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24.06.1989 DFB Pokalsieger Borussia Dortmund (BVB)

Ausputzer, Düsseldorf, Montag, 24.06.2019, 12:49 (vor 1769 Tagen) @ Lawless3012

In der aktuellen Borussia heißt es ja, „der Titel, der alles veränderte“. Der BVB wurde aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Für mich persönlich (Jahrgang 70) war es Abschluss des „Erweckensprozesses“ aus Relegation, Spiel gegen Celtic in der Saison 87/88 und Pokalfinale 1989 - wobei ich die erfolglosen Jahre und 2. Liga ja nur aus den Geschichten meiner Eltern kannte Umich aber andererseits sehr gut an das legendäre Spiel mit dem Schlachtruf "Vorstand, Trainer, Tippenhauer raus!" und dem Pass auf rechts (Nord-Ost) erinnern kann, der Passempfänger aber ein Einwechselspieler war, der beim Warmmachen einen Spurt angezogen hatte).

Meine Eltern hatten von 1976 bis 1982 Dauerkarten und so war ich sehr jung (erstes Spiel 1. Spieltag Saison 1978/79) regelmäßig im Stadion – und als meine Eltern die Dauerkarten abgaben (Sparmaßnahme wg. ETW) war das kein Problem, weil es ja immer ausreichend Jugendkarten am Spieltag gab. Endgültig „verloren“ an unsere Borussia war ich mit dem Relegationsspiel gegen Fortuna Köln und der Erlösung durch Wegmanns Stolpertor. Das Entscheidungsspiel in Düsseldorf war mein erstes „Auswärtsspiel“. Das Uefa-Cup Spiel 1987 (mit Murdo McLeod) gegen Celtic und zwei Dickel-Toren beim 1:0 mein „weitester Sturz“ die Süd hinab (damals Block 13, wie gesagt alles mit Jugendkarten). Als wie dann 1989 das Finale in Berlin erreicht hatten, waren mein Schulkumpel, mit dem ich immer ins Stadion ging, und ich uns sicher, wir würden alles probieren, um dabei zu sein.

Man darf nicht vergessen, dass Fußball damals noch nicht so ein Event war wie heute. Als der Slogan „40.000 – fahren nach Berlin“ aufkam, war das für damalige Verhältnisse völliger Wahnsinn, dass so viele Menschen wegen eines Fußballspiels 500 km weit fahren würden – durch die DDR mit den Grenzkontrollen.

Für jeden Dauerkarteninhaber war eine Endspielkarte reserviert – aber meine Eltern hatten ja keine Dauerkarten mehr. Ich kann mich nicht erinnern, aber sie behaupten, ich hätte sie ordentlich beschimpft, dass sie (7 Jahre zuvor) die Dauerkarten abgegeben hatten.

Trotzdem hatte ich schnell zwei Karten sicher: mein Vater unterhielt sich seit Jahren mit seinem Friseur über Borussia – und der hatte (auch) zwei Dauerkarten. Im Leben wäre er nicht auf die Idee gekommen, nach Berlin zu fahren. Mein Vater erzählte ihm von der verrückten Vorhaben seines Filius‘ und der Friseur sagte, na wenn er wirklich dort hin will, kann er meine Dauerkarten umtauschen.

Wahrscheinlich hat er sich kurz darauf etwas geärgert, weil für damalige Verhältnisse unglaubliche Beträge für Finalkarten gezahlt wurden (verkauft wurde über die Kleinanzeigen in den Ruhr-Nachrichten bzw. der Westfälischen Rundschau/WAZ).

So hatte ich zwei Karten, aber keine Vorstellung wie ich nach Berlin kommen sollte. Meine Fragen ob ich a) das Auto von Papa bekäme oder b) er mit mir dorthin fahren würde, lösten jeweils nur ungläubiges Kopfschütteln aus. Wir hätten gegen Bremen doch eh keine Chance.

Meinem Kumpel sagte ich, am schönste wäre es, wenn wir zusammen dorthin könnten, aber die zweite Karte sei nachvollziehbarerweise primär für den, der mir eine Fahrgelegenheit nach Berlin verschaffen könne. Aus meiner Schule hatten zwei andere Stufenkollegen – mit denen wir gar nicht so viel zu tun hatten – auch Karten und vor allem....einer von den beiden hatte tatsächlich schon ein eigenes Auto. Alt, klapprig, aber fahrtüchtig.

So sind wir zu viert mit vielen Ermahnungen und Hinweisen zum Umgang mit der DDR-Grenzpolizei am 24.06.1989 Samstag früh am Morgen auf die A2 nach Berlin aufgebrochen. Es war brennend heiß, eng in der Karre und wir waren voller Aufregung. Auf der Hutablage war natürlich eine aufblasbare Banane positionier....und es war ein komisch/schönes Gefühl, als wir auf der Autobahn immer mehr Verrückte sahen, die wie wir auf dem Weg zum Pokalfonale waren (das Pokalfinal wurde ja erst seit 1985 fest in Berlin ausgetragen, vorher hatte der Finalort immer gewechselt). Bei der Kontrolle Einreise DDR Helmstedt/Marienborn fragte der Grenzpolizist was denn heute so viele in schwarz/gelb unterwegs seien; wir erklärten ihm, dass mit uns noch weitere 40.000 unterwegs seien...er hat nur gelacht.

Der Tag in Berlin war sehr sonnig, absolut entspannt und irgendwie hatten sich alle Dortmunder an der Gedächtniskirche getroffen (mir ist nicht bekannt, ob das Zufall war oder es damals einen Aufruf gegeben hatte).

Das Olympiastadion hatte noch rundumlaufende Holzbänke, unsere Karten waren links hinter dem Tor auf der Marathontorseite. Es viel das 1:0 für Werder und unsere ganze jugendliche Euphorie und Vorfreude war dahin. Zum Glück fiel schnell das 1:1...ich glaube nicht, dass ich mich noch an das Spiel selbst weiter erinnern könnte, wenn ich es nicht zigmal auf Video/DVD gesehen hätte. Der Spielverlauf selbst ist bekannt. Ich weiß noch, dass nach dem 2:1 durch Mill die Zeit einfach nicht weitergehen wollte....dann machte Nobby das 3:1 und wir waren noch nicht mit Jubeln fertig, als Lusch das 4:1 machte. Damit ist für mich das Spiel zu Ende. Ich habe keinerlei Erinnerung mehr, wie wir im Stadion gefeiert haben, was wir unmittelbar im Anschluss gemacht haben, bzw. wie lange wir noch im Stadion waren. Es dürfte aber nicht allzu lange gewesen sein. Denn es war noch hell (ok, ist ja auch Sommer), als wir wieder auf Helmstedt/Marienborn zufuhren...und im Stau standen. Bei der Ausreise aus der DDR wurde natürlich noch strenger kontrolliert als bei der Einreise und so staute es sich extrem weit zurück. Und es war immer noch heiß! Und es war strengstens verboten, auf der Transitstrecke das Auto zu verlassen. Aber es war so heiß...und wir und alle anderen Dortmunder in dem Stau waren so euphorisiert und glücksselig, dass es uns schließlich egal war. Fast alle sind aus ihren Autos ausgestiegen und haben den Pokalsieg gefeiert. An den Rändern standen schon die mit Ferngläsern ausgestatteten Beobachtungsposten, die normalerweise schon im Vorfeld verdächtige Fahrzeuge an den Grenzübergang melden sollten. Diesmal waren aber fast alle verdächtig, bzw. verhielten sich einfach verrückt.

Irgendwann waren wir auch dort durch, vollkommen erschöpft, außer dem Fahrer (der zwischendurch auch zumindest eine kleine Schlafpause machen musste) schliefen alle und wir waren gegen 4.00 Uhr wieder in Dortmund....und haben es uns nicht nehmen lassen, noch am Borsigplatz vorbeizufahren. Der Müll zeigte, dass hier ordentlich was los gewesen sein musste...jetzt war er menschenleer...und wir sind hupend unsere private Ehrenrunde gefahren.

Epilog: Mein Kumpel und ich haben uns in den Wochen danach eine eigene Dauerkarte zugelegt. In den Jahren sind wir von Block 13 auf Block 15 und dann auf die Osttribüne gewechselt und haben jeweils unproblematisch unsere Karten umschreiben können. Aber auch als es die BVB-Karten als Zugabe bei McDonalds gab, wären wir nicht auf die Idee gekommen, unsere Dauerkarten abzugeben – wer weiß, wann wir wieder im Finale stehen.


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