[Ehemalige] großes Interview mit Klopp im Guardian (Englisch) (Fußball und Sport allgemein)

Kulibi77, Mittwoch, 25.04.2018, 03:52 (vor 2798 Tagen) @ Alones

Orban trifft sich wohl öfter mit VW- und Audivorständen als mit Merkel. Orban selbst hat massive Steuergeschenke und Subventionen verteilt. Nicht nur an Audi. Auch Bosch und Mercedes haben beste, natürlich vollkommen nicht korrupte, Verbindungen zum ungarischen Präsidenten und der Regierung. Den Arbeitsschutz hat Orban abgeschwächt und die Gewerkschaften für Audi de facto abgeschafft. Solange die Gedemütigten die politischen Büttel ihrer Demütiger selbst wählen, solange werden auch wir daran nichts ändern.

Ich denke aber schon, dass eine Bundesregierung auch mal ein ernstes Wort mit diesen Unternehmen sprechen könnte. Nach dem Motto "Ihr dürft dort gerne produzieren, dann bezahlt die Leute aber auch auf dem selben Niveau wie in Deutschland, sonst bekommt ihr gewaltige Probleme mit uns". Ich finde solche Praktiken einfach höchst unanständig. Wir regen uns ja gerne über Amazon, Google & Co. auf. Aber die deutschen Unternehmen benehmen sich nicht viel besser im Ausland. In diesem Zusammenhang wäre es auch mal an der Zeit, dass wir eine einheitliche Steuerpolitik in Europa machen. Diese Heuschreckenmentalität "Ich gehe dahin, wo ich die meisten Steuergeschenke bzw. Subventionen bekomme", muss endlich mal ein Ende haben. Solange solche Probleme aber nicht angegangen werden, brauchen wir uns nicht wundern, dass immer mehr Leute die Schnauze voll von der EU haben. Und in Ungarn denkt man sich dann eben "Ihr zeigt keinerlei Solidarität mit uns, wenn es darum geht, dass wir von euren Unternehmen fair entlohnt werden, warum sollten wir euch dann mit den Flüchtlingen helfen?".

Ich glaube nicht, dass es den einen großen Wurf gibt und plötzlich werden alle wirtschaftlichen Unterschiede beseitigt. Das ist Träumerei. Auch das Deutsche Reich bzw. die Bundesrepublik waren jahrzehntelang das "China Europas". Viel Arbeitskraft und Know-How für wenig Geld. Auch Deutschland hat nicht als Hochlohnland seinen Anfang gefunden. Der durschnittliche Industriearbeiter im Deutschland des 19. Jahrhunderts, vor dem 2. Weltkrieg oder nach dem 2. Weltkrieg hat keinen herausragenden Lohn kassiert. Im Gegenteil, war es jahrzehntelang das herausragende Merkmal Deutschlands ein Niedriglohnland zu sein. Veränderungen zum besseren erreicht man nur durch eine natürliche Evolution. Viele Ostblockstaaten berauben sich dieser Möglichkeit indem sie gewerkschaftliche Rechte einschränken und Arbeitnehmerrechte beschränken. Es muss das Ziel sein dass der durschnittliche Facharbeiter in Ungarn bei Audi in 10 Jahren statt 400-800 halt 800-1500 Euro verdient. Aber das geschieht nicht von Heute auf Morgen und es wird garantiert nicht geschehen indem Politiker wie Orban einen ganzen Staat zum neoliberalen und korrupten Musterknaben wandeln. Das geschieht über Mitbestimmung, Tarifverhandlungen und Augenmaß. Siehe die Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland.