schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
A- A+
schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
Startseite | FAQ | schwatzgelb.de unterstützen
Login | Registrieren

Blöd am Sonntag (Spieltage)

Will Kane, Saarbrücken, Montag, 12.11.2018, 11:25 (vor 1986 Tagen) @ Klopfer

Der Tedesco war sowas von überschätzt und gehypt letztes Jahr obwohl er nur das alte Arrigo Sacchi Catenacio bullshit hat spielen lassen mit 5 Verteigern + gefühlt 10 Punkten VAR-Geschenke :)


Dieser Aussage liegt aber eine Verwechsung zugrunde.
Der Legendäre Catenaccio war nicht das erfolreiche Spielprinzip von Sacchi sondern von einem Inter-Tainer namens Helenio Herrera (60er Jahre).
Sacchi hat den AC Mailand zu großen Erfolgen verholfen, indem er eben diesen Catenaccio mit Hilfe der Holländischen Stars Gullit, Rijkaard und Van Basten, zur Vergangenheit des Italienischen Fußballs erklärte. Das war im Übrigen alles andere als Bullshit, sondern die Blaupause für den modernen Angriffsfußball, den die Niederländer dann unter anderem zum FC Barcelona brachten.

SGG
Klopfer

Ergänzend kann man noch anmerken, dass Herrera (Beiname ‚Der Magier’) in Spanien (u.a. Atlético, Barça) äußerst erfolgreich als Trainer mit Offensivfußball war und damit mehrere Titel erringen konnte. Auch in seiner ersten Zeit bei Inter ließ er Offensivfußball spielen, konnte damit aber nicht die geforderte Meisterschaft gewinnen. Erst nach einem Ulltimatum des Clubpräsidenten, der ihm die Entlassung androhte, falls er das nächste Spiel nicht gewinnen sollte, übernahm Herrera radikal den Catenaccio. Dieser kam eigentlich aus der Schweiz und wurde in den 50ern in Italien von den leistungsschwächeren Teams als legitimes Mittel gegen die überlegenen Spitzenteams betrachtet, welche die finanziellen Mittel hatten, um sich die besten in- und ausländischen Ofensivkräfte zu holen. Herrera war dann der erste Trainer einer Spitzenmannsxhaft überhaupt, der diesen Spielstil übernahm, ausfeilte und zur Perfektion brachte. Herrera war bei vielen Fußbalfans deshalb verhasst. Fairerweise muss man aber sagen, dass er nicht nur äußerst erfolgreich damit war, sondern auch innovativ war und perfekte Fußballer dafür zur Verfügung hatte. Er ließ als erster mit einem ‚Ausputzer‘ hinter der Abwehr spielen und implementierte als erster in Europa den offensiven Außenverteidiger. Der legendäre Facchetti auf der rechten Außenverteidigerposition ist vielleicht dem einen oder anderen noch ein Begriff. Suárez, den er aus Barcelona geholt hatte, war der erste ‚tiefe Spielmacher‘ und war bei den tödlichen Kontern Inters mit seinen langen und äußerst präzisen Pässen der Vorreiter von Spielern Netzer. Mazzola war ein perfekter Konterstürmer und heute noch in Italien legendär. Herrera gewann mit Inter nicht nur in Italien die Meisterschaft, sondern zweimal hintereinander den Europapokal der Landesmeister. Seine Team wurde auch deshalb ‚La Grande Inter‘ genannt. Die italienische Nationalmannschaft übernahm den Catenaccio und wurde damit berühmt-berüchtigt. Das ‚Jahrhundertspiel‘ im Halbfinale der WM in Mexiko 1970, in dem Italien Deutschland 4:3 n.V. schlug, ist vielen wohl noch ein Begriff. Die reguläre Spielzeit war von Italien Catenaccio vom besten. Frühe Führung nach einem perfekten Konter und dann diese Führung über die Zeit bringen. Hätte fast funktioniert, doch dann kam quasi mit dem Abpfiff ‚ausgerechnet‘ Schnellinger...

Herrera war übrigens wegen seines ruppigen Umgangs mit den Spielern berüchtigt. Er hat auch seine Spieler genötigt, Ihnen nicht bekannte Dinge zu sich zu nehmen. Wie man heute weiß, handelte es sich um Dopingsubstanzen. Mazzola ist mit ihm deshalb schwer aneinandergeraten. Im Italien der späten 50er und der 60er war Herrera aber nicht der einzige, der so etwas praktizierte.

Einen Vergleich Tedescos mit Herrera halte ich allerdings in jeder Hinsicht für unangebracht. Tedesco ist nicht innovativ. Er hat in der letzten Saison sehr strukturiert spielen lassen. Das war für die Gelsenkirchener auch der richtige Weg, Weinmann deren Vorsaison und deren Kader berücksichtigt. Das war nicht schön, aber erfolgreich in einer Saison, in der viele andere Teams (u.a. der BVB) eher unstrukturiert und teilweise chaotisch unterwegs waren. Insofern hat er mit dieser Struktur diese anderen Teams durchaus folgerichtig hinter sich gelassen. Die Blauen haben es diszipliniert gespielt, das muss man ihnen lassen. Nur sind diszipliniertes und strukturiertes, defensiv ausgerichtetes Spiel mit Kontern und gut ausgeführten Standards ohne jegliche innovative Ansätze in Verbindung mit Spielglück nicht etwas, was einen Trainer auf das Podest neben solche Größen wie Herrera hebt.

Tedesco ist mMn ein talentierter Trainer, das hat er im Nachwuchsbereich bei Hoffenheim und auch in seiner kurzen Zeit bei Aue gezeigt. Bis zu seinem Engagement in Gelsenkirchen hat er immer offensiv spielen lassen. Die letzte Saison sehe ich durchaus als gelungenen Weg an, aus einem verunsicherten und chaotisch agierenden Team eine diszipliniert agierende Mannschaft zu machen. Aber nun sollte eigentlich der nächste Schritt hin zu einem agierenden Team erfolgen. So war es angekündigt und so wollte man die Saison angehen. Das ist dann gründlich in die Hose gegangen und Tedesco ist schnell wieder zu dem zurückgekehrt, was letzte Saison Standard war. Mit mäßigem Erfolg. Das kann man nicht alleine der Tatsache zuschreiben, dass man mit Meyer und Goretzka zwei gute Fußballer verloren hat und sie nicht adäquat ersetzt hat. Da ist Tedesco schon mMn mit in der Bütt.


Antworten auf diesen Eintrag:



gesamter Thread:


1230264 Einträge in 13655 Threads, 13771 registrierte Benutzer Forumszeit: 20.04.2024, 07:22
RSS Einträge  RSS Threads | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Forumsregeln