Parlamentswahl in Frankreich: Macron verfehlt wohl absolute Mehrheit (Politik)
Wallone, Sonntag, 19.06.2022, 21:05 (vor 1281 Tagen)
https://www.tagesschau.de/ausland/frankreich-wahl-237.html
Ich mach mach dazu mal einen Thread auf. Auch wenn die Gefahr besteht, dass das hier versandet. In Deutschland wird die Wahl zur französischen Nationalversammlung in ihrer Bedeutung häufig unterschätzt. Dabei ist der Präsident nach der Verfassung quasi gezwungen eine/n Premierminister/in und eine Regierung zu ernennen, die eine Mehrheit im Parlament hat.
Diese Regierung kann dann theoretisch auch eine Menge am Präsidenten vorbei entscheiden. Es ist also nicht nur so, wie häufig in deutschen Medien zu hören war, dass eine Regierung, die nicht dem Lager des Präsidenten entspricht, dessen Politik nur erschweren könnte. Sie hat weitgehende eigene Gestaltungsmöglichkeiten.
Dreimal in der Geschichte der V. Französischen Republik gab es eine solche "Cohabitation" zwischen unterschiedlichen politischen Lagern. Diesmal gibt es trotz des speziellen Mehrheitswahlrechts die Möglichkeit eines politischen Patts. Sowohl das Bündnis Macrons als auch das Linksbündnis Mélenchons könnten eine Mehrheit verfehlen. Hauptgrund: Marine Le Pens rechtsradikale Partei wird wohl deutlich stärker einziehen. Auch die Konservativen spielen vermutlich noch eine wichtige Rolle – auch sie werden wohl einen durchaus relevanten Anteil von Abgeordneten haben.
Parlamentswahl in Frankreich: Detailergebnisse
Wallone, Dienstag, 21.06.2022, 10:36 (vor 1280 Tagen) @ Wallone
Wen die Detailergebnisse interessieren, findet bei Le Monde Grafiken und Wahlkreiskarten, die sich auch ohne Französischkenntnisse erschließen (auf deutschen Seiten hab ich sowas nicht gefunden):
Macron sondiert derzeit eine Regierungsbildung. Das wird bei den Mehrheiten nicht leicht. Ganz interessant ist übrigens, wie sich das Linksbündnis "Nupes" nach Abgeordneten der jeweiligen Parteien zusammensetzt. Auf der Startseite des Figaro findet sich eine Grafik, die das deutlich macht: https://www.lefigaro.fr/
Demnach fallen bei "Nupes" 84 Sitze auf Mélenchons Partei, 28 auf die PS (Sozialdemokraten) 23 auf die Grünen und 14 auf die Kommunisten. Das ist gerade für die PS nach dem katastrophalen Abschneiden ihrer Präsidentschaftskandidatin ein durchaus achtbares Ergebnis. In diesem Zusammenhang auch ganz interessant: Bis auf seine eigene Partei haben die anderen Parteien Mélenchons Forderung nach einer gemeinsamen einheitlichen Parlamentsfraktion zurückgewiesen.
Macron fehlen 43 Sitze zur Mehrheit
Franke, Mittwoch, 22.06.2022, 17:17 (vor 1278 Tagen) @ Wallone
Er braucht entweder LR-UDI für dann 310 von 577 Sitzen oder PS und Grüne, was mit dann 297 Sitzen relativ knapp drüber wäre.
111 Sitze Melenchon/Kommunisten/Linke, 100 Sitze RN/Rechte/Extreme Rechte. Jeder von denen hat es in seinem Wahlkreis zur zumindest relativen Mehrheit der Stimmen geschafft.
Macron fehlen 43 Sitze zur Mehrheit
Will Kane, Biosphärenreservat Bliesgau, Mittwoch, 22.06.2022, 17:39 (vor 1278 Tagen) @ Franke
Er braucht entweder LR-UDI für dann 310 von 577 Sitzen oder PS und Grüne, was mit dann 297 Sitzen relativ knapp drüber wäre.
111 Sitze Melenchon/Kommunisten/Linke, 100 Sitze RN/Rechte/Extreme Rechte. Jeder von denen hat es in seinem Wahlkreis zur zumindest relativen Mehrheit der Stimmen geschafft.
Les Républicains haben bereits eine strikte Absage erteilt. Was zu erwarten war, nachdem Macron gerade diese Partei besonders gedemütigt hatte (so wird es in Frankreich zumindest empfunden). interessant auch die Aussage, man sei kein Deutscher und habe sein eigenes politisches System zu dem man stehe. Komsenspolitik ist in Frankreich halt unbekannt bzw. nicht beliebt.
Die Linksextremen wollen auch nicht, aber Sozialisten und vor allem Grüne scheint die Aussicht auf Macht zu locken. Zumindest haben sie die Bildung einer gemeinsamen Fraktion mit den Linksextremen abgelehnt, was als Zeichen an Macron gewertet wird.
Macron wird übrigens mit allen sprechen, auch mit dem RN.
Macron fehlen 43 Sitze zur Mehrheit
nacho, Mittwoch, 22.06.2022, 17:51 (vor 1278 Tagen) @ Will Kane
Er braucht entweder LR-UDI für dann 310 von 577 Sitzen oder PS und Grüne, was mit dann 297 Sitzen relativ knapp drüber wäre.
111 Sitze Melenchon/Kommunisten/Linke, 100 Sitze RN/Rechte/Extreme Rechte. Jeder von denen hat es in seinem Wahlkreis zur zumindest relativen Mehrheit der Stimmen geschafft.
Les Républicains haben bereits eine strikte Absage erteilt. Was zu erwarten war, nachdem Macron gerade diese Partei besonders gedemütigt hatte (so wird es in Frankreich zumindest empfunden). interessant auch die Aussage, man sei kein Deutscher und habe sein eigenes politisches System zu dem man stehe. Komsenspolitik ist in Frankreich halt unbekannt bzw. nicht beliebt.Die Linksextremen wollen auch nicht, aber Sozialisten und vor allem Grüne scheint die Aussicht auf Macht zu locken. Zumindest haben sie die Bildung einer gemeinsamen Fraktion mit den Linksextremen abgelehnt, was als Zeichen an Macron gewertet wird.
Macron wird übrigens mit allen sprechen, auch mit dem RN.
Naja man kann sich ja an Israel und italien orientieren was die Anzahl der Neuwahlen angeht…wenn ihnen das besser gefällt als miteinander zu reden
Macron fehlen 43 Sitze zur Mehrheit
Will Kane, Biosphärenreservat Bliesgau, Mittwoch, 22.06.2022, 18:31 (vor 1278 Tagen) @ nacho
Er braucht entweder LR-UDI für dann 310 von 577 Sitzen oder PS und Grüne, was mit dann 297 Sitzen relativ knapp drüber wäre.
111 Sitze Melenchon/Kommunisten/Linke, 100 Sitze RN/Rechte/Extreme Rechte. Jeder von denen hat es in seinem Wahlkreis zur zumindest relativen Mehrheit der Stimmen geschafft.
Les Républicains haben bereits eine strikte Absage erteilt. Was zu erwarten war, nachdem Macron gerade diese Partei besonders gedemütigt hatte (so wird es in Frankreich zumindest empfunden). interessant auch die Aussage, man sei kein Deutscher und habe sein eigenes politisches System zu dem man stehe. Komsenspolitik ist in Frankreich halt unbekannt bzw. nicht beliebt.Die Linksextremen wollen auch nicht, aber Sozialisten und vor allem Grüne scheint die Aussicht auf Macht zu locken. Zumindest haben sie die Bildung einer gemeinsamen Fraktion mit den Linksextremen abgelehnt, was als Zeichen an Macron gewertet wird.
Macron wird übrigens mit allen sprechen, auch mit dem RN.
Naja man kann sich ja an Israel und italien orientieren was die Anzahl der Neuwahlen angeht…wenn ihnen das besser gefällt als miteinander zu reden
Auf Neuwahlen in einem Jahr wird aktuell am meisten gewettet.
Es ist halt eine andere politische Kultur. Für Franzosen wirkt unsere politische Kultur halt auch merkwürdig.
Das muss man schlicht so akzeptieren wie es ist.
Parlamentswahl in Frankreich: Macron verfehlt wohl absolute Mehrheit
Nike79, Sonntag, 19.06.2022, 21:18 (vor 1281 Tagen) @ Wallone
https://www.tagesschau.de/ausland/frankreich-wahl-237.html
Ich mach mach dazu mal einen Thread auf. Auch wenn die Gefahr besteht, dass das hier versandet. In Deutschland wird die Wahl zur französischen Nationalversammlung in ihrer Bedeutung häufig unterschätzt. Dabei ist der Präsident nach der Verfassung quasi gezwungen eine/n Premierminister/in und eine Regierung zu ernennen, die eine Mehrheit im Parlament hat.
Diese Regierung kann dann theoretisch auch eine Menge am Präsidenten vorbei entscheiden. Es ist also nicht nur so, wie häufig in deutschen Medien zu hören war, dass eine Regierung, die nicht dem Lager des Präsidenten entspricht, dessen Politik nur erschweren könnte. Sie hat weitgehende eigene Gestaltungsmöglichkeiten.
Dreimal in der Geschichte der V. Französischen Republik gab es eine solche "Cohabitation" zwischen unterschiedlichen politischen Lagern. Diesmal gibt es trotz des speziellen Mehrheitswahlrechts die Möglichkeit eines politischen Patts. Sowohl das Bündnis Macrons als auch das Linksbündnis Mélenchons könnten eine Mehrheit verfehlen. Hauptgrund: Marine Le Pens rechtsradikale Partei wird wohl deutlich stärker einziehen. Auch die Konservativen spielen vermutlich noch eine wichtige Rolle – auch sie werden wohl einen durchaus relevanten Anteil von Abgeordneten haben.
Gerade noch an Le Pen vorbei geschrammt und jetzt droht Mélenchon. Das hätte massiv negative Auswirkungen auf die europäische Gemeinschaft.
Parlamentswahl in Frankreich: Macron verfehlt wohl absolute Mehrheit
Lattenknaller, Madrid, Sonntag, 19.06.2022, 21:35 (vor 1281 Tagen) @ Nike79
https://www.tagesschau.de/ausland/frankreich-wahl-237.html
Ich mach mach dazu mal einen Thread auf. Auch wenn die Gefahr besteht, dass das hier versandet. In Deutschland wird die Wahl zur französischen Nationalversammlung in ihrer Bedeutung häufig unterschätzt. Dabei ist der Präsident nach der Verfassung quasi gezwungen eine/n Premierminister/in und eine Regierung zu ernennen, die eine Mehrheit im Parlament hat.
Diese Regierung kann dann theoretisch auch eine Menge am Präsidenten vorbei entscheiden. Es ist also nicht nur so, wie häufig in deutschen Medien zu hören war, dass eine Regierung, die nicht dem Lager des Präsidenten entspricht, dessen Politik nur erschweren könnte. Sie hat weitgehende eigene Gestaltungsmöglichkeiten.
Dreimal in der Geschichte der V. Französischen Republik gab es eine solche "Cohabitation" zwischen unterschiedlichen politischen Lagern. Diesmal gibt es trotz des speziellen Mehrheitswahlrechts die Möglichkeit eines politischen Patts. Sowohl das Bündnis Macrons als auch das Linksbündnis Mélenchons könnten eine Mehrheit verfehlen. Hauptgrund: Marine Le Pens rechtsradikale Partei wird wohl deutlich stärker einziehen. Auch die Konservativen spielen vermutlich noch eine wichtige Rolle – auch sie werden wohl einen durchaus relevanten Anteil von Abgeordneten haben.
Gerade noch an Le Pen vorbei geschrammt und jetzt droht Mélenchon. Das hätte massiv negative Auswirkungen auf die europäische Gemeinschaft.
Inwiefern? Der Präsident hat ja starke Befugnisse im Rahmen der Außenpolitik. Und zusammen mit den Republicains hat Macron ja Mehrheiten wenn es um die Umsetzung europ. Vorgaben geht. Außerdem besteht das Linksbündnis von Melenchon zu Teilen aus europafreundlichen Parteien. Die neue Regierung wird stärker das Parlament einbeziehen müssen, die Frage ist, ob Macron dann für die neue Regierung auf links oder rechts zugeht?
Parlamentswahl in Frankreich: Macron verfehlt wohl absolute Mehrheit
Will Kane, Biosphärenreservat Bliesgau, Montag, 20.06.2022, 00:02 (vor 1281 Tagen) @ Lattenknaller
https://www.tagesschau.de/ausland/frankreich-wahl-237.html
Ich mach mach dazu mal einen Thread auf. Auch wenn die Gefahr besteht, dass das hier versandet. In Deutschland wird die Wahl zur französischen Nationalversammlung in ihrer Bedeutung häufig unterschätzt. Dabei ist der Präsident nach der Verfassung quasi gezwungen eine/n Premierminister/in und eine Regierung zu ernennen, die eine Mehrheit im Parlament hat.
Diese Regierung kann dann theoretisch auch eine Menge am Präsidenten vorbei entscheiden. Es ist also nicht nur so, wie häufig in deutschen Medien zu hören war, dass eine Regierung, die nicht dem Lager des Präsidenten entspricht, dessen Politik nur erschweren könnte. Sie hat weitgehende eigene Gestaltungsmöglichkeiten.
Dreimal in der Geschichte der V. Französischen Republik gab es eine solche "Cohabitation" zwischen unterschiedlichen politischen Lagern. Diesmal gibt es trotz des speziellen Mehrheitswahlrechts die Möglichkeit eines politischen Patts. Sowohl das Bündnis Macrons als auch das Linksbündnis Mélenchons könnten eine Mehrheit verfehlen. Hauptgrund: Marine Le Pens rechtsradikale Partei wird wohl deutlich stärker einziehen. Auch die Konservativen spielen vermutlich noch eine wichtige Rolle – auch sie werden wohl einen durchaus relevanten Anteil von Abgeordneten haben.
Gerade noch an Le Pen vorbei geschrammt und jetzt droht Mélenchon. Das hätte massiv negative Auswirkungen auf die europäische Gemeinschaft.
Inwiefern? Der Präsident hat ja starke Befugnisse im Rahmen der Außenpolitik. Und zusammen mit den Republicains hat Macron ja Mehrheiten wenn es um die Umsetzung europ. Vorgaben geht. Außerdem besteht das Linksbündnis von Melenchon zu Teilen aus europafreundlichen Parteien. Die neue Regierung wird stärker das Parlament einbeziehen müssen, die Frage ist, ob Macron dann für die neue Regierung auf links oder rechts zugeht?
Das hängt von den jeweiligen Projekten ab, welche der Präsident / die Regierung durchziehen will.
Die Rentenreform wird mit dem Linksbündnis nicht zu machen sein, mit den Républicains schon. Bei den Entlastungsmaßnahmen für die Bevölkerung dürfte es eher andersherum sein. Eine Zwickmühle.
Mit wechselnden Mehrheiten wird es nicht funktionieren. Ganz gleich welcher Seite sich der Präsident zuwenden sollte, es wird nicht ohne Deals gehen. Und auf diese wird der Bündnispartner pochen.
Hier eine erste Einschätzung der Saarbrücker Zeitung:
Parlamentswahl in Frankreich: Macron verfehlt wohl absolute Mehrheit
Wallone, Sonntag, 19.06.2022, 22:32 (vor 1281 Tagen) @ Lattenknaller
Gerade noch an Le Pen vorbei geschrammt und jetzt droht Mélenchon. Das hätte massiv negative Auswirkungen auf die europäische Gemeinschaft.
Inwiefern? Der Präsident hat ja starke Befugnisse im Rahmen der Außenpolitik. Und zusammen mit den Republicains hat Macron ja Mehrheiten wenn es um die Umsetzung europ. Vorgaben geht. Außerdem besteht das Linksbündnis von Melenchon zu Teilen aus europafreundlichen Parteien. Die neue Regierung wird stärker das Parlament einbeziehen müssen, die Frage ist, ob Macron dann für die neue Regierung auf links oder rechts zugeht?
Ja, eine Koalitionsregierung. In Frankreich ist man sowas halt nicht so gewöhnt wie in Deutschland. Das politische System ist ja auch ein völlig anderes, das würde spannend.