Die Pfiffe gegen Gündogan waren richtig (Spieltage)

Caffery, Samstag, 09.06.2018, 12:08 (vor 2149 Tagen) @ guy_incognito

Als erstes würde ich bitten, die Vergleiche mit Gauland zu lassen. Diese lese ich derzeit überall und hängen mir schon zum Hals heraus. Es mag ja in der Natur des Menschen liegen, Argumentationen mit Vergleichen zu unterstützen, jedoch ist Herr Gauland, trotz seiner widerlichen Ansichten, nicht aktiv in die Verschleppung und Ermordung von Menschen involviert gewesen.

Ich weiß was Du meinst und ich stimme dem persönlich zu. Dennoch halte ich den Vergleich für durchaus angebracht und interessant - ähnlich angebracht wie z.b. den Vergleich mit Putin wenn man sie das Echo darauf im Vergleich vorstellen würde.

Es geht nicht darum wer in den Augen der Mehrheit "schlimmer" ist. Es geht in meinem Augen um zweierlei:

Es geht zunächst mal um das Recht zur Meinungsäußerung. Dieses wird Özil und Gündogan in jedem Falle genommen. Sie durften zwar "ihrem" Präsidenten huldigen - um der deutschen Öffentlichkeit ihre Beweggründe darzulegen dürfen sie sich aber lediglich als debile Pseudo-Opfer darstellen. Sie dürfen weder sagen: "Tut mir leid! Eigentlich finde ich Erdogan doof! Ich musste es aber dennoch machen weil ich mich von der türkischen Gemeinschaft gewzungen fühlte!". Noch dürften sie sagen: "Was wollt ihr denn? Ich finde den Mann super! Das ist meine Meinung und dies ein freies Land!" Eins von beiden wäre wahrscheinlich wahr (ich persönlich glaube eher an Letzteres). Auf jeden Fall aber wirft es m.E. ein finsteres Licht auf unsere Gesellschaft, dass es ihnen nicht möglich wäre eins von beiden offen zu sagen.

Der zweite Punkt ist dann in meinen Augen die sich daraus ergebende Heuchelei - man könnte auch sagen es wird mit zweierlei Maß gemessen. Würde sich ein Nationalspieler mit Gauland oder Putin derart in Szene setzen - ich bin mir sicher es wäre zu einem Ausschluss aus der Nationalmannschaft, zu einer extremen öffentlichen Ächtung, wahrscheinlich auch zu einem Rauswurf aus dem Verein gekommen - so der Spieler denn in Deutschland unter Vertrag wäre. Jede öffentliche Stellungnahme - selbst ein vollständiges Dementi inkl. öffentlichem zu Kreuze kriechen wäre obsolet gewesen. Obwohl ich für alle 3 nicht viel übrig habe, bin ich mir da ziemlich sicher und finde dies zutiefst "merkwürdig".

Völlig unabhängig davon, welchen dieser drei Herren man nun persönlich "schlimmer" findet - im Endeffekt geht es aber doch darum ob wir tolerieren, dass es Menschen in der Öffentlichkeit gibt die einen (oder mehrere) von ihnen super finden. Da sollte sich die Öffentlichkeit (bzw. wir alle) meines Erachtens endlich mal ganz nüchtern drüber Gedanken machen und eine klare Entscheidung treffen die für alle gilt.
Es ist nämlich definiv so, dass unser Land voll von Menschen ist die diese 3 Herren super finden. Bei Erdogan sieht mans daran, dass über 70% der hier lebenden Türken ihn wählen, bei Gauland - siehe Wahlergebnisse und Putinverehrer gibt es auch jede Menge.

Das ist nunmal so. Es ist völlig naiv zu glauben, dass nicht auch Leute die in der Öffentlichkeit stehen - wie Fußballer - darunter sind. Man sollte m.E. dringend mit dieser Heuchelei aufhören. Entweder man meint es ernst mit der freien Meinungsäußerung und lässt diese Leute frei sagen was sie denken und auch dazu stehen - oder aber man sagt: "Nein! Wer so eine Meinung vertritt hat hier nichts verloren!" Ich persönlich bin ein Freund von Möglichkeit A.

Dieses alberne Zwischending - dieses ganze um den Brei geschwurbel zu dem die Leute genötigt werden - in diesem Fall Özil und Gündogan - DAS ist es was mir persönlich am meisten auf den Sack geht. Die Öffentlichkeit die nach irgendeiner handwarmen Erklärung lächzt - sei sie auch noch so unglaubwürdig. Das kotzt mich an - viel mehr noch als die Tatsache, dass zwei "meiner" Nationalspieler einem Präsidenten huldigen für den ich persönlich die größstmögliche Geringschätzung empfinde.