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Das Netz feiert Klopp, wegen dieses Auftritts... (Fußball und Sport allgemein)

Ackermann, Dorthorn, Dienstag, 27.09.2016, 15:55 (vor 3357 Tagen) @ pornstache

Der Anfang der Aussagen von Titandrücker ist doch nicht zu beanstanden.

Ok, ich sehe sie in Kontext zu allem, das ich hier von ihm zu Klopp so über die Jahre las. Das hatte ich aber auch versucht, einzupflegen. Aber gut, es ist mir Wert, jetzt ein klein wenig dataillierter zu antworten (ich bin ja selbst nicht so 100% glücklich damit, dass dieses Forum mir kaum noch mehr, als ein paar Kurzkommentare entlockt)

Es wird ja kein möglichst spannender Lebenspartner gesucht, sondern ein Trainer. Da sollte der Aspekt der fachlichen Kompetenz schon das Wichtigste sein, unter Einschluss der Wirkung auf die Mannschaft.

Hier sind wir schon in medias res: Die fachliche Kompetenz des Jürgen Klopp.

Jürgen Klopp hat - wie er immer betonte, auf Basis der Lehren von Thomas Franck - eine taktische Revolution im deutschen Fußball initiiert. Wegen Jürgen Klopp (und nicht wegen Ralf Rangnick) spielen die Vereine, deren Mannschaften nicht über die individuelle Klasse der Kontrahenten verfügen, seit geraumer Zeit einen aggressiven, Räume verdichtenden Fußball "gegen den Ball".

Er hat nichts ganz neu erfunden, jedoch eine gute Theorie mit so viel Leben besetzt, dass sie funktionierte, Titel errang und einen Trend setzte.

Und etwas Montagabend im TV toll zu erklären bedeutet nicht zwangsläufig, das auch Profis am besten von allen Trainern des Universums zu vermitteln. Die fehlende Weiterentwicklung der Mannschaft nach 2012 lässt schon Zweifel aufkommen, ob Klopp tatsächlich in der Lage ist, seinen Spielern auf allerhöchstem Nveau für alle Aufgabenstellungen Lösungsansätze an die Hand zu geben.

Es gibt keinen besten Trainer der Welt. Komplett unsäglich ist aber seine Diffamierung als kumpeliger Plauscheonkel, der sogar noch 86jährigen launig die taktischen Feinheiten des Fußballs erklären kann.

Insbesondere dann, wenn sie von einem offenkundigen Fußballfachlaien permanent ausgesprochen wird.

Ich stelle nüchtern fest, dass die Fußballphilosophie des Jürgen Klopp den LFC binnen eines halben Jahres in ein EL-Finale führte. Ich erspare mir dabei die Spitze, welchen auf den Titel (mit)favorisierten Verein er dabei mittels seines Verständnisses von Fußball aus dem Rennen warf.

Ich stelle nüchtern fest, dass das mit einer Mannschaft geschah, auf deren Zusammensetzung er keinerlei Einfluss hatte. In einer Situation, die eine Analyse des Kaders aufgrund der Taktung von Pflichtspielen nicht ermöglichte.

Ich stelle nüchtern fest, dass heute nicht 86jährige sich von ihm den Fußball erklären lassen, sondern ganz Fußball-England sagt, mit - und wegen - ihm ist Liverpool schon dieses Jahr ein heißer Titelkandidat.

Was die "fehlende Weiterentwicklung" der Mannschaft seit 2012 angeht, haben wir hier viele Diskussionen geführt. Dann jetzt gern meine Sicht, Stand Ende September 2016:
Ich weiß nicht, wie man es schafft, heute einfach auszublenden, dass der BVB - trotz zweier Meisterschaften in Folge, inklusive Double 2012 - einfach nicht die finanziellen Mittel hatte, gegen die angepissten Raubritter aus dem Süden anzustinken.
Ich weiß auch nicht, was an einer Vizemeisterschaft hinter den Monsterbayern der Jahre 2013 und 2014 (inklusive CL-Finale 2013) darauf hinweist, dass er seiner Mannschaft keine Lösungsansätze für die Aufgabenstellungen an die Hand geben konnte.

Ich sehe mich heute in meiner damaligen Annahme eher bestätigt, dass es weniger der Mangel an Lösungsansätzen war, der die Mannschaft von ~80 (sensationellen) auf ~70 (noch immer sehr dankenswerte) herunter brach, sondern eine Summierung vieler Faktoren.

Kurz angerissen (weil das echt sonst ausufern würde):

- Götze
- Lewandowski und das ganze Getöse
- grundsätzliche Saturiertheit im Kader

Was ich ihm - dann aber auch der sportlichen Leitung - hier zum Vorwurf machen könnte (aber nicht will, weil die epochale Leistung, die er für den BVB erbrachte, mir das nicht zulässt), ist der Umstand, dass (heute) gefühlt etwas weniger Vertrauen in den bestehenden Kader und ewas mehr kritische Distanz zu einzelnen Spielern einer Weiterentwicklung dienlich gewesen wären.

Das ließ sich dann ja auch in der Saison 14/15 (bei der dann ja noch die "Form" der WM-Touristen und das unfassbare Lazarett hinzu kamen) nicht mehr wirklich übersehen.
Da stand gar keine Truppe mehr auf dem Platz, die den Fußball spielte, den ihr Trainer sehen möchte. Den er ihnen bei zubringen versucht. Den er propagiert und für den er bejubelt oder gescholten wird.

Den Trainer da für ein System zu kritisieren ("veraltet, ideenlos, eindimensional"), das gar nicht auf dem Rasen zu sehen ist, habe ich damals nicht verstanden. Und ich verstehe es bis heute nicht.

Das ist - mit Verlaub plakativ - als kritisiere man das "System Guardiola" bei einer Mannschaft Guardiolas, die sich hinten rein stellt und wartet, was der Gegner macht.

In der Abschieds-PK hat Klopp Worte gefunden, die schon sehr vieles verdeutlichen. Ich denke, die muss ich jetzt nicht zitieren. Die sollte jeder Borusse in Erinnerung haben (selbst die jüngste Generation, die hier mittut).

Und die sollte jedem dann auch gegenwärtig sein, wenn er betrachtet, was hier personell inzwischen geschehen ist.

Die Aussage, dass irgendwann alle mit Verstand ihn nur abfeiern müssen, kann ich daher nicht nachvollziehen, auch wenn er natürlich viel Charisma hat und als Trainer fasziniert.

Diese Aussage habe ich so nicht wahrgenommen. Im Gegenteil habe ich von Jimmy48 eine Spitze gegen jene gelesen, die exakt das Gegenteil tun:

Die Geschmäcker sind aber verschieden, und nicht jeder mag die omnipräsente Freibieraura oder hat sich jedesmal bei seinen PKs vor Lachen gebogen.

Hier, mein Freund, frage ich mich, ob du nicht auch zu dem Kreis derer gehörst, an die ich meine Gedanken einfach nur wertlos verschleudere.

Es gab nie Freibier von Jürgen. Nicht einmal als Aura. Wer das so aufgenommen hat, sollte sich vielleicht auch einmal hinterfragen - so retrospektiv - warum er das denn so aufgenommen hat.


Nix für ungut und guter Gruß,

Holger


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