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Heute 20 Uhr Partie Nummer zwei (Sonstiges)

Nolte, Samstag, 12.11.2016, 18:20 (vor 3310 Tagen) @ Joerg005

So, die erste Partie des sportlichen Höhepunkts 2016 endete heute Nacht nach vier Stunden remis. Carlsen überraschte die Schachwelt mit seiner Eröffnungswahl, indem er den sogenannten Trompowsky-Angriff auf's Brett brachte. Diese Variante gilt als recht gute Überraschungswaffe, weil sie nicht so ausanalysiert ist wie die Hauptsysteme, hat aber nicht den Ruf, die Schwarzspieler vor ähnliche Herausforderungen zu stellen wie komplexere Varianten.
Karjakin reagierte darauf zügig, ließ sich nichts anmerken, und wählte einen soliden Aufbau. An manchen Stellen sah es so aus, als könne Carlsen eine seiner typischen technischen Stellungen auf's Brett bekommen, mit denen er seinen Gegner noch lange würde quälen können; aber immer, wenn es darauf ankam, fand Karjakin Fortsetzungen, die Zugeständnisse von seinem Gegner erforderten, sodass man sich dann eben doch schon nach 40 Zügen mit einer Zugwiederholung unentschieden trennte.

Diese erste Partie mag noch nicht allzu spektakulär gewesen sein, aber sie zeigt bereits ein paar Hinweise:
1) Carlsen scheint seine bewährte Strategie beibehalten zu wollen, mit Weiß Risiko zu vermeiden und technische Stellungen anzustreben, in denen er langsam kleine Vorteile anhäufen kann.
2) Carlsens Wahl des Trompowsky-Angriffs könnte einen Rückschluss auf seine Matchstrategie zulassen: Diese Eröffnung ist sicherlich nicht geeignet, um sie das gesamte Match über zu spielen, sondern wird von Anfang an nur für diese eine und eventuell eine zweite Partie geplant gewesen sein. Ich vermute, dass es allgemein Carlsens Absicht ist, weniger ausgetretene Pfade zu gehen und seinen Gegner das Match über immer wieder in seltenen Eröffnungsvarianten zu testen.
3) Karjakin hat dem ersten Versuch Carlsens bravourös standgehalten und mit den schwarzen Steinen seinem Gegner keinen Ansatz für ein Spiel auf Gewinn gegeben. In den Momenten, in denen er auf der Höhe sein musste, war er der Herausforderung jeweils gewachsen.

Nun wird Karjakin heute das erste Mal die weißen Steine führen. Er hat in der Regel eine "prinzipiellere" Herangehensweise an die Eröffnung als Carlsen, das heißt, Karjakin spielt eher die Hauptvarianten. Dabei ist er vornehmlich ein 1.e4-Spieler, hat allerdings in den letzen paar Jahren auch öfters zum Damenbauern gegriffen, mit wechselhaftem Erfolg. Es wird interessant zu sehen sein, welchen Ansatz Karjakin in diesem Match verfolgt.
Carlsen verfügt auch mit Schwarz über ein breites Repertoire, wenn auch seine Haupteröffnung gegen 1.e4 die Berliner Variante der Spanischen Eröffnung ist. Dieses System, das als sehr schwer zu knacken gilt, kam jedoch besonders in der 4.d3-Variante nicht zuletzt dank Carlsens Erfolgen mit Weiß ein wenig unter Beschuss. Ich könnte mir gut vorstellen, dass diese Variante das Schlachtfeld stellt, auf dem diese Partie ausgetragen wird. Carlsen hat jedoch selbstverständlich auch andere Optionen, beispielsweise andere Varianten der Spanischen Partie; er hat jedoch auch schon manchmal die Französische Verteidigung angewandt und damit Karjakin vor einigen Jahren einmal sehr überzeugend besiegt. Ich würde mich sehr dafüber freuen, die auf Spitzenniveau eher selten anzutreffende Französische Verteidigung einmal wieder in einem WM-Match zu sehen.

Sollte Karjakins Team in der Vorbereitung keine wirklich durchschlagenden Ideen gegen die Berliner Variante gefunden haben, könnte auch 1.c4, die Englische Eröffnung, ein sehr interessanter Versuch für Karjakin sein. Sowohl hier wie auch auf 1.d4 - was ich auch für möglich, aber die am wenigsten wahrscheinliche Wahl halte - hat Carlsen in der Vergangenheit eine Vielzahl an Systemen angewandt.
Man darf gespannt sein, welchen Ansatz Karjakin verfolgen wird. Das komfortable Unentschieden gestern dürfte seinem Selbstvertrauen jedenfalls nicht geschadet haben, während Carlsen wahrscheinlich zumindest nicht ganz zufrieden damit gewesen sein dürfte, wie schnell sein Gegner alle Siegchancen abgeblockt hat.


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