als zahlreiche Kollegen *** ***1998 habe er mal eben geschätzt, dass ein bestimmtes Medikament 25 % der Infarkte verhindern könne; nichts von dem, was er gesagt habe, sei auf Basis des damaligen Wissens falsch gewesen. Es stellte sich nur heraus, dass die Aussage nicht nur Quatsch war, es gab keine positiven Wirkungen - es wurde sogar gefährlich. ***
Kann alles passieren. Aber der Mut, sich sehr schnell zu Studien zu äußern ("Gamechanger Nasenspray") bleibt derselbe. Glaube, wenn ich mir das so durchlese, nicht, um die Kurve zu den Fallpauschalen und den Krankenhäusern zu bekommen, dass der Mensch sich geändert hat. Kurz: Mehr Krankenhäuser, andere Abrechnungssysteme, Verzicht auf Profitorientierung sehe ich nicht.

"https://www.spiegel.de/wissenschaft/der-einfluesterer-a-cac9b0b4-0002-0001-0000-000030346862