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Fernsehtipp Arte 22 Uhr 10 WOODSTOCK (Sonstiges)

Garum, Bornum am Harz, Sonntag, 18.08.2019, 07:14 (vor 1685 Tagen) @ Will Kane

Warst du da? Klang irgendwie so?


Ich war auf dem „Love and Peace Festival“. Alle 3 schlimmenTage bis zum bitteren Ende. Das war dann aber nicht der allürige, lustlose und eher schlecht spielende Jimi Hendrix, sondern Rio Reiser. „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ hieß nicht nur der Song, den Rio und seine Jungs (die hießen damals noch irgendwie anders) zum besten gaben. Sondern es war dann auch das Motto für etliche Leute, ihr Zerstörungswerk zum Höhepunkt zu bringen. Das Ganze lief auch nicht in Woodstock 69 (oder besser gesagt in Bethel) ab, sondern auf Fehmarn 70. Das mieseste, beschissenste und gewalttätigste, was ich je an Festivals / Konzerten erlebt habe. Ich war vorher auf der Isle of Wight, da gab es auch schon Aggressionen von bestimmten Festivalbesuchern. Aber Fehmarn stellte alles in den Schatten. Wobei soviel Sonne gab es da nicht, dass es durch sie Schatten hätte geben können. Norddeutsches Schietwetter vom Feinsten. Sturm, Regen, Kälte. Alles ein Matsch und alle durchnässt. Viele Bands und Künstler cancelten vorher ihren Auftritt (z.B. Ten Years After oder Joan Baez) oder reisten ab, ohne aufgetreten zu sein (z.B. Taste). Dazu ein Bretterverschlag als Bühne und ein Witz von Anlage. Scheiß Sound und fiel dauernd aus. Gewalttätigkeit überall, hauptsächlich von aus Hamburg angereisten Rockern, die den ‚Ordnungsdienst’ ‚übernahmen‘. Prügeleien, Messerattacken, Siebstahl und Raub. Autos wurden demoliert und zum guten Abschluss der Container der ‚Festivalleitung‘ abgefackelt. Viele waren dauerbekifft, sonst hätten sie das alles nicht durchgestanden. Sind auch etliche frühzeitig wieder fort. Hippies gab es eigentlich zu diesem Zeitpunkt kaum mehr, aber für den verbliebenen Rest hätte es keinen wirkungsvolleren Todesstoß geben können.

Auf dem Woodstock-Festival war ich nicht, aber eine. Ousine von mir. Von ihr und ihren englischen und amerikanischen Freunden erhielt ich ‚Augenzeugenberichte‘, die ich aufgesogen habe wie ein Schwamm das Wasser. Ich glaube, dass ich darüberhinaus so ziemlich alles gelesen, gehört und gesehen habe, was zu diesem Festival veröffentlicht wurde. Meine Cousine, die damals in Neu-England studierte, brachte mir ein T-Shirt mit Festivalaufdruck mit. Das kam damals gerade in Mode. Auch wenn ich nicht dabei war, so war das so etwas wie eine ‚Trophäe‘ für mich. Das T-Shirt habe ich heute noch, natürlich. Passt aber nicht mehr. Nein, es spannt nicht an Bauch. Sondern es ist mir in den Schultern und im Brustbereich schon recht schnell zu eng geworden. Der Sport verändert allmählich auch die Figur.

Tja, aber das Festival in Monterey, das habe ich erlebt. Zumindest eineinhalb Tage. Dazu bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Ein Onkel von mir hatte zu der Zeit einen Ruf an eine kalifornische Universität und lebte mit seiner Familie dort. Und mit seiner Hilfe sowie der meiner Eltern, anderer Verwandter und (kein Witz!) des Freistaats Bayern habe ich 1967 dort verbracht. Meine Cousins und Cousinen waren sämtlich älter als ich und deren amerikanische Freunde ebenfalls, genauso wie meine Schulkameraden. Und die haben mich überall mithingeschleppt, u.a. nach Haight-Ashbury, wo die Hippiebewegung entstand. War so etwas wie eine Pilgerstätte auch für alle möglichen Künstler, z.B. auch für George Harrison. Eigentlich hatte ich von zuhause eine Vorliebe für Soulmusik mitgebracht und wollte gar nicht mit auf dieses Festival. Wenn da nicht Otis Redding aufgetreten wäre. Ich hätte altersmäßig eigentlich gar nicht dahin gedurft, aber das war kein Problem in der Gruppe mit den Älteren. Außerdem wirkte ich damals älter als ich tatsächlich war. Das Festival war schon vorab eine große Nummer, zumindest in Kalifornien und wohl auch in Teilen der übrigen USA, aber niemand in meinem Umfeld hat das irgendwie als etwas besonderes oder gar historisches empfunden. War eine schöne Zeit, in der ich auch vieles erlebt habe. Aber die Bedeutung dessen, was dort damals geschah und welche Auswirkungen dies für die Zukunft haben würde, habe ich nicht erfassen können.

Tempi passati.

Ich bin gerade ziemlich neidisch.:-)


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