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Ich dachte eigentlich das war allgemein bekannt. (Politik)

Ulrich, Samstag, 16.11.2024, 17:23 (vor 395 Tagen) @ pactum Trotmundense

Mich verwundert, dass dies so eine große Aufregung ist. Es war doch absolut offensichtlich in der Art und Weise wie es abgelaufen ist und wie direkt in den Minuten und Stunden danach quasi die komplette FDP-Spitze fast wortgleich nach Außen kommunizierte, es also offensichtlich eine gemeinsame Sprachregelung gab.

Ich weiß nicht, ob Du den Artikel der Zeit kennst. Aber zumindest ich hätte nicht erwartet, dass man so aufwändig eine Intrige gegen die beiden Koalitionspartner planen würde.

Das erste Mal hat man sich am 29.09. getroffen, damals in der Potsdamer Villa Erlenkamp, die der Friedrich-Naumann-Stiftung gehört. Anwesend waren Christian Lindner, Volker Wissing, Bijan Djir-Sarai, Johannes Vogel, Christian Dürr, Marco Buschmann und einige andere Leute, insgesamt zwölf Personen.

Besprochen wurden drei unterschiedliche Szenarien. Im sogenannten "Wolfgang-Gerhardt-Szenario" hätte man weiter bis zum Ende der Legislaturperiode konstruktiv in der Regierung gearbeitet. Im "Gerhard-Schröder-Szenario" hätte man Scholz dazu gebracht, die Vertrauensfrage zu stellen. Und im "D-Day-Szenario" wollte man den Bruch der Regierung selbst zu provozieren, SPD und Grüne so lange unter Druck setzen, bis der Kanzler die FDP-Minister feuert.

Die Mehrzahl der Teilnehmer war für ein vorzeitiges Ende der Koalition. Dagegen waren Volker Wissing und (laut Süddeutscher Zeitung) der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner. Christian Dürr bat sich Bedenkzeit aus. Marko Buschmann wird von der Zeit mit dem Satz zitiert "Der beste Schauspieler kann seine Rolle nur authentisch spielen, wenn er sich in ihr wohlfühlt". Das zielte darauf ab, dass man das Szenario wählen sollte, das Christian Lindner am besten liegt.

Auseinander gegangen ist die Runde dann mit drei Arbeitsaufträgen. Zunächst sollte ein wirtschaftspolitisches Konzept erarbeitet werden, das in der Regierung nicht konsensfähig ist. Dann sollte ein zweites Papier verfasst werden, dass eine aus FDP-Sicht extrem negative Bilanz der grünen Regierungspolitik darstellen sollte. Dieses Papier sollte der Presse durchgestochen werden. Und das dritte Papier sollte das Ausstiegsszenario der FDP noch detaillierter vorbereiten.

Am 06.10. fand das nächste Treffen statt, wieder in der Villa Erlenkamp. Christian Lindner war weiter, als die anderen erwartet hatten. Er hatte eine PowerPoint-Präsentation vorbereitet, in der er das Vorgehen beim Ausstieg aus der Regierung präzisierte. Man wollte jede Gesetzesinitiative der SPD oder der Grünen blockieren und mit der Botschaft in die Medien gehen, dass eine echte Wirtschaftswende mit diesen beiden Partnern nicht möglich sei. Falls Scholz trotz der Provokationen die FDP-Minister nicht aus der Regierung werfen sollte einigte man sich darauf, dann von sich aus die Regierung zu verlassen. Am 01.12. hätte sich Christian Lindner dann auf einem Parteitag als Vorsitzender bestätigen lassen und den Wahlkampf gestartet. Die Pläne sahen vor, dafür eine Halle in Berlin zu reservieren.

Die dritte Sitzung fand am 14.10. statt, dieses Mal in der FDP-Parteizentrale in Berlin. Dort hat man die Zeitpläne für das Ende der Ampel weiter konkretisiert, zudem hatte man eine Demoskopin zu Gast. Während dieser Sitzung gerieten Volker Wissing und Christian Lindner aneinander. In dem Zusammenhang soll die Lindner-Aussage, er könne "diese Fressen nicht mehr sehen" gefallen sein.

Am 28.10. verschickte der Bundesgeschäftsführer innerhalb der Partei wie geplant ein Papier "Aktuelle Bewertung Bündnis 90/Die Grünen". - "streng vertraulich/intern". Wie geplant ging das sofort auch an die Medien.

Am 01.11. erschien dann in der FAZ ein Artikel von Volker Wissing, in dem der deutlich vor einem Koalitionsbruch warnte. Wenig später erschien dann im Stern Christian Lindners sofort als "Scheidungsantrag" bezeichnetes Papier. Angeblich war die Veröffentlichung zu dem Zeitpunkt wohl noch nicht geplant, wer es durchgesteckt hat scheint unklar.

Am Sonntag, dem 3.11. trafen Scholz und Lindner im Kanzleramt zusammen. Scholz hat Lindner dabei mitgeteilt, dass die Koalition enden müsse, falls man sich nicht einige.

Am 04.11. dann das nächste Treffen der FDP-Gruppe, dieses Mal ohne Volker Wissing. Man ging nicht davon aus, dass Scholz die FDP-Minister kurzfristig entlassen würde. Aus dem Grund plante man, selbst die Koalition zu verlassen. Und zwar am Freitag, dem 08.11., wenn Scholz auf dem EU-Gipfel in Budapest gewesen wäre. So wollte man die Deutungshoheit gewinnen. Scholz wäre in Budapest in die Aktivitäten der EU-Regierungschefs eingebunden gewesen, man selbst hätte in Berlin frei agieren können.


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