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Weinzierl gefeuert! Artikel in der Süddeutschen (Fußball allgemein)

mephi, Münster, Samstag, 10.06.2017, 09:20 (vor 2483 Tagen) @ Ulrich

"Er gilt nach knapp zehn Dienstjahren in den Jugend-Abteilungen des VfB Stuttgart und der TSG Hoffenheim als großes Trainertalent. Aber genügen drei Monate Praxiserfahrung im Profifußball für ein Kommando im ständigen Krisengebiet Schalke 04? Heidel scheint überzeugt zu sein."

Die Frage scheint mir durchaus berechtigt.


Mir eher nicht. Im Gegenteil. Was man in GE braucht ist etwas, das mit Fachkenntnis alleine nicht zu erreichen ist. Ich würde die Aussagenssituation vergleichen mit dem BVB vor Klopp.
Die suchen dort jemand, der die Fähigkeit besitzt dem Verein über das rein Sportliche hinaus zu repräsentieren. Jemand, der allen anderen die Möglichkeit gibt sich hinter ihm zu sammeln und auf die eigenen Stärken zu konzentrieren. So etwas konnte ein Stevens auch mit seinem riesigen Erfahrungsschatz nicht leisten. Weinzierl oder Keller mit ihrer nüchternen Art erst recht nicht.


Für mich ist die regelmäßige Unzufriedenheit mit den Trainern in Gelsenkirchen zwar ein Symptom, aber nicht die Ursache des Problems. Und so lange man sich nur an diesen Symptomen abarbeitet, sprich regelmäßig den Trainer feuert löst man die Probleme dort nicht. Wenn eines diesen Verein in den letzten Jahrzehnten ausgezeichnet hat dann war es die stetige Unzufriedenheit, gepaart mit einem Mangel an professioneller Einstellung und dem vollständigen Fehlen von mittel- und langfristigen Konzepten. Nun soll es mal wieder ein Trainer richten dem man zwar hervorragende Anlagen attestiert, der aber im Profi-Bereich noch völlig unerfahren ist. Nur wird der im Irrenhaus Gelsenkirchen wohl genau so scheitern wie alle seine Vorgänger.

Ich halte zumindest die Wahrscheinlichkeit für sehr hoch, daß die Ehe zwischen Tedesco und den Blauen auf lange Sicht nicht funktionieren wird.

Tedesco hat in Aue Beachtliches geleistet: Als er die Mannschaft übernahm, war sie mit zwei Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz Tabellenletzter. Mit ihm holte sie 20 Punkte aus 11 Spielen und schloß die Saison als 14. mit drei Punkten Vorsprung auf Platz 16 ab. Hochgerechnet auf 34 Spiele hätte das fast 62 Punkte und einen hervorragenden vierten Platz bedeutet.

Natürlich ist das erst mal nur eine Spielerei. Es fragt sich, wie Tedescos Arbeit langfristig zu bewerten ist. Wenn man ihn denn läßt, was in GE ja immer mit einem Fragezeichen zu versehen ist.

Mit seinen 31 Jahren ist er ausgesprochen jung und verfügt als Profitrainer eben nur über diese Erfahrung aus 11 Zweitligaspielen. Und in Aue hatte er ja quasi kaum etwas zu verlieren; wenn es nicht gereicht hätte, wäre man mit ihm bestimmt auch in die 3. Liga gegangen. Jetzt soll er aber dauerhaft etwas aufbauen, und das in einem Verein, der bislang eher weniger als Wohlfühloase für Trainer bekannt war, in dem er ungleich mehr unter dem Brennglas der Öffentlichkeit und unter einem ganz anderen Druck steht.

Es ist natürlich nicht ganz auszuschließen, daß das Ganze doch wie gewünscht funktioniert. Immerhin kann man sich fast ausschließlich auf die Bundesliga konzentrieren. Dies zumindest erlaubt es, intensiver mit der Mannschaft zu arbeiten und dieser die eigenen fußballerischen Ideen zu vermitteln.

Tedesco scheint ja ein sehr angenehmer Zeitgenosse zu sein: mit guten Umgangsformen, offen, freundlich. Er spricht neben Deutsch und Italienisch noch Englisch und Spanisch. Daß er seine Ausbildung als Fußballehrer als Jahrgangsbester mit der Note 1,0 abgeschlossen hat, wird von ihm richtigerweise selbst nicht überbewertet, zeigt aber in Verbindung mit dem, was er in Aue in einer vermeintlich aussichtslosen Situation noch geschafft hat, daß er zielstrebig seinen Weg zu gehen versucht.

Für mich stellt sich nur die Frage, inwieweit er in diesem Haifischbecken seine Vorstellungen umsetzen kann und darf; wie schnell nutzt er sich ab, und was ist, wenn der Start in die Hose gehen sollte? Er scheint ein eher ruhiger Typ zu sein, der akribisch und mit Blick fürs Detail arbeitet. Ist das mit den Arbeitsbedingungen und der Erwartungshaltung in GE vereinbar?

Im Prinzip kann es nach der letzten Saison nur bergauf gehen. Und eine gewisse Euphorie scheint nach seiner Verpflichtung auch zu herrschen. Tedesco übernimmt aber keine fertige Mannschaft, sondern eine, in der es mehrere Baustellen gibt und die in der jüngsten Vergangenheit nicht gerade durch innere Geschlossenheit bestach - trotzdem wird man kein zweites Jahr ohne internationalen Fußball auskommen wollen.

Aus meiner Sicht kann diese Verbindung nur dann funktionieren, wenn man dort lernt, die eigenen Ansprüche neu zu justieren, Tedesco Zeit gibt und dieser die richtigen Entscheidungen trifft - hinter all dem steht aber zumindest aus meiner Sicht ein ganz, ganz großes Fragezeichen.


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