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Budesliga am Freitag... (Spieltage)

Will Kane, Saarbrücken, Samstag, 10.03.2018, 12:49 (vor 2231 Tagen) @ Sneider

Schlake steht zurecht auf Platz 2. Das sollte man akzeptieren, aber die Qualität des Fußballs in dieser BL ist schon furchtbar. Frankfurt, Schalke zeigen wie man unattraktiv erfolgreich sein kann, aber soweit ist der BVB davon auch nicht weg. Es scheint der große Megatrend der BL zu sein: immer druf, immer gegen den Ball, kämpfen, treten, schieben. Möglichst wenig konstruktiv, möglichst ohne taktische Finesse a la TT. Es ist wirklich gruselig. Und das der Tabellenzweite und wohl auch bald der Tabellendritte genau diesen Gruselfussball perfektionieren, zeigt das die BL auf einem sehr schlechten Weg ist.

Ein paar Gedanken dazu.

Im Fußball ist es ähnlich wie in der Mode, der Musik, der Malerei oder in anderen Bereichen. Trends kommen, finden immer mehr Nachahmer, setzen die Standards, erreichen ihren Höhepunkt und beherrschen die Szene. Wenn man state of the art ist, setzt allmählich der Gegentrend ein. Zum einen, weil nur durch Abwechselung der Markt immer wieder neu ausgeschöpft werden kann. Interessanterweise gibt es dabei selten wirkliche Innovationen. Trends aus früheren Dekaden werden immer wieder aufgegriffen.

Im Fußball kommt hinzu, dass ein Spielstil, der state of the art geworden ist, nur von den Besten tatsächlich in Richtung Perfektion beherrscht werden kann. Wer dies nicht kann (und das ist am Ende die Große Mehrheit der Teams) muss sich überlegen, wie er sich gegen diese Teams behaupten kann oder sogar im besten Falle diese vom Platz an der Sonne verdrängen kann. Da man deren Spielstil selbst nie so nahe der Perfektion wird beherrschen können, muss man sich ein ‚Gegenmittel‘ überlegen, um den Fußball der anderen aushebeln zu können.

In meiner Kindheit und Jugend war der italienische Fußball als unattraktiver Defensivfußball verschrien. Catenaccio hieß das Horrorwort. Erfolgreich war er aber durchaus. Milan und Inter gehörten zu den ganz großen Clubteams der 60er und hatten auf europäischer Ebene die Dominanz des ‚Weißen Balletts‘ aus Madrid oder dann Benficas gebrochen. Mit ihrem Offensivfußball der 50er war ihnen das nicht gelungen. Dem neuen Gegentrend aus den Niederlanden könnten sie aber nichts mehr entgegensetzen.

Wenn man sich einmal etwas näher mit der Entstehung des Catenaccio befasst, dann wird man feststellen, das dieser in den 50ern von den Teams aus den unteren und mittleren Gefilden der italienischen Liga entwickelt wurde. Eigentlich muss man sagen weiterentwickelt. Denn ‚Wer hat‘s erfunden?‘ Genau, die Schweizer... ;-) Im Italien der 50er Jahre war der Defensivriegelfußball als legitimes Mittel der underdogs akzeptiert, die ansonsten keinerlei Chance gegen die großen Teams aus Mailand oder Turin gehabt hätten. Dann übernahmen aber diese großen Teams genau diese Art von Fußball, um sich international gehen die dominierenden Teams durchsetzen zu können. Zur Perfektion des Carenacchio brachte es Inter unter Helenio Herrera. Der ‚Hexer‘ war aus Barcelona geholt worden, um im Duell gegen den Stadtrivalen und mit Juve die Oberhand zu gewinnen. Interessanterweise stand Herrera zu diesem Zeitpunkt für attraktiven Offensivfußball. Den ließ er auch Inter spielen, doch mit nur mäßigem Erfolg. Die Clubführung drohte ihm mit Entlassung. In seiner Not griff Herrera mitten in der Saison einfach den Catenaccio der schwächeren Teams der Liga, und ermauerte sich plötzlich einen Erfolg nach dem anderen. Da er exzellente Fußballer im Team hatte, konnte er den Carenaccio perfektionieren. Denn es reichte ja nicht allein, wenn hinten ‚die Null stand‘. Man müsste ja auch mindestens ein Kontertor erzielen. Er erschuf die große Inter-Mannschaft, bis heute vergöttert oder verhasst, je nach Blickwinkel. Die Ära ging zuende, als sich ein anderer Fußball dem extremen Defensivansatz überlegen zeigte.

Wenn heute in der Bundesliga die Teams aus Gelsenkirchen, Frankfurt etc. einen Fußball spielen lassen, dann auch deshalb, weil sie bei einem Spiel, das hauptsächlich auf das Spiel mit dem Ball fokussiert wäre, hoffnungslos unterlegen wären und wahrscheinlich sogar gegen den Abstieg spielen würden. Was sie tun ist erfolgreich und es ist absolut legitim. Statt sich darüber zu beklagen, wie zuletzt Dieter Hecking, sollte man sich besser überlegen, wie man mit spielerisch-taktischen Mitteln als offensiv ausgerichtetes Team den Fußball der Schalker, Frankfurter etc. besiegen kann. Und genau dara;hapert es mMn in der Bundesliga. Nicht die Bundesliga befindet sich in der Krise, sondern die Vertreter eines Spiels mit dem Ball zeigen sich nicht in der Lage, hier eine passende Antwort zu finden. Jenseits der Bayern natürlich.

Und unsere Borussia spielt hier leider auch eine unglückliche Rolle. Der Ansatz von Bosz war für mich im Prinzip gar nicht so verkehrt. Wahrscheinlich aber im Ansatz und in der Umsetzung zu naiv umgesetzt mit einem z.T. zu diesem Spielstil unpassenden Kader und vielleicht auch einigen unwilligen Spielern. Deshalb kritisiere ich die Clubverantwortlichen in dieser causa auch nicht prinzipiell. Und eigentlich auch nicht für die Notfalllösung, wie wir sie jetzt gerade erleben. Was aber gefordert ist, das ist ein spielerisch-taktischer Offensiv-Ansatz ab der neuen Saison, der sich dem Spiel gegen den Ball der anderen Teams überlegen zeigt.


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