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Friedensnobelpreis 2019 - Skandalöse Entscheidung (Sonstiges)

Nolte, Freitag, 11.10.2019, 22:37 (vor 1652 Tagen) @ Fluegelflitzer


Ich denke nicht. Man kann ihm zu Gute halten, dass es wohl unmöglich wäre, sich in Äthiopien einen verdienten Friedensnobelpreis zu verdienen. Das Land ist ein Gebilde, das so tief in strukturellen Problemen, verfeindeten Stämmen und gewalttätigen Konflikten versunken ist, dass man Fortschritte höchstens über Jahrzehnte sehen könnte.

Das Land hat aufgrund seiner komplexen Geschichte tatsächlich einen Haufen schwieriger Probleme, das stimmt.

Auch Abiy versucht den Konflikt mittlerweile mit Repressalien, dem Einsatz des Militärs im Inland und Einschränkungen der gesellschaftlichen Freiheiten zu begegnen. So hat er z.B. am 22 Juni einfach mal landesweit das Internet abgestellt, als es in Amhara zu einem "Konflikt" gekommen ist. Hast du davon selbst was erlebt?

Ich war da nicht in Äthiopien, sondern bin mur aus beruflichen Gründen immer wieder mal da. Aber es stimmt, nach dem "Konflikt" war erstmal kompletter Informationsstop, und die Äthiopier selbst erfuhren fast noch weniger als der Rest der Welt.

Für nicht Eingeweihte: Der "Konflikt" des 22. Juni bestand aus einer Reihe politischer Morde. Opfer waren unter Anderem der General des äthiopischen Militärs sowie der Präsident und der Generalanwalt der Region Amhara (vergleichbar einem deutschen Bundesland). Mutmaßlicher Drahtzieher dieser Attentate war ein ehemaliger General, der vor etwa zehn Jahren wegen eines angeblichen Putschversuchs von der damaligen autokratischen Regierung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, was von der internationalen Presse scharf kritisiert wurde. Abiy hat diesen General vor einem Jahr begnadigt und ihm seine frühere Position als "Peace ans Security Chief" der Region Amhara wiedergegeben...

Auf der anderen Seite hat er aber auch viele alte, autoritäre Instrumente abgeschafft und für einigermaßen freie, unabhängige Medien gesorgt. Zudem hat er viele ehemals Vertriebene zurück ins Land willkommen.

Darunter nationalistische Hardliner, die die Terrorgefahr weiter in die Höhe treiben.

Er hat sich augenscheinlich ein Vorbild an Eritrea genommen und versucht über die konsequente Durchsetzung von Steuern, besonders auf im Ausland erwirtschaftetes Einkommen, nationale Strukturen im Bereich Bildung und Sozialstaat aufzubauen. Ich halte Ihn durchaus für einen der ehrlichsten und ambitioniertesten Politiker Afrikas, aber der wieder stark aufgeflammte Konflikt im Land zeigt, dass er vielleicht vor einer im Moment unlösbaren Aufgabe steht.

Was Bildung angeht, muss er die Leistung der tatsächlich autokratisch regierenden Vorgänger aber erstmal erreichen. Da war massiv investiert worden. Dass es dagegen an Freiheit und Achtung von Menschenrechten mangelte, ist unbestritten. In dieser Hinsicht besteht bei Abiy tatsächlich Grund zur Hoffnung.


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